Vereinsschätze „Den Ailton hab ich gegoogelt“

Von Thomas Klemm
Der ehemalige Bremer Fußballprofi Ailton (l.) mit Waltraud Pforr und TSV-Vereinsvorsitzendem Florian Adler im Sünnaer Vereinsheim. Foto: /privat

Einmal einen Fußballstar hautnah erleben, ist der Wunsch vieler. Wenn man weiß, wem man gegenübersteht, verdoppelt sich das Glück. Der eine oder andere kommt aber auch unverhofft zu so einer Sternstunde.

 
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Sünna - Der letzte Sonntag im Juni 2019, der sommerlich schön daherkam, dürfte bei vielen Fußballfans in der Region noch gut in Erinnerung sein. Auf dem Sportplatz in Sünna standen achthundert Menschen dichtgedrängt rund ums Areal, um mitzuerleben, wie einige ehemalige Profis des SV Werder Bremen gegen eine Elf aus prominenten Rhöner Amateurfußballspielern auftreten würden. Gleich zu Beginn der von Schiedsrichter Thomas Hahn aus Buttlar geleiteten Partie ließ der berühmteste unter den Bremern, Ailton, sein Können dreimal aufblitzen. Er sorgte für die Gästeführung. Auswahl-Torhüter Frank Hauptmann, der auch nicht gerade „auf der Wurschtsuppe“ daher geschwommen war, hatte jedes Mal das Nachsehen. Bis zum Schlusspfiff musste Hauptmann achtmal hinter sich greifen, während der Rhönauswahl durch Michael Drasdos fulminanten Schuss „nur“ der Ehrentreffer gelang. Egal: Die Leute waren gekommen, um ihre Idole Oliver Reck, Robert Littmann, Holger Wehlage, Mirko Votava, Dieter Burdenski und wie sie alle heißen, zu bewundern und die Rhöner Fußballer anzufeuern. Da spielte das Endergebnis eine untergeordnete Rolle.

In der Halbzeitpause präsentierten sich die Werder-Stars unverstellt volksnah und ließen sich für Selfies und Autogrammwünsche an der Seitenlinie sehen. Am dichtesten umringt war selbstverständlich Ailton. Den kannten auch Besucher, die weniger gut über den Sportklub aus Bremen informiert waren. Mit anderen Worten: Der Brasilianer, der deutscher Meister, Pokalsieger und Fußballer des Jahres war, reiste als Zugpferd an diesem Sommernachmittag in die Rhön. Und jeder, der einen Schnappschuss mit diesem Fußballer ergattern konnte, schätzte sich hinterher glücklich.

Nach dem Spiel, als die Sportler in den „Katakomben“ des Sünnaer Vereinsheims verschwunden waren, wurde Ailton noch einmal vor die Linse gerufen. Der Vorsitzende des TSV Sünna, Florian Adler, erkannte und nutzte hier seine Chance, um gemeinsam mit dem Bremer vor dem Fotoapparat zu posieren. Und weil Waltraud Pforr, die Oma des Vereinschefs, die fleißig Kuchen verkauft hatte, gerade in der Nähe war, durfte sie in der Bildmitte „Platz nehmen“. Der Schnappschuss, von Onkel Burkhard Stach angefertigt, war schnell im Kasten.

„Ich kannte diesen Fußballer, mit dem ich da fotografiert worden bin, vorher gar nicht“, meint die rüstige, 86 Jahre alte Dame, kürzlich im Gespräch mit der Heimatzeitung. „Man hat mir hinterher erst mal erklären müssen, wer das überhaupt ist. Aber mittlerweile habe ich mit meinem Laptop den Ailton auch schon gegoogelt. Nun weiß ich Bescheid“, schmunzelt die Sünnaerin.

Florian Adler ist sichtlich stolz auf seine Oma. Nicht nur, weil sie neben dem Weltstar eine gute Figur abgegeben hatte. Sondern vor allem, weil sie sich nicht unterkriegen lässt und immer noch, trotz einiger gesundheitlicher Rückschläge, in Schwung bleibt. Erst als Rentnerin nahm sie sich die Zeit für den Sport. Seitdem aber treibt sie diesen regelmäßig. Seit 2006 ist Waltraud Pforr Mitglied im TSV Sünna. „Ich habe zehn Jahre lang Linedance gemacht. Aber mit 85 Jahren haben ich damit aufgehört. Das ging nicht mehr“, sagt sie. Als Mitglied der Senioren-Gymnastikgruppe kommt sie jedoch mit Gleichgesinnten in der Turnhalle des Ortes regelmäßig ins Schwitzen. Derzeit bremst Corona die Aktivitäten der rüstigen Oldies sehr aus, aber alle hoffen, dass es bald normal weitergehen kann. In der Zwischenzeit behilft sich Oma Waltraud mit langen Spaziergängen. Die hat sie, noch mit ihrem Mann, schon immer unternommen. „Als Mitglieder des Rhönklubs gehört so etwas ja dazu.“ Ihre Lieblingstour führt um den Sünnaer Hausberg. „Die Runde um den Ulsterberg schaffe ich in anderthalb Stunden“, verkündet sie stolz. „Und jeden Sonntag im Sommer geht es hoch zum Oechsenbergplateau. Da oben ist es wunderschön!“ Man kann den Blick schweifen lassen und seinen Erinnerungen nachhängen. Erinnerungen wie an den schönen Sommertag im Juni 2019.

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