In dem Rendsburger Fall ist bereits Anklage gegen die beiden Beschuldigten erhoben worden. Für die Justiz handelt es sich um ein "Pilotverfahren", wie der Sprecher der Staatanwaltschaft sagte. Demnach ist zuvor noch kein Fall illegaler Schiffsverschrottung in Deutschland vor Gericht gelandet.
Wegen eines ähnlichen Verdachts ermittelt auch die Hamburger Staatsanwaltschaft seit längerem gegen mehrere Unternehmer. Sie sollen drei Schiffe im Wissen darum verkauft haben, dass diese in Pakistan auf einen ungesicherten Strand gefahren und dort unter umweltgefährdenden Umständen abgewrackt wurden.
In der EU streng geregelt
Formal handelt es sich bei diesem in der Branche "Beaching" genannten Verfahren um Verstöße gegen das Abfallverbringungsgesetz, für die laut Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorgesehen ist. In der EU ist das Abwracken alter Schiffe streng geregelt. Diese dürfen nur in von der EU zertifizierten Einrichtungen recycelt werden; die Anlagen selbst dürfen sich auch außerhalb der Union befinden. Andernfalls wäre ein direkter Export des Schrottschiffes illegal. Das Problem für Ermittler: Sie haben nur Zugriff, wenn sie nachweisen können, dass ein Schiff direkt aus Deutschland in eine nicht zertifizierte Anlage beispielsweise in Asien geschafft wurde. Die oft komplizierten Besitzverhältnisse bei Schiffen können zusätzlich die Ermittlungen erschweren.
Die internationale Nichtregierungsorganisation Shipbreaking Platform prangert seit Jahren Umweltschäden, Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit, Krankheits- und Todesfälle sowie Unfälle im Zusammenhang mit der Abwrackung von Altschiffen via "Beaching" an. Allein 2021 sind laut der Organisation 583 der größten Tanker, Massengutfrachter, schwimmenden Plattformen, Fracht- und Passagierschiffe an den Stränden Bangladeschs, Indiens und Pakistans gelandet. Alte Schiffe sind - vor allem angesichts der derzeit hohen Stahlpreise - für Schrotthändler ein begehrtes Gut.
Eigentlich sollte das umweltgerechte und sichere Abwracken längst global geregelt sein. Auf dem Papier gibt es schon seit 2009 ein internationales Abkommen darüber, das von Deutschland 2019 ratifiziert wurde. Allerdings tritt diese so genannte Hongkong-Konvention erst in Kraft, wenn mindestens 15 Staaten mit 40 Prozent der weltweiten Handelsflotten-Tonnage beigetreten sind. Mittlerweile sind zwar schon 17 Länder dabei, die aber erst knapp 30 Prozent der Tonnage repräsentieren. Von den - laut Weltschifffahrtsorganisation IMO - Top Fünf der Schiffsrecycler haben mit Indien und der Türkei erst zwei unterzeichnet, Bangladesch, Pakistan und China noch nicht.