"Es ist unvorstellbar. Wir sind tieftraurig und fassungslos", sagt ihr Bruder Gerhard. "Es gab keine Vorerkrankung. Marion war kein Risiko-Patient."
Zum konkreten Fall kann sich Richard Strauß, Oberarzt der Medizinischen Klinik 1 des Universitätsklinikums Erlangen, nicht äußern. Gerne hilft der stellvertretende Klinikdirektor, der die Patientin nicht selbst behandelte, aber bei der Einordnung des Falls: "Wir sind ein Universitätsklinikum, das eine Maximalversorgung bietet", begründet der Infektiologe im Gespräch mit der Zeitung "Der Neue Tag" die Verlegung nach Erlangen. "Wir sind seit Jahren Referenzzentrum bei schweren Infektionen und gerade Schwangeren stehen alle Fachabteilungen rund um die Uhr zur Verfügung. Man habe bereits einige positiv auf Covid-19 getestete Schwangere behandelt: "Den Verlauf in diesem Fall kann man nur als tragisch bezeichnen." Vergleichbares habe er bei keiner anderen Patientin beobachten müssen. Auch wenn die Datenlage unvollständig sei: "Alle Experten, ob von der WHO oder dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten, gehen im Moment davon aus, dass Schwangere - anders als bei Influenza - kein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben." Auch vermehrte schwerere Verläufe als bei der Allgemeinbevölkerung gleichen Alters seien nicht festzustellen.
Einschränkend sagt Strauß: "Wenn man schwanger ist und Lungenentzündung bekommt, wird die Lungenausdehnung weniger." Das könne zu Komplikationen führen. Dennoch, das Gros der Schwangerschaften verlaufe völlig problemlos: "Mitunter gibt es schicksalshafte Verläufe, die bei jüngeren Menschen außerordentlich selten sind." Alle seriösen Zahlen verwiesen darauf, dass die meisten Todesopfer über 80 Jahre alt oder vorerkrankt sind. "Aber über ganz Deutschland betrachtet, gibt es immer tragische Einzelfälle." Das stelle man auch bei der Influenza fest, wo sehr selten schwerste Fälle aufträten.
"Die Hypothesen, warum das so ist, sind vielfältig", erklärt der Mediziner. "Eine gängige besagt, dass sich unsere Abwehrleistung individuell stark unterscheidet." Auf unterschiedliche Infektionen reagiere das Immunsystem mancher Menschen schlechter: "Ein genetischer Hintergrund könnte die Ursache sein." Diese Annahme sei kompatibel mit einer anderen Beobachtung: "Bei einigen Fällen beobachtet man eine Überreaktion des Immunsystems, sodass Schädigungen durch Entzündungen auftreten, die eigentlich das Virus abwehren sollten."