Schäden durch freilaufende Katzen
Umweltschützer verweisen auch auf die Schäden, die freilaufende Katzen bei Wildtierpopulationen verursachen können. Betroffen seien nicht nur Vögel, sondern auch Fledermäuse, Siebenschläfer und die Haselmaus oder Reptilien wie die Zauneidechse, so etwa das Thüringer Landesamt für Naturschutz. Die meisten Singvogelpopulationen hätten zwar ausgefeilte Vermeidungsstrategien entwickelt und verkrafteten in der Regel selbst beträchtliche Verluste. Bei geschwächten Populationen könnten Katzen aber unter Umständen zum Erlöschen lokaler Vorkommen beitragen.
Streunende Katzen - nach Erfahrung von Katja Hofrichter kennen viele Menschen diese nur aus dem Ausland. Dass auch hier Katzen unter erbärmlichen Bedingungen auf der Straße lebten, sei vielen unbekannt. Seit drei Jahren arbeitet sie ehrenamtlich bei der Katzenhilfe im Nürnberger Land, sucht Pflegestellen für kranke Tiere, begleitet diese zum Tierarzt und nimmt selbst geschwächte Katzen bei sich auf. "Es ist eigentlich uferlos", sagt Hofrichter. Sobald sie eine Katze aufgepäppelt habe, komme die nächste. Ähnlich ist es im Nürnberger Tierheim, wo rund 120 Katzen auf ein neues Zuhause warten.
Während der Pandemie ein Haustier zugelegt
Tierheime und Tierschutzvereine kommen nach Einschätzung des Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, bei Kastration und Versorgung der Tiere an ihre Grenzen. "In diesem Jahr sind wir alle abgesoffen", sagt die Vorsitzende der Katzenhilfe Hannover, Frauke Ruhmann. Ein Grund: die Corona-Pandemie und der zweite Lockdown, als sich viele Menschen ein Haustier anschafften, darunter auch Katzen. Viele dieser Tiere seien dann bald auf der Straße gelandet, oft nicht kastriert. Ein Grund dafür: Viele Katzenbesitzer scheuen die gestiegenen Tierarztkosten.
Die Lage sei lange bekannt, aber niemand fühle sich verantwortlich, kritisiert Boczek. "Sie wurden politisch und behördlich im Stich gelassen." Das Ergebnis: Fälle wie in Burgdorf, wo das Tierheim an einem Hotspot rund 30 Katzen in schlechtem Zustand einfangen muss, darunter Flitzi und Stöpsel. Zehn Katzen hätten die Helfer bisher erwischt, nicht alle hätten überlebt: "Es ist eine Katastrophe." Das Tierheim sei viele Jahre ihr Traumjob gewesen, sagt die 30-Jährige - "jetzt verfolgt mich mein Job im Traum".
Und doch ist etwas in Bewegung geraten: Eine Initiative der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen im niedersächsischen Landtag will das Wirrwarr der kommunalen Regelungen mit einer landesweiten Katzenschutzverordnung vereinheitlichen. Damit sollen künftig alle Katzen, die sich draußen aufhalten, gekennzeichnet, registriert und kastriert werden. Aber: "Jetzt stockt es wieder", kritisiert Ruhmann. Ohnehin gebe es bundesweit einen Flickenteppich von Verordnungen - 89 Prozent der Städte und Kreise hätten keine Regelung, sagt Schmitz.
Katzenschutzverordnungen in sechs Kommunen
In Bayern gibt es nach Angaben von Wojahn bisher erst in sechs Kommunen wirksame Katzenschutzverordnungen, die unter anderem eine Kastrationspflicht vorsehen. Deshalb fordert der bayerische Tierschutzbund eine landesweite Regelung - auch mit Blick auf die Landtagswahlen Anfang Oktober.
Doch noch etwas macht den Tierschützern zu schaffen: Wo Straßenkatzen auf engem Raum zusammenleben, droht Inzucht - wiederhole sich das über mehrere Generationen, dann "haben wir chancenlose kleine Mäuse wie Mikkel", sagt Ruhmann. Mikkel ist ein kleiner Kater, neun bis zehn Wochen alt, unterernährt, taub, große Augen und schneeweißes Fell - und er hat Schmerzen. In der Tierklinik stellt sich heraus: Sein Dickdarm arbeitet nicht, er leidet an Gendefekten - vermutlich die Folge von Inzucht. "Es war eine Frage der Zeit, ihm war nicht zu helfen", sagt Ruhmann. Aus der Narkose lassen ihn die Tierschützer aus Mitleid nicht mehr aufwachen.
Es gibt aber auch Erfolgsgeschichten: Viele Jungtiere ließen sich vermitteln, sagt Boczek. Und dann ist da eine schwarz-weiße Katze, eine einstige Straßenkatze, die vermittelt, aber dann vernachlässigt worden ist. Schließlich findet sie den Rückweg zum Tierheim, fordert lautstark ihr Futter - "und geht nicht mehr weg". Ein schlaues Tier.