Wenn die Schneedecke auf einem Dach zu sehr nach oben oder ein Eiszapfen bedrohlich weit nach unten wächst, kann die Stadt außerdem auf eigene Faust Dächer reinigen lassen - und dies dem Eigentümer in Rechnung stellen. Das übernehmen in der Regel private Spezialfirmen, die den Kampf gegen die Witterung längst als lukratives Geschäftsmodell entdeckt haben.
Russlandweit bieten zahlreiche Unternehmen den Service in luftiger Höhe an. Einige werben auch damit, dass sie selbstständig regelmäßig aufs Dach klettern und die Schneehöhe kontrollieren, ohne vorher mit dem Hausherrn auch nur telefoniert zu haben.
"Die Nachfrage ist hoch, aber saisonabhängig", sagt Industriekletterer Dschabrail Kulbuldin dem Portal "aif.ru". "Es kommt oft vor, dass die Bewohner selbst zur Schaufel greifen und aufs Dach klettern und dann herunterfallen", erzählt der Experte, der im Winter Schnee schaufelt und im Sommer Fassaden reinigt. "Man braucht nicht nur Seile und Karabiner als Sicherung, sondern auch das Wissen, wie man geeignete Stellen findet und wie man sich befestigt."
Doch ein solches Equipment ist nicht nur bei Privat-Schauflern eher eine Seltenheit. Auch die oft aus Zentralasien stammenden Gastarbeiter bewegen sich oft ungesichert auf Moskaus Dächern. Ein falscher Schritt - etwa auf einem sechsstöckigen Mehrfamilienhaus im Zentrum der Hauptstadt - und der Arbeitseinsatz könnte tödlich enden. Nur ein Gitter an der Dachrinne bietet Schutz, falls jemand ins Rutschen kommt.
Nach einem Rekordschneefall steht der Winterdienst in der Hauptstadt derzeit übrigens vor einer besonders großen Herausforderung. Mit fast 60 Zentimetern war die Schneedecke vor rund einer Woche so hoch wie seit 65 Jahren nicht mehr, die Stadt forderte vorübergehend Tausende zusätzliche Helfer zum Wegräumen an. Doch auch hier kam für manche jede Hilfe zu spät: In und um Moskau starben zwei Menschen durch einstürzende Gebäudedächer. Und ein Ende des russischen Winters ist noch lange nicht in Sicht.
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