Professor Tim Friede, Leiter des Instituts für Medizinische Statistik der Universitätsmedizin Göttingen, erkennt an den Grafiken eindeutig, dass die Ausschläge der Sterbefallzahlen parallel zu den Wellen der Corona-Pandemie verlaufen. „Man sieht auch einen Zuwachs über die Pandemie-Jahre hinweg - und der ist höher, als sich durch die Alterung der Bevölkerung erklären lässt.“
Grippewelle fiel 2021 quasi aus
Im Februar und März 2021 starben dann aber weniger Menschen als im Schnitt der Vorjahre. Eine Ursache: Es gab neben Covid-19 kaum andere Atemwegserkrankungen. Die Grippewelle, die sich sonst immer deutlich in den Sterbefallzahlen abbildet, fiel 2021 quasi aus. Blickt man auf die Grafiken mit Grippewellen, zeigt sich für Prof. Friede, dass in den beiden Corona-Jahren die Spitzenwerte bei den wöchentlichen Todesfallzahlen nicht höher waren als in Jahren mit starken Grippewellen.
Im April und Mai 2021 lagen die Zahlen wieder leicht über dem Schnitt. „Im Juni fielen die erhöhten Sterbefallzahlen mit einer Hitzewelle zusammen“, berichtete Destatis. Im Juli und August bewegten sich die Zahlen wieder um den Meridian. Ab September ging die Kurve aber nach oben, im November mit einem Plus von 21 Prozent.
Covid-19-Todesfälle erklären erhöhte Sterbefallzahlen nur zum Teil
Laut Statistischem Bundesamt „erklärten die gemeldeten Covid-19-Todesfälle die erhöhten Sterbefallzahlen nur zum Teil“: Die Sterbefallzahlen stiegen stärker als die Zahl der beim Robert Koch-Institut gemeldeten Todesfälle. Dmitri Jdanov, Leiter des Forschungslabors Demografische Daten am Max Planck Institut für Demografische Forschung in Rostock, sieht dafür zwei mögliche Gründe.
Es könnten mehr Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben sein, als die Statistik ausweist - weil als Todesursache zum Beispiel Herzkreislaufversagen angegeben wurde. Die „Dunkelziffer“ könnte recht hoch sein. „Noch höher dürfte allerdings die Zahl der indirekten Todesfälle sein“, schätzt Jdanov: Operationen wurden verschoben, Vorsorgeuntersuchungen verpasst - auch diese Fälle müsse man der Pandemie zurechnen.