Wismut-Teich Steinach Strahlendes Erbe aus DDR-Zeit

Der Wismut-Teich ist eine Hinterlassenschaft des Uranerz-Abbaus in Steinach in den 1950er-Jahren. Foto: /Carl-Heinz Zitzmann

Erhöhte Radioaktivität ist am Wismut-Teich gemessen worden. Das Landesamt für Umwelt ordnet daher am Tagebaurestloch Steinach eine Teilsperrung an. Die Angler tun sich indes schwer, ein echtes Risiko auszumachen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

In Steinach geht der Wismut-Teich für gewöhnlich als Landschaftsidyll erster Ordnung durch. Immer wieder bietet er Spaziergängern ein gern angesteuertes Ziel. Oder Hobbyfotografen das Motiv für einen Natur-Porträt – zumindest war das so bis Freitagnachmittag. Um 14 Uhr informierte das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz die Öffentlichkeit unter Verweis auf Paragraf 142 Strahlenschutzgesetz, dass auf dem Gelände des ehemaligen Tagebaus ein Teilbereich aus Gründen der Strahlenschutzvorsorge gesperrt wird. Demnach darf eine Fläche von etwa 1500 Quadratmeter im südöstlichen Uferbereich aufgrund erhöhter Radioaktivität nicht mehr betreten werden.

Heimat-Auskenner werden aufhorchen: Auf dem Areal wurde früher Uranerz durch die Staatliche Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie (SAG) Wismut und später durch die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut abgebaut. Dabei ist verbliebenes Uranerz freigelegt worden, welches ursächlich für die erhöhten Strahlungswerte ist. Seit der Einstellung der bergmännischen Arbeiten 1954 ist das Tagebaurestloch mit Wasser gefüllt und wird heute als Angelteich und als Erholungsgebiet in der nahen Nachbarschaft genutzt.

Das TLUBN hat nunmehr vorsorglich angeordnet, den Zugang zu einem rund 150 Meter langen radiologisch auffälligen Bereich am südöstlichen Ufer abzusperren, so Behördensprecher Nils Fröhlich. Die Fläche ist unkultiviert und abgesehen von ein paar Bäumen ohne Bewuchs. Außerdem sollen Schilder angebracht werden, die auf das Betretungsverbot hinweisen, heißt es. Fröhlich: „Die Maßnahme dient lediglich der Strahlenschutzvorsorge, da die festgestellte Radioaktivität keine unmittelbare Gefahr darstellt. Der Grundstückseigentümer sowie der Angelverein sind bereits informiert.“

Ein Zaun, der nie gesetzt wurde

Schon in den 1990er-Jahren wurden vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Messungen in diesem Bereich durchgeführt, teilt das Landesamt mit. Man habe seinerzeit erhöhte Werte erfasst. 1998 habe daher das Thüringer Umweltministerium die Errichtung eines Zaunes empfohlen, „was jedoch durch die damaligen Eigentümer mutmaßlich nie umgesetzt wurde“. Mit Inkrafttreten der Thüringer Verordnung zur Regelung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Atom- und Strahlenschutzrechtes im August 2020 ging die Zuständigkeit für radioaktive Altlasten aufs TLUBN über, das im April 2022 erneut Messungen vor Ort veranlasste. Dabei, so Behördensprecher Fröhlich, wurden im gesamten Bereich im Vergleich zur natürlichen Untergrundstrahlung erhöhte Werte der Gammastrahlung von 0,5 bis 1,5 Mikrosievert pro Stunde gemessen. Auf einem kleinen Teilbereich von etwa 50 Meter Länge und 600 Quadratmeter Fläche habe es sogar deutlich erhöhte Werte von 1,5 bis 6,4 Mikrosievert pro Stunde gegeben.

„Ein besorgter Bürger mit Geigerzähler“

Von der plötzlichen Dringlichkeit überrascht zeigte sich am Freitag Peter Wangemann. Seit gut zehn Jahren ist der Steinacher Vorsitzender des Sportfischervereins in der Brunnenstadt, auch zuvor war er über Jahrzehnte im Vorstand des Zusammenschlusses engagiert. Von daher hat Wangemann die Problematik zwar einerseits auf der Uhr, doch hielt er sie für längst abgehakt. Mitte der 1990er-Jahre, so schildert er, habe sein Vorgänger im Ehrenamt beim Bundesinstitut in Berlin eine entsprechende Untersuchung veranlasst. Diese habe im Ergebnis keinerlei Auffälligkeiten erbracht, wie sich dem Schriftverkehr in den Akten noch heute entnehmen lasse.

Entsprechend nutzen die Sportfischer das gepachtete Gelände seither guten Gewissens für ihr Hobby, hegen und pflegen es sorgsam, organisieren jährlich den gemeinschaftlichen Frühjahrsputz, erneuern Stege und Standplätze bzw. halten das Umfeld frei von Müll und Unrat. Vor einigen Jahren habe die Feuerwehr eine Übung am Teich absolviert, schildert der Vorsitzende. Weil der Messwagen einmal da war, sei man mit dessen Technik den Uferbereich abgelaufen. „Keinerlei Auffälligkeiten“, fasst er zusammen. Gleiches gilt für das Wasser. Dieses sei ebenfalls erst vor Kurzem von den Behörden beprobt worden. Auf Trinkwasserqualität lautete das Ergebnis. Von daher tue er sich schwer, eine etwaige Gesundheitsgefährdung auszumachen.

Wangemann und seine Mitstreiter vermuten, bei den behördlichen Maßnahmen würde es sich letztlich um die Folgen des Tuns eines „besorgten Bürgers“ handeln. Es sei im Zusammenschluss soweit bekannt, dass regelmäßig eine Privatperson mit dem Geigerzähler am Wismut-Teich unterwegs sei, Löcher buddele und dann schaue, ob die Nadel ausschlage. Seit einiger Zeit gehe das schon so. „Die Werte sind dann wohl regelmäßig den Behörden gemeldet worden. Da ist es normal, wenn das Amt aktiv wird.“

Wangemann mag die aktuelle Entwicklung ansonsten nicht allzu hoch hängen. Einige Standplätze für die Angler fallen weg, „das ist dann halt so“. Am Freitag, zur Versammlung der 43 Mitglieder in Steinach, sei ihm ein Vertreter des Umweltamtes angekündigt worden, der für Rückfragen parat stehe. Er persönlich verbinde aber weiter keinerlei mulmiges Gefühl mit der Angelei am Wismut-Teich. Seit über 30 Jahren mache er das so. Dass irgendwer sich dabei außer einem Fisch eine einschlägige Krankheit eingefangen haben soll, „ist mir unbekannt“.

Autor

Bilder