Seine Festnahme am 8. Mai 2020 könnte weitere Taten verhindert haben. Als die Polizei zugriff, hatte er Rohrbomben und kiloweise Sprengstoff dabei, die er vorher lange in seinem Auto in einer Tiefgarage in Garching an der Alz gelagert hatte. "Ich wusste nicht, wohin mit dem ganzen Zeug."
Vor Gericht räumt er dann auch ein, noch ganz andere Taten geplant zu haben: Anschläge auf mehrere Moscheen des Islamverbandes Ditib, auf das türkische Generalkonsulat in München und die Ditib-Zentralmoschee in Köln. Er habe einen Hass auf Türken entwickelt, sagt der Angeklagte, der selbst die türkische Staatsbürgerschaft besaß, bevor er die deutsche annahm. "Ich habe jahrelang gehört: Die Türken sind so, die Türken sind so - und dann war ich emotional geprägt", sagt er. So seien Türken zu seinem Feindbild geworden - sogar die eigenen Eltern: "Ich hab mich selber vergessen in dem Wahn, in dem Zustand."
Menschen habe er aber nie schaden wollen, sagt er nun - um dann anzugeben, seine Waffe habe er schon dabei gehabt, um gezielt auf türkische Imame loszugehen. Er erzählt von Gewaltaufrufen islamistischer Hassprediger bei Youtube, von Enthauptungsvideos: "So 'was hab ich jahrelang angesehen, und ich habe meinen Überblick für's Leben verloren", sagt er, der seine Taten auch auf Frust nach einer gescheiterten islamischen Ehe führt. Hintermänner für seine geplanten Taten gebe es nicht, und er habe auch niemanden darüber informiert, gibt er an - obwohl er bei der Polizei etwas ganz anderes gesagt hatte.
Er gibt aber zu, im Umfeld der vom bayerischen Verfassungsschutz als Salafisten-Treffpunkt aufgeführten "El-Salam"-Moschee nach Islamisten gesucht zu haben, die ihm helfen, nach Syrien zu kommen. Außerdem traf er sich mit einem bekannten Islamisten in Hamburg. Das sei aber nur "ein Treffen unter Freunden" gewesen, sagt der 26-Jährige vor Gericht.
Die Verteidigung begründet die Widersprüche in der Aussage mit einer psychischen Erkrankung des Angeklagten. "Wir gehen selbst nicht von einer Schuldunfähigkeit, aber von einer verminderten Schuldfähigkeit aus", sagt sein Anwalt Christian Gerber. Grund sei "eine psychische Erkrankung" seines Mandanten. Auch das Gericht wies zu Beginn des Prozesses darauf hin, dass eine mögliche psychische Erkrankung des Angeklagten und die Unterbringung in einer Klinik im Raum stehe. Der 26-Jährige spricht von jahrelangem Drogenkonsum.
Extremismusexperten sehen in den Anschlägen eine neue Zielrichtung: Erstmals habe ein mutmaßlicher Anhänger der Terrormiliz IS türkische Ziele in Europa ins Visier genommen. Hintergrund könne die schärfere Gangart der türkischen Regierung gegen den IS sein.
Der junge Mann betont indes immer wieder, sich von dem, was er eine Dekade lang geglaubt habe, zu distanzieren: "Ich sage mich sogar von denen los, obwohl es wahrscheinlich zu spät ist", sagt er und verspricht, "nie wieder etwas zu machen": "Ich werde einfach das Muttersöhnchen bleiben und bei meiner Familie bleiben."
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