Wirtschaft Wenn's hinten zwickt, hilft Irena

Mario Zettwitz
Massage allein hilft dem Rücken oft nicht. Aber sie kann Teil der Nachsorge nach einer OP sein. Foto: Adam Gregor/Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin/obs Quelle: Unbekannt

Wenn es hinten zwickt, sollte man vorne aufhören, meint ein alter Kalauer. Doch das ist nach heutiger medizinischer Erkenntnis so nicht richtig. Irena hilft, dass Gelenke nach einer Operation locker bleiben.

 
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Und, ist im Garten alles gerichtet ? Ach, Sie machen eine Pause. Wegen des Rückens und der Knie. Jedes Jahr ist es das Gleiche: Die Gartenarbeit zeigt uns oftmals wieder schmerzhaft, über welche sonst ungenutzten Muskeln wir so verfügen. Und mit jedem Jahr quietscht es mehr im Kreuz und den Kniegelenken. Da ist es wenig tröstlich, dass fast jeder dritte Erwachsene in der Bundesrepublik "Rücken hat". Erkrankungen des Rückens zählen zum übergeordneten Diagnosekapitel der "Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens", das für rund ein Viertel aller Arbeitsunfähigkeitstage verantwortlich ist. So haben es die Statistiker ausgerechnet. Nach Zahlen des DAK-Gesundheitsreport fielen über 20 Prozent der Krankheitstage auf die Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems.

Voraussetzungen für die Rücken-Nachsorge

Die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme einer Reha-Nachsorge (Irena) der Rentenversicherung sind gegeben, wenn der Versicherte an einer medizinischen Rehabilitation teilgenommen hat und der Nachsorgebedarf auf Grund folgender Gegebenheiten angezeigt ist:

Das Teilziel der Rehabilitation ist in der Klinik zwar erreicht worden, es bedarf jedoch weiterer Leistungen, um den Versicherten nachhaltig in den Alltag zu integrieren.

Das Reha-Teilziel ist weitgehend, aber noch nicht vollständig erreicht worden. Die Nachsorge ist dann Voraussetzung für die vollständige Erreichung des Teilziels, etwa durch weitere Verbesserung noch eingeschränkter Fähigkeiten.

Es gibt eine positive Erwerbsprognose und im Entlassungsbericht der Reha-Klinik wird dem Versicherten ein Leistungsvermögen von mindestens drei Stunden bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt attestiert. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind durch die Bewilligung einer medizinischen Reha meist gegeben.

Ein Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist kein Ausschlussgrund. Reha-Nachsorge kommt sowohl bei Arbeitsfähigkeit als auch bei Arbeitsunfähigkeit in Frage sowie auch bei Arbeitslosigkeit.

Auch während der stufenweisen Wiedereingliederung kann Reha-Nachsorge erfolgen. Das kann im Rahmen eines Fallmanagements geschehen, so dass Krisensituationen besser bewältigt werden und die Gefahr eines
Abbruchs vermindert wird.

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www.deutsche-rentenversicherung.de/Bund

Wenn es gar nicht mehr geht, muss sich der Schmerzgeplagte unters Messer legen. Im bundesweiten Durchschnitt wird jährlich 130 von 100.000 Einwohnern ein neues Kniegelenk eingesetzt. Thüringen und Bayern liegen über diesem Wert. Bundesweit gibt es pro Jahr über 130.000 Operationen an der Bandscheibe. Viele Mediziner und Gesundheitspolitiker sehen diese Zahlen kritisch. Immer wieder wird Kliniken ein Geschäftsinteresse vorgeworfen. Das mag in Einzelfällen durchaus sein. Doch am Ende sind Rücken- und Gelenkprobleme der Tribut an eine älter werdende und zu wenig bewegende Gesellschaft. Wer aber kaum noch laufen oder sitzen kann, dem ist das am Ende egal. Hauptsache, der Eingriff bringt Besserung.

Hat der Operateur seine Arbeit gemacht, geht es meist in eine Rehabilitationsklinik (Reha-Klinik). Drei oder vier Wochen wird der Patient unter ärztlicher Aufsicht und fachgerechter therapeutischer Anleitung wieder fit gemacht. Und danach ? Danach kommt bei Berufstätigen Irena ins Spiel. Es handelt sich dabei nicht etwa um eine hübsche Physiotherapeutin, sondern um ein Nachsorgeprogramm der Deutschen Rentenversicherung (DRV). IRENA steht für Intensivierte Rehabilitationsnachsorge und wird seit 1999 von der Rentenversicherung angeboten, frei nach dem Motto: Nur wer rastet, der rostet.

2016 gab die Rentenversicherung insgesamt zirka 6,1 Milliarden Euro für Rehabilitation aus, sagt Dirk Manthey von der DRV Bund. Rund 56 Millionen Euro würden davon ins Irena-Programm fließen. Rund 90 000 Versicherte nähmen pro Jahr an diesem Programm teil.

Irena wird derzeit angeboten bei Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems, des Bewegungsapparates, neurologische Krankheiten, Stoffwechselkrankheiten und psychische und psychosomatische Störungen. Die Entscheidung über die Notwendigkeit von Nachsorgeleistungen könne in der Regel nur aus dem Verlauf der medizinischen Rehabilitation getroffen werden, sagt Manthey. In Schulungen während des Aufenthalts in einer Reha-Klinik würden die Patienten in der Regel über das Irena-Programm informiert. Voraussetzung für die Reha-Nachsorge sei, dass zum Beispiel die Reha-Klinik den Nachsorgebedarf in Art und Umfang im Einzelfall feststellt. Gemeinsam mit den Rehabilitanden werde dann noch in der Klinik ein Nachsorgeplan erarbeitet. Der Nachsorgebedarf werde zudem im ärztlichen Entlassungsbericht dokumentiert und begründet.

Werde erst im Nachhinein ein Nachsorgebedarf erkennbar, so Manthey, könne der Versicherte noch bis zu vier Wochen nach Verlassen der Reha-Klinik eine Irena-Nachsorge beim Rentenversicherungsträger beantragen. Das müsse aber vom behandelnden Arzt befürwortet bzw. begründet werden.

Während das Netz der Einrichtungen, in denen Rehabilitationsprogramme der Krankenkassen angeboten werden, recht engmaschig ist, muss man mitunter weitere Wege in Kauf nehmen, um mit Irena zum Beispiel die Muskulatur auf Vordermann zu bringen. Bei Rücken- oder Gelenkproblemen gibt es beispielsweise 24 Termine für eine anderthalbstündige Kombination aus medizinischem Krafttraining und Wassersport (Rückenschwimmen oder Aquajogging). Danach sollte der Patient auf jeden Fall selbst weiter an seiner Muskulatur dran bleiben mit regelmäßigen Besuchen in einem Fitness-Studio und in einem Schwimmbad.

Aber lohnen sich die Millionen, die die Rentenversicherung für das Irena-Programm ausgibt? Dirk Manthey sagt ja. Das sei in verschiedenen Studien nachgewiesen worden. Der allgemeine Gesundheitszustand verbessere sich im Verlauf und sei ein Jahr nach Irena immer noch stabil.

Der Anteil der Arbeitsunfähigen sinke laut diesen Studien von 50 Prozent am Ende der Reha auf 15 Prozent 14 Wochen nach Ende des Irena-Programms und weiter auf 12 Prozent ein Jahr nach Irena. Patienten, die an Irena teilgenommen haben, weisen eine deutlich bessere körperliche und/oder psychische Gesundheit und Funktionsfähigkeit auf als Rehabilitanden ohne Irena, sagt Manthey.

Befragungen von Irena-Teilnehmern hätten zudem ergeben, dass sich bei 89 Prozent der Gesundheitszustand nach Irena gebessert bzw. nicht verschlechtert habe. 75 Prozent fühlten sich nach Abschluss der Irena-Leistung im Alltag belastbarer, 72 Prozent gaben eine positive Auswirkung auf ihre berufliche Leistungsfähigkeit an. Und nicht zu unterschätzen: Die Hälfte der befragten Irena-Teilnehmer benötigte danach weniger Schmerzmittel.

Nicht nur für die meisten Teilnehmer, sondern auch für Dirk Manthey ist das Irena-Programm eine Erfolgsgeschichte. Derzeit werde ein erweitertes Reha-Konzept durch die Rentenversicherung umgesetzt. "Damit wird das Ziel verfolgt, dass alle Versicherten die für sie notwendigen und geeigneten Reha-Nachsorgeleistungen erhalten können, unabhängig davon, wo sie wohnen und welcher Rentenversicherungsträger für sie zuständig ist", sagt Manthey.

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