Ukraine-Hilfe Schulangebot für Flüchtlinge in Schmalkalden

45 ukrainische Mädchen und Jungen kamen am Montag zum ersten Treffen ins Philipp-Melanchthon-Gymnasium. Für sie sollen nun Schul- und Betreuungsangebote zusammengetragen werden.

 
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Mehr als 200 aus der Ukraine geflüchtete Menschen sind in den vergangenen drei Wochen in Schmalkalden angekommen, darunter zahlreiche Kinder und Jugendliche. Entsprechend stellt sich das Staatliche Schulamt Südthüringen, stellen sich die allgemeinbildenden und beruflichen Bildungseinrichtungen auf neue Schülerinnen und Schüler ein. Auch wenn in Deutschland erst nach einem dreimonatigem Aufenthalt die Schulpflicht greift, sollen die jungen Menschen so schnell wie möglich in den Unterricht gehen können. Um überhaupt erst einmal einschätzen zu können, in welche Jahrgangsstufe und welche Schule das Kind kommen könnte, hatte die Leitung des Philipp-Melanchthon-Gymnasiums am Montag zu einem ersten Treffen eingeladen. Direktor Jürgen Haaß und sein Kollegium hatte – in Abstimmung mit dem Staatlichen Schulamt – die Initiative ergriffen, „um das zu tun, was wir können: uns um Kinder und Jugendliche zu kümmern“, wie Haaß formulierte. Umso mehr freute ihn die große Resonanz auf seine Einladung. Mehr als 100 ukrainische Mütter waren mit ihren Kindern gekommen, darunter zahlreiche Teenager. Kleine Zuckertüten lagen auf den Tischen, Süßigkeiten und von Schmalkalder Gymnasiasten gestaltete bunte Willkommenskarten: „Good Luck in Germany“ – Viel Glück in Deutschland“.

Die Daten von 45 Kindern und Jugendlichen wurden nach diesem ersten Treffen aufgenommen. Viele Fragen brannten den Müttern unter den Nägeln. So lernen einige Schüler bereits im Homeoffice, haben noch Kontakt zu ihrer Schule in der Ukraine. Wie kann ein Jugendlicher, der kurz vor dem Schulabschluss steht, anschließend eine Berufsausbildung oder eine weiterführende Schule in Angriff nehmen? Vielleicht sogar an der Hochschule studieren? Wie gelingt die Integration in den Arbeitsmarkt?

Das Hauptproblem scheint jedoch die Sprache zu sein. Nur die wenigsten beherrschen eine Fremdsprache und wenn, dann englisch. Zwei junge Ukrainerinnen stellten sich als Lehrerinnen für Englisch und Deutsch vor und boten ihre Hilfe an. Schulamtsleiter Michael Kaufmann, der zum Begrüßungstreffen gekommen war, kann sich sehr gut eine Beschäftigung vorstellen. Er empfahl den jungen Frauen, sich zu bewerben. „Wir stehen vor einer großen Herausforderung“, sagte Kaufmann, „und sind froh, über jede Unterstützung“. Denn Schule befindet seit Beginn der Pandemie vor zwei Jahren in einem dauerhaften Stresstest. Aufgrund des nach wie vor grassierenden Coronavirus fallen aktuell sehr viele Lehrkräfte aus. Zusätzlich zum permanent herrschendem akuten Lehrermangel, insbesondere in den Grund-und Regelschulen. Sie beschäftigt die Frage, wie die Integration der ukrainischen Kinder in die Klassenzimmer konkret erfolgen soll? Die anwesenden Direktoren aus Schmalkalden, Breitungen sowie Floh-Seligenthal waren sich in einem Punkt einig: Das Erlernen der deutschen Sprache ist das A und O. Das zeigten Erfahrungen aus der Flüchtlingswelle 2015.

In den kommenden Tagen werden die erfassten Daten ausgewertet. Zur nächsten Zusammenkunft am Montag, 28. März, werden dann alle schulpflichtigen Kinder der Klassenstufen fünf bis zwölf eingeladen. Die Gespräche mit den Grundschulen stehen noch aus, sagte Schulleiter Jürgen Haaß. Parallel dazu gibt es Überlegungen, am Gymnasium ein Betreuungsangebot einzurichten.

Das ukrainische Schulsystem unterscheidet sich vom dem deutschen. Mit sechs Jahren werden die Mädchen und Jungen eingeschult. Dann besuchen sie vier Jahre lang die Grundschule, der sich die weiterführende Schule für fünf Jahre anschließt. Wer dann noch drei weitere Jahre zur Schule geht und seinen Abschluss macht, kann studieren. Häufig sind alle drei Schulstufen in einem Gebäude untergebracht. Es gibt aber auch Gymnasien, die nur die Mittel- und Oberstufe umfassen. Noten werden von 1 bis 12 vergeben, wobei 12 die beste Note ist. In den meisten Schulen wird auf Ukrainisch unterrichtet. Nach Englisch ist Deutsch die wichtigste Fremdsprache. Wie an der Partnerschule des Schmalkalder Gymnasiums im westukrainischen Ternopil. Renate Kotulski, die vor 20 Jahren die Freundschaft mit begründet hat und diese persönlich begleitet, hatte ein Fotobuch mitgebracht. Voller Erinnerungen an gemeinsame Begegnungen in Ternopil und Schmalkalden. Junge Leute, die lachen, tanzen, sich umarmen. Unbändige Lebensfreude, von einer Minute auf die andere zerstört.

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