In einem "Welt"-Interview monierte er, dass die von Deutschland zugesagten Gepard-Flugabwehrpanzer gar nicht von der Ukraine angefragt wurden. "Ausschlaggebend für die Bundesregierung scheint eher gewesen zu sein, uns etwas zu geben, was sie selbst nicht braucht", sagte er. Auch die Lieferung von sieben deutschen Panzerhaubitzen 2000 - schwere, moderne Artilleriegeschütze - kritisierte Kuleba als unzureichend. "Zur selben Zeit, als diese Nachricht kam, erhielt ich die Nachricht aus einem sehr kleinen EU-Land, das uns ebenfalls sieben Stück desselben Systems geben wollte. Da stimmen die Dimensionen nicht, das sieht nicht gut aus."
Kuleba fordert Kampfjets und Raketenabwehrsysteme
Kuleba forderte Kampfjets und Raketenabwehrsysteme westlicher Bauart. "Vergessen wir die sowjetischen Systeme, das ist vorbei", sagte er. Als wichtigstes Thema für sein Land bezeichnete er aber die EU-Beitrittsperspektive für sein Land. Die öffentliche Meinung sei auf beiden Seiten dafür, sagte er. "Wir haben einen Moment, in dem wir Geschichte mit unseren eigenen Händen machen."
Die EU-Kommission will im Juni eine Empfehlung abgeben, ob die Ukraine zum Beitrittskandidaten werden soll. Danach entscheiden die Mitgliedstaaten - vielleicht schon auf dem EU-Gipfel Ende Juni. Allerdings müssen alle 27 EU-Staaten zustimmen. Die Verhandlungen über ein Beitrittsabkommen dauern in der Regel Jahre.
Habeck sagte, die Ukraine sei spätestens seit den proeuropäischen Protesten der Jahre 2013 und 2014, "auf dem Weg nach Europa". Die EU habe in der Vergangenheit mehrfach Angebote gemacht, die sich dann nicht erfüllt hätten, kritisierte der Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister. "Das darf nicht noch einmal passieren." Habeck sagte, anderen Ländern seien "Alibi- oder Fake-Angebote" gemacht worden, was dort zu Enttäuschungen und wirklichen demokratischen Rückschlägen geführt habe. Deshalb müsse der Weg in die EU so gestaltet werden, dass die Ukraine ihn beschreiten, aber auch zu Ende beschreiten könne.
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil sprach sich für einen Kandidatenstatus für die Ukraine aus. "Wir müssen die Beitrittsperspektiven jetzt auch schnell für die Ukraine, auch für andere Länder eröffnen", sagte der SPD-Chef, der Kuleba zusammen mit Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich traf.
Russland-Politik der SPD kein Thema mehr
Die Russland-Politik der SPD in den letzten Jahrzehnten ist für Kuleba kein Thema mehr. "Die Vorkriegsgeschichte in den deutsch-russischen Beziehungen und die Rolle der Sozialdemokraten dabei ist etwas, das nun Geschichte ist", sagte er. Der ukrainische Außenminister verwies darauf, dass mit Bundeskanzler Olaf Scholz ein Sozialdemokrat die Kehrtwende bei den deutschen Waffenlieferungen und in der Energiepolitik vollzogen habe.
"Ich weiß, dass es nicht einfach ist, solche Entscheidungen zu treffen", sagte Kuleba. Die Tatsache, dass der Kanzler das mit Unterstützung seiner Partei getan habe, verstehe er als Zeichen der Stärke: "Sie sind stark genug einzugestehen, dass die vorherige Politik gescheitert ist und Sie eine neue Politik brauchen." Die SPD wird für zu starke Russland-Nähe in den vergangenen Jahrzehnten kritisiert.
Eingefrorenes Russland-Geld für Wiederaufbau verwenden
Kuleba kann sich vorstellen, zum Wiederaufbau seines Landes Anspruch auf im Ausland eingefrorene russische Gelder zu erheben. "Juristisch gesehen ist das ein kompliziertes Thema genauso wie politisch", sagte Kuleba der "Welt" am Donnerstag. Um damit erfolgreich zu sein, müsse es einen vorbereiteten juristischen Weg geben und den politischen Willen, ihn umzusetzen. "Es gibt einige Länder, die uns schon versprochen haben, dass sie notwendige Gesetze verabschieden werden, um das zu ermöglichen", sagte er.
Deutschland gehöre noch nicht dazu. Er hoffe aber, dass sich Deutschland beteiligen werde, denn es sei der beste und wirtschaftlich sinnvollste Weg, um Mittel für den ukrainischen Wiederaufbau aufzubringen. "Russland hat es zerstört, lasst Russland dafür bezahlen. Das ist eine faire Lösung", sagte er.