Wie sieht Brüssel das Handelsdefizit der USA?
Die EU-Kommission relativiert die Zahlen. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič wies am Dienstag nach dem EU-Treffen in Warschau darauf hin, dass die EU zwar einen Überschuss von 154 Milliarden Euro im Warenhandel gegenüber den USA habe, die USA jedoch einen Überschuss von 104 Milliarden Euro im Dienstleistungshandel gegenüber der EU aufwiesen. "Das bedeutet, dass der gesamte Handelsüberschuss der EU gegenüber den USA nur etwa drei Prozent unseres gesamten Handelsvolumens von 1,5 Billionen Euro beträgt – also rund 50 Milliarden Euro", sagte er. Von dieser "gesunden und robusten Handelsbeziehung" zwischen der EU und den USA hingen fast 5 Millionen Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks ab.
Was würden Zölle für die Wirtschaft bedeuten?
Zölle würden die ohnehin angeschlagene Autoindustrie in Europa hart treffen, allen voran die deutsche. Für die hiesige Wirtschaft, die zwei Jahre in Folge geschrumpft ist und 2025 bestenfalls minimal wachsen dürfte, wären Zölle ein neuer Tiefschlag. "Für den Produktionsstandort Deutschland ist der Absatzmarkt USA sehr bedeutsam", sagt Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Rund 400.000 Autos aus deutscher Fertigung gingen 2023 in die USA - fast ein Zehntel der Jahresproduktion. Damit sei Amerika wichtigster Exportmarkt für die Hersteller.
Zwar betreiben VW, BMW und Mercedes große Werke in den USA. Dennoch wird in großer Stückzahl aus Europa zugeliefert. Porsche bedient den US-Markt sogar komplett aus Europa. Das könnte sich durch neue Zölle ändern. Bei Porsche und Audi soll es dem "Handelsblatt" zufolge Planspiele geben, auch in den USA zu fertigen. Und VW stoppte jüngst den geplanten Export seiner Elektro-Limousine ID.7 von Emden nach Nordamerika.
Die Zölle auf Mexiko und Kanada wurden verschoben: Ist der große Handelskrieg nun abgeblasen?
Das ist unklar. Trump hat sich im Gegenzug für das Verschieben der Zölle mehr Anstrengungen beim Schutz der Grenzen zu Kanada und Mexiko zusichern lassen. Die Zölle könnten nun einen Monat später in Kraft treten oder womöglich neu verhandelt werden. Dagegen sind zusätzliche US-Zölle auf chinesische Importe seit diesem Dienstag wirksam. Trump sagte, sie seien nur ein Auftakt. "Wenn wir keinen Deal mit China hinkriegen, dann werden die Zölle sehr, sehr substanziell sein."
Wie schwer wären die Folgen?
Das Ifo-Institut sieht im Falle von Zöllen auf Mexiko, Kanada und China alle Seiten als Verlierer. Kanada müsse bei Gegenmaßnahmen auf US-Zölle mit einem Exportrückgang um 28 Prozent rechnen und Mexiko um 35 Prozent. China dagegen könne anders als die geografischen Nachbarn den Handel leichter von den USA umlenken, sagt Lisandra Flach, Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft. China sieht sie daher in den Modellrechnungen mit einem Exportrückgang von 3,8 Prozent am geringsten betroffen.
Ein großer Verlierer wären die USA: Ihre Exporte könnten im Falle von Gegenmaßnahmen um bis 22 Prozent sinken, schätzt das Ifo. Für Trump steht bei einem Handelskrieg also viel auf dem Spiel.