Einen Winter nach Oberhof und einen Sommer nach dem Wechsel nach Ruhpolding war Kati Wilhelm wieder die Alte, bestimmte das Laufniveau mit, feierte Siege, wurde Zweite im Gesamtweltcup. Die größte Bestätigung für ihre nimmermüden Mühen fand sie neben den drei Olympiasiegen im Jahr 2009 bei der Weltmeisterschaft im fernen Pyeongchang im reifen Alter von 32 Jahren – als Doppel-Weltmeisterin in Sprint und Einzel, dem Ritterschlag im Biathlon. „Zuvor durfte ich als ehemalige Langläuferin im Einzel über 15 Kilometer ja nie mitmachen, weil der Wettkampf so schießlastig ist. Und dann war ich plötzlich Weltmeisterin“, erzählt sie. Zu Tränen gerührt kletterte sie nach der Siegerehrung vom obersten Podest. Ärgerlich nur: In Südkorea interessierte sich kein Fan für die WM-Sieger, ganz im Gegensatz zu Oberhof 2004.
Ihre großen Erfahrungen als Sportlerin teilt Kati Wilhelm mittlerweile bei Vorträgen (zum Schwerpunktthema Entscheidungen), zu denen sie von Unternehmen gebucht wird. „Zwischen Sport und normalem Leben gibt es durchaus Parallelen, gerade in der Entscheidungsfindung oder bei einem Entscheidungsprozess“, erklärt sie: „Beim Schießen konnte ich trotz aller Renntaktik nie eine Pro- und Contra-Liste aufstellen, da musste ich immer intuitiv entscheiden.“ Ihr Rat: Mal was riskieren, mal was investieren, das zahle sich oft aus.
Wiederholung denkbar
So wie ihre Entscheidung, vor acht Jahren in Steinbach-Hallenberg mit dem Heimatlon ein Restaurant zu eröffnen. Von Mitte November bis Ende April blieb die Gaststätte wegen Corona erneut geschlossen, der Neubeginn gestaltet sich zäh. „Ich konnte dafür die Zeit mit meinen Kindern gut nutzen“, bekennt sie. So ging es zunächst mit Tochter Lotta, die als Nordische Kombiniererin schon über 25 Meter weit springt, und Sohnemann Jakob Anfang März zum Wasalauf nach Schweden. Die Kinder absolvierten beide den 10-Kilometer-Lauf, die Mama praktisch aus dem Stehgreif die 90-Kilometer-Distanz.
„Ich hatte keinerlei Ambitionen, und dafür lief es richtig gut“, berichtet Kati Wilhelm, die vorher im Wettkampf als Langläuferin maximal 30 Kilometer oder im Training mal 50 Kilometer gelaufen war. Nach gut sechs Stunden war die Schinderei vorbei, eine Wiederholung ist sehr wahrscheinlich: „Das könnte ich mir durchaus wieder vorstellen.“ Wie auch den gemeinsamen Ski-Urlaub in den Osterferien in Norwegen ganz in Familie – mit ihren beiden skibegeisterten Kindern und ihrem langjährigen Lebenspartner Andreas Emslander.