„Das Ganze ist ein einziges Rätsel“, sagt „Tatort“-Ermittlerin Leonie Winkler (Cornelia Gröschel). Ein Unbekannter hat eine Reporterin entführt und hält sie gefangen. Auch Kollegin Karin Gorniak (Karin Hanzcewski) und Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) schauen fassungslos auf ein Video, das ihnen anonym zuging. Darin fordert ein Mann mit Mausmaske, dass die Polizei „endlich ihre Arbeit“ macht. Im Hintergrund sind zig Fotos von Kindern zu sehen. Dann startet er den Timer, die Zeit der ans Bett gefesselten Brigitte Burkhard (Elisabeth Baulitz) läuft ab. Den Ermittlern im neuen Dresdner „Tatort“-Krimi „Katz und Maus“ - an diesem Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten - bleiben 24 Stunden.

Der Mann macht die Reporterin für das Verschwinden seiner Tochter mitverantwortlich. „Ein neuer Tag, neue Lügen, ein neuer Tag ohne Taten“, ist sein Mantra, und er ist überzeugt, dass 150 in Sachsen vermisste Jungen und Mädchen in einem Dresdner Keller gefangengehalten werden. Das Video mit der entführten Journalistin wurde auf eine Seite hochgeladen, die als Sammelbecken für Radikale gilt. Die User diskutieren dort über das, was zu sehen ist. Dabei werden die Lichtsignale des Entführers als Koordinaten gedeutet.

Die Annahme aber, dass sie seinen Aufenthaltsort verraten, ist falsch. „Wir lassen das SEK also ein Bistro stürmen, weil eine Maus uns Lichtsignale geschickt hat“, kommentiert Gorniak die Aktion. Die Nerven liegen blank. „Irgendwas müssen wir machen, wir haben noch vier Stunden Zeit“, mahnt sie. Schnabel geht vor die Presse und appelliert an den Entführer.

„Die wollen die Kinder gar nicht finden“, sagt der Kidnapper zu seiner Geisel. „Polizei und Staat machen doch gemeinsame Sache mit diesen Leuten, das hat alles System, und Euer Drecksblatt gießt dann auch noch Öl ins Feuer und verbreitet diese ganzen Lügen.“ Dann erschießt er sie kaltblütig vor seiner mitlaufenden Handykamera.

Totenstille im Präsidium, das Team in Schockstarre und fassungslos. Kurz darauf wacht Schnabel auf dem Bett auf, wie zuvor Burghard mit Handschellen daran gefesselt. Und wieder startet der Mann den Timer bei 24:00:00 - und kündigt per Video an, dass weitere Menschen sterben, die nichts tun oder das verhindern. Immerhin, Schnabel kann Winkler und Gorniak per „Klopfcode“ im Video einen Namen zuspielen: Zoe.

Obwohl der Täter schon früh bekannt ist, bleibt es spannend bis zuletzt. Das Ermittlerteam geht durch ein Wechselbad von Zuversicht und Verzweiflung, unter dem hohen psychischen Druck geraten die Oberkommissarinnen erstmals aneinander. Schnabel ist entnervt wegen des abstrusen Weltbilds, das sich offenbart, der dubiosen Netzwerke im Internet voller Pseudo-Wahrheiten. „Merken die Menschen eigentlich nicht, wie sie verblöden durch das Internet?“, fragt er.

„Schnabel meint das genauso wie er es sagt, und ich denke, er hat recht“, sagt Brambach. Das Thema Verschwörungsfantasien „ist heute relevanter denn je“, sagt Regisseur Gregory Kirchhoff, der mit „Katz und Maus“ sein „Tatort“-Debüt gibt. Der Film beleuchte „die dunklen, manipulierenden und sensationssüchtigen Aspekte der Sozialen Medien“ - aber er hat ihn mit schönen Bildern der barocken Residenzstadt gespickt.