Wie im 17. Jahrhundert Testlauf für Thüringen-Tag

Annett Recknagel

15 Erwachsene und fünf Kinder hatten am Wochenende ihr Lager im Garten der Villa K aufgeschlagen und imitierten das Leben im 17. Jahrhundert.

 
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Fasst ihn! Er ist ein Dieb! Sperrt ihn ein! Glaubt ihm kein Wort, er hat geklaut!“ Und dabei war es nur eine Birne. Der vermeintliche Dieb plädierte auf Mundraub. Das aber interessierte den Amtsrat nicht. Und den Scharfrichter erst recht nicht. „Er ist ein übler Bursche – verurteilt ihn“, höhnte das Fußvolk. Die Wächter sperrten den Unhold derweil ins Trillerhäuschen. Der Amtsrat und sein Schreiberling machten kurzen Prozess. Das Urteil lautete: Stockhiebe. Der Scharfrichter ärgerte sich, dass sein Schwert, das sein Sohn extra blank gewienert hatte, wieder nicht zum Einsatz kam. Aber auch das Auspeitschen brachte ihm Taler ein. Tja – so war das einst.

Längst waren die Schmalkalder stehengeblieben. Die Szenerie trug sich am Samstagvormittag auf dem Altmarkt zu und war freilich gespielt. Und trotzdem wirkte sie echt. Das Ambiente passte. Der ein oder andere zückte sein Smartphone. Das Theaterspiel der Gruppe um den „Birnendieb“ Ralph Busch kam an. „Wir sind alles Freunde, eine lose Truppe und interessieren uns für das 17. Jahrhundert“, erzählte Busch. Nach und nach habe man sich gefunden.

In Schmalkalden setzte sich die Gruppe aus 15 Erwachsenen und fünf Kindern zusammen. Ihr Lager hatten die Soldaten, Fußvolk, Mägde und Bauern auf der Pfaffenwiese vor der Villa K aufgeschlagen. Mitten unter ihnen zeichnete sich ein hoher Herr ab, ein Amtsrat. Den spielte Klaus Beermann aus Kempten im Allgäu. Er hatte einst Urlaub in Schmalkalden gemacht, im Netz nachgeforscht, die Geschichte der Stadt recherchiert und war auf Gemeinsamkeiten zwischen Kempten und Schmalkalden gestoßen. Letztlich führte ihn sein Geschichtsinteresse zu Kai Lehmann auf Schloss Wilhelmsburg. Die beiden Männer hatten sofort den Draht zueinander. Und so wurde die Idee, des Lagers geboren. Verbunden war der Ausflug mit gleich zwei Szenerien – einer auf dem Altmarkt und einer in der Totenhofkirche.

Das passte recht zur laufenden Ausstellung „Der Henker des Herzogs“. Und zum anderen waren die Auftritte ein Testlauf. „Für den Thüringen Tag 2023“, meinte Sascha Bühner, Mitarbeiter im Schloss Wilhelmsburg. Da nämlich könnte man sich vorstellen, die Gruppe noch einmal nach Schmalkalden zu holen. Das Leben im Dreißigjährigen Krieg nämlich verstehen die Mannen um Ralph Busch sehr authentisch nachzustellen. Nicht nur Schaukämpfe und Raufereien beherrschen sie, sondern auch Würfelspiele und Waffenreinigen.

Die Mitglieder der Gruppe sind über Deutschland verteilt. Der Scharfrichter beispielsweise ist in Hamburg zu Hause, ein Infanteriesoldat wohnt im Waldecker Land. Zwei andere Gruppenmitglieder kommen aus Leipzig. Auch ein Aschaffenburger ist darunter. Insgesamt war der Eindruck aller von Schmalkalden sehr gut. Schade nur, dass am Samstagvormittag nur relativ wenig Publikum auf dem Altmarkt verkehrte. Geschmeckt haben den Gästen aus der Vergangenheit die von Thüringer Landstolz gesponserten Bratwürste. Allein deshalb kommen die Damen, Herren und Kinder zum Thüringen Tag im nächsten Jahr bestimmt gerne wieder in die Südthüringer Fachwerkstadt.

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