Medienberichten zufolge soll ihm der Posten des ukrainischen Botschafters bei der Nato in Brüssel angeboten worden sein. Einem Bericht des ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens zufolge hatte Präsident Selenskyj auf einer Fraktionssitzung der Präsidentenpartei "Diener des Volkes" Kuleba vorgeworfen, sich ungenügend für weitere Waffenlieferungen einzusetzen.
Entlassung Kulebas ist Teil von Regierungsumbau
Die Entlassung Kulebas ist Teil eines Regierungsumbaus in der Ukraine. Insgesamt sollten etwa die Hälfte der Ministerposten neu besetzt und auch einige Ressortzuschnitte geändert werden, hieß es in Kiew. Selenskyj hatte den Regierungsumbau damit begründet, dass das Land einen Neustart benötige. "Wir brauchen heute neue Energie", sagte der Staatschef. Nicht betroffen von dem Umbau sind andere Schlüsselministerien wie das Finanz-, das Innen- und das Verteidigungsministerium.
Nach der Kandidatenvorstellung durch Ministerpräsident Denys Schmyhal wurden weitere neue Minister durch die Oberste Rada bestätigt. Olha Stefanischyna wurde erneut als Vizeregierungschefin für EU- und Natointegration bestätigt und erhielt zudem das Justizministerium als neues Ressort.
Kritiker halten den Umbau allerdings für Augenwischerei und Aktionismus, um Veränderungen vorzutäuschen und um von den Misserfolgen im Abwehrkampf gegen die russische Invasion abzulenken. Vor allem im ostukrainischen Gebiet hatten die russischen Truppen zuletzt auch nach Meinung unabhängiger Militärbeobachter Gebietsgewinne verzeichnet und Ortschaften eingenommen. Auch die Probleme bei der Energieversorgung durch die ständigen russischen Angriffe auf die Infrastruktur lassen die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der eigenen Führung wachsen.
Mehrere neue Minister bestimmt
Der ehemalige Vizechef von Selenskyjs Büro, Olexij Kuleba, wurde zudem zum Vizeregierungschef für den Wiederaufbau ernannt. Ihm wurde das Ministerium für Regionalentwicklung unterstellt. Neue Umweltministerin wurde Switlana Hryntschuk, die zuvor bereits als Vizeministerin im Energie- und Umweltministerium gearbeitet hatte. Als ordentlicher Sportminister bestätigte das Parlament Matwij Bidnyj, der das Amt vorher interimsweise innehatte.
Der ebenfalls vorher als Vize im Präsidentenbüro arbeitende Mykola Totschyzkyj wurde als neuer Kulturminister eingesetzt. Das Ministerium für Kriegsveteranen leitet fortan Natalija Kalmykowa, die vorher als Vizeverteidigungsministerin bereits für soziale Belange in der Armee verantwortlich war. Zudem wurde der bisherige Chef des staatlichen Rüstungskonzerns Ukroboronprom, Herman Smetanin, zum neuen Minister für strategische Industriebranchen ernannt. Schlussendlich wurde der bisherige Chef des Fonds für Staatseigentum, Witalij Kowal, als neuer Landwirtschaftsminister eingesetzt.
Russland erwartet keine Auswirkung auf Kriegsgeschehen
In Russland wurden die Ernennungen als eine Stärkung der Machtposition Jermaks in seinem Präsidentenbüro und Schwächung Selenskyjs gewertet. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, kritisierte, Kuleba habe sich vom "Kiewer Terrorregime" einspannen lassen für das Einwerben von Waffen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow meinte, dass Kulebas Abgang keine Auswirkungen habe auf mögliche Perspektiven für Verhandlungen. Russland hatte zuletzt immer wieder Selenskyjs Legitimation infrage gestellt, nachdem seine Amtszeit im Frühjahr offiziell abgelaufen war. Wegen des Kriegsrechts werden in der Ukraine aber keine Wahlen abgehalten, weshalb sich Selenskyjs Amtszeit samt Machtbefugnissen verlängert. Dies gilt ebenso für das Parlament, dessen reguläre Amtsdauer Ende August auslief.