Vorbild Sonneberg Kommt die Impfbratwurst für alle?

Bratwurst-Fan Olaf Scholz in Oberhof. Quelle: Unbekannt

Angesichts der rapide sinkenden Zahlen von Erstimpfungen gegen das Coronavirus in Deutschland nimmt die Diskussion über mögliche Impfanreize wieder Fahrt auf. Bundesfinanzminister Olaf Scholz jedenfalls kann sich das Sonneberger Vorbild für alle vorstellen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Sonneberg/Berlin/Oberhof - Kommt die Impfbratwurst für alle? In Sonneberg ließen sich vergangenes Wochenende rund 400 Menschen gegen das Coronavirus impfen. Ihr möglicher Anreiz: Eine Gratis-Bratwurst. Anfangs wurde die Aktion aus der Spielzeugstadt bundesweit belächelt, doch mittlerweile hat die Diskussion über Impfanreize wieder Fahrt aufgenommen. Der Grund: Mitten in den Sommerferien hat die Impfkampagne in Deutschland deutlich an Tempo verloren. In Deutschland ist die Zahl der Erstimpfungen in den vergangenen Wochen dramatisch eingebrochen. Lag sie am 7. Juli noch bei mehr als 340 000, so ließen sich am 2. August bundesweit nur 65 000 Menschen erstmals gegen das Virus impfen. Auch in Thüringen hat sich die Zahl der Erstimpfungen mit Beginn der Sommerferien mehr als halbiert.

Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sieht in der Sonneberger Impfbratwurst offensichtlich einen pragmatischen Ansatz, um Menschen zum Impfen zu bewegen. Unter dem Stichwort #Bratwurst schrieb er beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Wir müssen die Impfung jetzt an die Leute bringen und so viele Bürgerinnen und Bürger wie möglich davon überzeugen, sich impfen zu lassen. Lebensnahe Angebote gehören dazu.“ Scholz illustrierte seinen Tweet mit einem Foto, das ihn mit einer Thüringer Rostbratwurst zeigt, die er bei seinem Wahlkampfbesuch mit SPD-Wahlkreiskandidat Frank Ullrich Anfang Juli in Oberhof verspeist hatte.

Auch die Wissenschaft hat sich bereits mit dem Thema Impfanreize beschäftigt. Schon im Mai veröffentlichte Heike Klüver, Professorin und Leiterin des Lehrbereichs Politisches Verhalten an der Humboldt-Universität Berlin, eine Studie dazu, wie sich Menschen zum Impfen bewegen lassen. Ihr Ergebnis: Vor allem in der Gruppe der Unentschlossenen könnten Anreize Wirkung zeigen. Diese Gruppe macht laut Umfragen bis zu 17 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, die sich noch nicht sicher sind, ob sie sich impfen lassen wollen.

Klüver untersuchte für drei Anreize, ob sich die Bereitschaft zur Impfung steigern lässt. Etwa durch die Rückgabe von Freiheiten für Geimpfte, einen leichteren Zugang zur Impfung etwa beim Hausarzt oder aber auch finanzielle Anreize. „Die Studienergebnisse zeigen, dass alle drei untersuchten Strategien in der Lage sind, die Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen“, schrieb Klüver im Mai in der Zusammenfassung zu ihrer Untersuchung. Insbesondere innerhalb der Gruppe der Unentschlossenen lasse sich die Bereitschaft zur Impfung merklich erhöhen. Einzeln könne jede der drei Strategien die Impfbereitschaft um etwa fünf Prozentpunkte erhöhen, in Kombination sogar bis zu 13 Prozentpunkte. „Demgegenüber zeigen die drei Strategien in der Gruppe der Impfgegner kaum Wirkung“, so Klüver. Doch auch diese macht 16 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.

Und: die drei Strategien wirken in verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterschiedlich stark. Während sich die Impfbereitschaft von älteren Befragten vor allem durch das Impfen beim Hausarzt erhöhen lässt, können jüngere Befragte besonders gut durch die Aussicht auf mehr Freiheiten von einer Impfung überzeugt werden.

Auch ein finanzieller Anreiz kann die Impfbereitschaft laut Klüver merklich erhöhen. Allerdings trete der Effekt erst ab etwa 50 Euro ein. Die Wirkung der Bratwurst auf die Impfbereitschaft wurde in der Studie nicht untersucht.

Autor

Bilder