Vereinsschatz Fundstück aus der Kiste

Von Thomas Klemm
Die Fahne des Arbeiter-Sportklubs Steinbach-Hallenberg aus dem Jahre 1929 war lange Zeit verschwunden und befindet sich nun im Fundus des FC Steinbach-Hallenberg. Präsentiert wird sie hier von Markus Böttcher, Fritz König und Siegmar Schuckay. Foto: Thomas Klemm

Vereinsfahnen gehören zum Sport wie der Mittelkreis zum Fußball. Sie sind ein Teil des Erscheinungsbildes, werden geschwenkt, vorangetragen und ausgestellt. Manchmal tauchen verloren geglaubte Exemplare auch wieder auf und werden zum Vereinsschatz.

 
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Steinbach-Hallenberg - Als der junge Malermeister Fritz König aus Steinbach-Hallenberg den Auftrag bekam, das Tanzlokal Hallenburg aufzufrischen, versammelte er im April 1956 einige Gesellen um sich und ging ans Werk. Zunächst wurde die Hallenburg besichtigt und auch die Empore der Gastwirtschaft einer Inspektion unterzogen. Ein Wasserschaden machte es nötig. Die Männer um Fritz König und den ehemaligen BSG-Leiter Richard Häfner erklommen die Empore und entdeckten dort eine Kiste. „Direkt neben der Stelle mit dem Wasserschaden, unter dem Dach, stand das riesengroße Ding, bestehend aus zölligen, wenn nicht gar dreißiger Brettern“, erinnert sich der mittlerweile 87 Jahre alte Malermeister. „Keiner wusste, wo der Schlüssel für diese Kiste zu finden war und öffnen ließ sie sich nicht ohne Weiteres. Da war ein großes Kastenschloss vor. Richard Häfner sagte: Dann schiebt das Ding zur Seite. Durch das Verschieben öffnete sich die Tür, und wir konnten hineinschauen. Neben Hanteln, alten Klamotten und anderen Sachen stand da diese Fahne, zusammengerollt. Bei dieser Gelegenheit habe ich sie zum ersten Mal gesehen.“ Wilhelm Zimmermann, einer der damals Anwesenden meinte, „die kenne ich“. Das Fahnentuch des Arbeiter-Sportklubs Steinbach-Hallenberg ATUSB sei bei den Mai-Demonstrationen gezeigt worden. „Damit sind wir am 1. Mai immer auf die Straße gegangen!“

Hergestellt wurde das dunkelrote Fahnentuch 1929, anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Sportklubs aus dem Haselgrund. Mit Beginn der Nazi-Herrschaft verschwand die Fahne, wie so viele andere Zeugnisse arbeitersportlichen Handelns, in der Versenkung. Einer der Sportfreunde muss sie an sich genommen und versteckt haben. Sie blieb verschwunden, bis 1956 die Maler kamen und die Kiste „knackten“. Damit war die „Dunkelhaft“ für das „Aushängeschild“ des Steinbach-Hallerberger Sportklubs aber noch nicht beendet. Richard Häfner, der damals beim Konsum tätig war, habe sie wohl an sich genommen und im Fundus des Konsums versenkt. „Eines Tages“, erinnert sich Fritz König, „habe ich ihn mal gefragt, was denn aus der Fahne geworden ist“. Häfner habe ihm geantwortet, „die ist sicher verwahrt“.

Lange nach der Wende, zur 75-Jahr-Feier der Steinbach-Hallenberger Fußballer im Jahr 1994, tauchte die Fahne wieder auf und wurde gemeinsam mit zwei anderen historischen Exemplaren beim Festumzug vorangetragen. Und vor zwei Jahren, als man im Haselgrund das 100-jährige Jubiläum feiern konnte, gehörte das Fahnentuch selbstverständlich auch zu den Exponaten, die stolz präsentiert wurden. Eigens dazu wurde im Vereinsheim an der Spielwiese eine Ausstellung auf die Beine gestellt, mit allerlei „Zeitzeugen“ aus Fotokarton, Zeitungspapier und Stoff.

Als interessanter Aspekt kam dabei zur Sprache, dass es schon um die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zwei Fußball-Klubs im Haselgrund gegeben habe. 1907 wurde die „Germania“ gegründet und 1909 entstand der Fußballklub „Hurra“. Beiden Gemeinschaften wurde jedoch ein Vereinsstatus versagt. Erst der 1919 gegründete Arbeiter-Sportklub Steinbach-Hallenberg erhielt diese in Deutschland beinahe „überlebenswichtige“ Anerkennung.

1929 feierten die Fußballer ein Stiftungsfest anlässlich des zehnjährigen Bestehens, kann man der Chronik entnehmen. Bei der Gelegenheit wurde die Fahne geweiht.

Inzwischen kümmert sich der Bürgermeister von Steinbach-Hallenberg, Markus Böttcher, um die historisch wertvollen Zeitzeugen. Er hält den Vereinsfundus in Ehren und ist immer auf der Suche nach weiteren Exponaten. Ein besonders interessantes präsentiert er gern. Ein handbesticktes Tuch, bereichert durch ein Schwarzweiß-Foto mit Widmung, erinnert an ein Freundschaftsspiel der Arbeiter-Sportklubs gegen den SC Union Wien. Ausgetragen wurde die Partie 1929, also im Jahre des Stiftungsfestes, in Oberschönau. Die Gastgeber gewannen diese Partie mit 4:2 Toren. „Dieses tolle Exponat hat man auf der Meininger Deponie gefunden und gerettet“, so Böttcher.

Die Fahne, die Erinnerung an das Wien-Spiel und viele andere Dinge lagern derzeit im Vereinsheim des FC Steinbach-Hallenberg beziehungsweise bei Markus Böttcher zu Hause. Ob sich aus den vielen Sammlerstücken einmal eine öffentlich zugängliche Ausstellung konzipieren lässt, wagt derzeit keiner zu sagen. In der Versenkung verschwinden wird die Fahne aber sicher so schnell nicht wieder.

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