Unterricht im Grünen In Neuhaus wird der Wald zum Klassenzimmer

Madlen Pfeifer

Wie wird die Gangart des Fuchses genannt? Welcher ist der Baum des Jahres 2023? Weil sich Fragen rund um Flora und Fauna am besten in der Natur selbst beantworten lassen, haben sich über 200 Schüler aus neun Schulen auf in den Neuhäuser Wald gemacht.

 
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Den Feuersalamander erkennen die Sechstklässler des Neuhäuser Gymnasiums sofort. Bei Laubfrosch, Gelbbauchunke, Ringelnatter und manch anderen Lurchen und Reptilien, die Klaus Knauer vom Naturpark Vessertal als Modelle in einem Lebensraumkasten mitgebracht hat, hilft er den Schülern dann und wann auf die Sprünge. Mit Erfolg. Haben die Mädchen Jungs am Ende doch alle Tiere zuordnen und dabei etwas lernen können. „Sehr schön“, lobt Knauer und verabschiedet sie mit einem „Viel Spaß noch“ auf den weiteren Parcours der Waldjugendspiele.

Das erste Mal nach drei Jahren pandemiebedingter Pause steht der sonst einmal pro Jahr stattfindende Unterricht im Freien heuer wieder auf dem Stundenplan von Viert- und Sechstklässlern aus der Region. Nach und nach trudeln die Gruppen der sieben Schulen des Landkreises und die zweier benachbarter Einrichtungen am Igelshieber Sportplatz ein. Dort heißt es zunächst, sich aus einer handflächengroßen Baumscheibe, einem Stück Schnur und einem Stift ein Namensschild zum Umhängen zu basteln. Und dann geht’s auch schon los auf die circa drei Kilometer lange Runde bis zur Wetterstation und wieder zurück, die mit allerhand Aufgaben für die Schüler gespickt ist.

Mal sind Muckis, mal ist Köpfchen gefragt

Mal sind Muckis gefragt. So wie beim Holzsägen. In zwei Minuten gilt es, so viele Scheiben wie möglich vom Stämmchen abzuschneiden. Constantin von der Regelschule in Lichte schlägt sich gut. Unter den Anfeuerungsrufen seiner Mitschüler und von Franz Möller, der die Station als ehemaliger Forstamtsmitarbeiter betreut, bringt es der Sechstklässler auf vier Scheiben. Weniger Muskelkraft als vielmehr den richtigen Durchblick braucht’s bei der nächsten, der Späheraufgabe. Neun Tierpräparate hat Walter Boss von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) zwischen Fichten und Büschen versteckt, welche die Schüler entdecken und benennen sollen. Fuchs, Hase und Eichhörnchen zu identifizieren, stellt keine Hürde dar. Bei Eichelhäher und Star braucht’s dann doch gelegentlich die Hilfe vom Fachmann.

Neben dem Spähen und Sägen steuern die Viert- und Sechstklässler etwa auch Stationen wie Zapfenzielwurf und Holz umstapeln an oder jene, bei denen Köpfchen gefragt ist, wenn es beispielsweise um Pilze, Borkenkäfer, die Bergwacht oder die Waldarbeit geht. Jeweils mindestens ein Betreuer steht pro Anlaufpunkt parat, der die jeweilige Aufgabe erläutert. Darunter vor allem Revierleiter, Forstarbeiter und Beschäftigte im Neuhäuser Forstamt, die unterstützt werden von Kollegen des Naturparks Vessertal, der SDW und der Bergwacht.

Mehr als zehn Stationen

Zu den zehn Wissens- und Bewegungsstationen gesellen sich weitere Aufgaben hinzu. Zum einen sind entlang des Weges mit Buchstaben und Zahlen markierte Bäume und Sträucher zu bestimmen. Zum anderen ist darüber hinaus im Rahmen der Waldjugendspiele noch deutlich mehr Sachkunde gefragt. Jede Klasse hat sich mit einem von Forstamt und SDW vorbereiteten Hefter auf den Parcours begeben. Gut 20 Blätter finden sich darin. Auf manche sind schlichtweg die erreichten Ergebnisse der sportlichen Stationen einzutragen, auf andere das, was die Schüler über Borkenkäfer, Pilze und Co. gelernt haben. Und dann gibt’s da obendrein noch weitere zu lösende Aufgaben – angefangen von einem Kreuzworträtsel über ein Buchstabenschüttelrätsel bis hin zu den unterschiedlichsten Fragen, die es zu beantworten gilt, etwa zur Natur – Baum (Moor-Birke) und Vogel (Braunkehlchen) – des Jahres 2023, zu umweltbewussten Verhalten, generell zu Bäumen und Tieren wie dem Fuchs und seiner als Schnüren bezeichneten Gangart, oder zu Wasserturm und Wetterstation, an denen die Kinder auf dem Parcours vorbeimarschieren.

Ein Sieger wird bei den Waldjugendspielen inzwischen nicht mehr gekürt. Preise bekommen alle Klassen, die sich beteiligt haben. Dann, wenn Fred Rost vom Neuhäuser Forstamt bei ihnen vorbeigeschaut hat und die Aufgaben mit ihnen durchgegangen ist.

Auch im nächsten Jahr soll es die Waldjugendspiele in Neuhaus wieder geben. Vorstellbar wäre, so Forstamtsleiter Peter Hamers, dann vielleicht auch die Feuerwehr einmal mit zu integrieren, um das Thema Waldbrand aufzugreifen.

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