Erster Fall in Jena Corona-Mutation schon längst in Thüringen

, aktualisiert am 28.01.2021 - 16:29 Uhr
 Foto: Nanographics/apa

Schon seit mehr als drei Wochen ist die gefürchtete Coronavirus-Variante aus Großbritannien auch in in Thüringen. Entdeckt wurde sie erst jetzt bei einer Anfang Januar infizierten Achtjährigen aus Jena.

 
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Jena/Erfurt - Die aus Großbritannien stammende Mutation des Coronavirus ist nun auch in Thüringen entdeckt worden.  Das mutierte Virus sei bei einem achtjährigen Kind in Jena festgestellt worden, teilte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) am Donnerstag mit. Das Kind war demnach bereits am 8. Januar getestet und zwei Tage später  als erkrankt registriert worden. Auch die Eltern seien mit Covid-19 infiziert gewesen, hieß es weiter. Entdeckt wurde die Mutations-Infektion des Kindes am Mittwochabend beim Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin. Dort werden stichprobenartig Corona-Abstriche aus ganz Deutschland nachträglich auf die neue Variante  untersucht. „Jetzt ist das eingetreten, was wir seit Wochen befürchtet haben“, erklärte Werner. „Das ist Besorgnis erregend und wir nehmen das sehr ernst.“

Laut Stadtverwaltung Jena war die Familie des Mädchens nicht verreist. Daher müsse sich die Achtjährige in Jena angesteckt haben, und es müsse   mindestens ein weiterer Betroffener  in der Region vorhanden sein. „Das ist zu vermuten“, bestätigte  der Infektionsmediziner Mathias Pletz vom Universitätsklinikum Jena.  Nach Angaben der Ministerin sind Tochter und Eltern  inzwischen genesen.

Zufalls-Stichproben wie beim RKI  hatte am Mittwoch  das Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Uniklinikum Jena auch für Thüringen angekündigt. Dort sollen wöchentlich mindestens 24 zufällig landesweit ausgewählte  Proben  auf die Mutation hin analysiert werden. Diese Genom-Sequenzierung beherrschen in Thüringen laut Ministerium nur das Uniklinikum und ein weiteres Labor in Jena. Für die zwei bis drei Tage dauernden Analysen gebe es eine Kapazität von 200 bis 300 Proben pro Woche.

Zuvor hatten die Jenaer Wissenschaftler bereits 40 Proben aus Thüringen mit weltweit verbreiteten Viruslinien verglichen. Dabei hatte sich nach Angaben von Projektleiter Christian Brandt von Mittwoch gezeigt, dass sie die statistisch zu erwartende Mutationsrate auswiesen. Allerdings war bei dem Projekt noch keine der in England, Brasilien oder Südafrika verbreiteten Mutationslinien nachgewiesen worden.

Die Wissenschaftler waren aber schon  davon ausgegangen, dass diese sich auch in  Thüringen verbreiten werden – auch und gerade mit fortschreitenden Impfungen. „Die Impfkampagne erhöht den Selektionsdruck auf das Virus. Es werden solche Mutationsformen bevorzugt, die die Immunisierung unterlaufen können“, sagte der Bio-Informatiker Christian Brandt. „Das Virus mutiert fröhlich vor sich hin.“

Sein Institut untersucht nun verstärkt Proben aus der Jenaer Region, und das Gesundheitsamt  recherchiert im Umfeld der Familie, um  weitere Ansteckungen  mit der Mutation zu entdecken und die Ausbreitung zu verhindern. Erste Ergebnisse wurden für das Wochenende angekündigt.

Werner sagte, die Entdeckung  zeige, dass man im Kampf gegen Corona nicht nachlassen dürfe – auch wenn die Infektionszahlen zuletzt gesunken waren. Am Donnerstag unterschritt die Sieben-Tage-Inzidenz für Thüringen erstmals seit Langem  deutlich die Marke von 200, liegt aber weiterhin fast doppelt so hoch wie deutschlandweit.  „Nun ist besondere Vorsicht in allen Bereichen geboten, um große Ausbrüche, wie es sie jetzt teilweise in anderen Bundesländern, gerade auch in medizinischen Einrichtungen, schon gibt, zu verhindern“, erklärte die Ministerin.

Zu Beginn der Woche war die Virus-Mutation im oberfränkischen Bayreuth aufgetaucht, woraufhin das dortige Klinikum für neue Patienten geschlossen und die 3000-köpfige Belegschaft in Quarantäne geschickt wurde.

 
Die mutierte Corona-Variante B 1.1.7
Die Virusmutation B1.1.7 war vor einigen Wochen zuerst in England aufgetaucht. Sie gilt als deutlich ansteckender als andere Formen des Virus, auch wenn es keine Nachweise dafür gibt, dass sie auch tödlicher ist. Allerdings machen Wissenschaftler sie dafür verantwortlich, dass die Corona-Zahlen in England zuletzt explodiert waren. Nach wissenschaftlichen Rechenmodellen würde eine massenhafte Verbreitung der Virusmutation zu deutlich mehr schweren Covid-19-Fällen und Todesfällen führen, auch wenn das Virus für den Einzelnen nicht gefährlicher wäre – allein dadurch, dass die Zahl der Fälle sehr stark steigen würde und statistisch etwa drei bis vier Prozent der positiv Getesteten an der Krankheit sterben. Bei den derzeit diskutierten Lockdown- und Reise-Verschärfungen gilt Verbreitung dieser Virusvariante in Deutschland als Worst-Case-Szenario, das unbedingt vermieden werden müsse.

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