NSDAP-Mann als erster SED-Kreissekretär
Erschütternd ist ein Bericht des Zentralkomitees von 1954: „So gibt es im Kreis Hildburghausen Grundorganisationen, deren Mitglieder fast hundertprozentig ehemals Mitglieder der NSDAP waren, zum Beispiel die Parteiorganisation Vermessungsdienst, dort sind von 19 Mitgliedern 18, die ehemals der NSDAP angehörten.“ In Meiningen befand sich die SED-Kreisleitung im gleichen Gebäude, das zuvor die NSDAP-Kreisleitung besetzt hatte. 1962 bis 1964 war hier ein einstiges NSDAP-Mitglied erster SED-Kreissekretär.
„Eine Überprüfung der Lage in den Grundorganisationen ergab, dass es gegenwärtig dort nicht möglich ist, andere Leitungen zu bilden“, heißt es 1953 in einem SED-Bericht. Der Historiker Armin Mitter sagte dazu im Magazin Der Spiegel: „Die NSDAP stellte geradezu ein Kaderreservoir dar.“ Hinter der antifaschistischen Fassade, so Mitter, wurden „in der DDR NS-Probleme kaum anders verdrängt als in der Bundesrepublik“.
Die letzten freien Wahlen: Die SED erlebt eine Schlappe
In Thüringen galt die SPD der Weimarer Republik als linker als die Sozialdemokraten in anderen Landstrichen. 1923 beteiligte die SPD die Kommunisten sogar für ein paar Monate an der Landesregierung. Diese Kooperationsbereitschaft hat sich nach Ansicht verschiedener Historiker im antifaschistischen Widerstand und auch nach 1945 fortgesetzt.
Vordenker einer Vereinigung in Thüringen war der Sozialdemokrat und ehemalige Buchenwald-Häftling Hermann Brill. Ab Anfang Juni 1945 war er der erste Regierungspräsident des neuen Landes Thüringen. Nur zwei Wochen nach dem Einzug der sowjetischen Besatzungsmacht wurde er aber auf Betreiben Walter Ulbrichts als Regierungspräsident abgesetzt. Ulbricht beglich damit eine offene Rechnung aus dem Jahr 1923, als Brill einen bolschewistischen Putschversuch der KPD in Thüringen verhindert hatte. Brills Vorstellungen über den Neubeginn einer eigenständigen deutschen Arbeiterbewegung kollidierten mit denen der sowjetischen Besatzungsmacht.
Zu den Landtagswahlen im Oktober 1946 erhielt die SED trotz erheblicher Bevorteilung durch die Besatzungsmacht nur rund 49 Prozent der Stimmen. Aber in allen größeren Städten siegten die Liberalen (Erfurt 43 Prozent, Weimar 46 Prozent), die einen Landesdurchschnitt von 25 Prozent erreichten. Es war eine Schlappe für die sowjetischen Besatzer und die von ihnen unterstützte SED – folgerichtig waren es die letzten halbwegs demokratischen Wahlen in der DDR bis 1990.
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