Thüringer helfen "Das hätten wir nicht erwartet"

Gerd Dolge
Jeden Tag aufs Neue bedrücken Dieter Weiß die Überreste des Brandes, denen er täglich zuleibe rückt. Foto: Dolge

Manuela und Dieter Weiß haben durch einen Brand alles verloren. Die Hilfe der Nachbarn in Böhlen war und ist überwältigend.

 
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Böhlen - Der Brand ihres Hauses am 1. April hat ihnen alles genommen. "Wir standen buchstäblich mit Nichts draußen vor der Tür und mussten der Feuerwehr bei ihrer Arbeit zusehen. Das Schlimmste war", so Manuela Weiß gut 14 Tage nach dem verheerenden Brand ihres Wohnhauses in Böhlen, "dass wir selbst nichts tun konnten. Nur zusehen, wie unser Haus vom Feuer verwüstet wurde. Das Haus in Böhlen hatten wir vor sieben Jahren gekauft", sagt die 64-jährige Neu-Böhlenerin mit Rückblick auf den für sie und ihre Familie furchtbaren Montag. Sie selbst kann sich die Brandruine gar nicht mehr ansehen. Herz und Psyche machen sie sofort krank.

Ihr Ehemann Dieter geht jeden Tag zum Aufräumen zur Brandstelle, in das Haus Ortsstraße 57, das ihr Alterssitz werden sollte und in das sie seit sieben Jahren "wirklich jeden Pfennig hineingesteckt haben", wie er sagt. Der 64-Jährige erinnert sich noch genau, wie er an jenem 1. April nach dem Frühaufstehen mit Mischlingshund "Fuchs" eine große Runde ums Haus ging. Aber selbst oben am Berghang mit Blick aufs Haus hatte Dieter Weiß kein Feuer bemerkt. Erst ein Nachbar machte ihn darauf aufmerksam, dass es in seinem Haus wohl brennt. "Von außen war da noch nichts groß zu sehen", erzählt Dieter Weiß.

Aber nachdem er die Tür ins Haus geöffnet hatte, "ging es Schlag auf Schlag". Seine Frau Manuela stürzte notdürftig bekleidet und in dünnen Sandaletten aus dem Haus. Gemeinsam mit ihrem Sohn Marcel standen sie nun vor der Tür und mussten gut vier Stunden lang zusehen, wie das Feuer von innen heraus das Haus vernichtete. "Wir hatten plötzlich nichts mehr", erzählt Manuela Weiß und ihre Stimme beginnt zu zittern. "Wir standen vor dem absoluten Nichts und wussten nicht, wie es mit uns weitergehen sollte. Für uns war das Leben zu Ende, wie wir es gekannt hatten."

An diesem Punkt der tiefsten Betroffenheit erfuhren die Neu-Böhlener eine unerwartete Zuwendung mit solcher Wucht, mit solcher Hilfsbereitschaft und Macht, die Tränen in die Augen treibt. "Nachbarn boten uns sofort Zimmer an, in denen wir unterkommen konnten, da waren wir noch nicht einmal richtig abgebrannt." Darunter war auch das Angebot von Nachbar Bernd Staude, zufällig auch Bürgermeister von Böhlen, die Ferienwohnung hinter seinem Haus zu nutzen. Ein Angebot, das sie annahmen und das der Familie Weiß seither vorübergehend ein Heim auf Zeit gibt.

Noch am Nachmittag des Brandtages erhielten sie schnelle und problemlose Unterstützung. Heidrun Traute und Bärbel Klett suchten für die "Abgebrannten" passende Kleidung, konnten mit Decken und Bettwäsche und anderen Sachen helfen. "Gott sei Dank erhielten wir alles kostenlos und mussten nichts dafür bezahlen", schickt Manuela Weiß ein Stoßgebet gen Himmel: "Wir hatten nämlich bis auf zwölf Euro Kleingeld in den Hosentaschen meines Mannes kein Geld mehr. Auch keine Geldkarte mehr." Auch in diesem Punkt lobten die beiden Brandopfer die unkomplizierte und schnelle Hilfe der Sparkasse.

Bürokratisch war für Familie Weiß nur die Abmeldeformalität mit der Telekom und der GEZ: "Die wollten schriftlich bestätigt wissen, dass wir wirklich unser Haus durch einen Brand verloren hatten", sagt Weiß. "Was problemlos lief, das war die Abmeldung des Stroms beim Versorger ‚Polarstern‘. Das klappte prima."

Absolut nichts kommen lassen Manuela und Dieter Weiß auch auf ihre Sparkassen-Versicherung: "Da gab es von Anfang an keine Abstriche. Die haben sich schnell und unbürokratisch um uns gekümmert. Auch für die künftige Zusammenarbeit mit der Versicherung erhoffen sich Manuela und Dieter Weiß ein unproblematisches Agieren.

Dieter Weiß geht jeden Tag auf die Brandstelle. Der gelernte Kfz-Schlosser räumt auf, sucht Papiere, Dokumente, Übriggebliebenes, sortiert noch verwendbare Metallteile, Geräte und Ausrüstungsstücke aus. Jeden Tag kommt er dabei auch an jenem Teil im Haus vorüber, der inzwischen als Brandursache ermittelt wurde: Ein eigentlich funktionsloses Tonrohr vom Schornstein in der Zwischendecke zwischen Erd- und Obergeschoss, versteckt zwischen den Balken und abgeschirmt durch eine Wandverblendung aus Gipskarton leitete den Rauch zwischen den Wänden hindurch, ohne dass es zu sehen oder zu riechen war. "Dieses Rohr lag schon im Haus als wir es vor sieben Jahren gekauft haben. Es führte den Rauch zwischen den Balkendecken hindurch. Der Brand hätte schon viel früher entstehen können. Nun hat es uns getroffen."

Die riesengroße Anteilnahme vom Bürgermeister bis zu den Nachbarn und zu Dorfbewohnern, die sie nur vom Sehen kennen, war aber die andere, die glücklichere Seite der Medaille bei diesem Unglück. Dass sie das Haus wieder aufbauen, stand für Manuela und Dieter Weiß deshalb schnell fest. Solche Nachbarn hatten sie noch nicht erlebt: "Wir bleiben hier. Aus Böhlen kriegen sie uns nur in der Kiste wieder raus", formuliert es Dieter Weiß etwas drastisch. Mit einem kleinen Pathos setzt er hinzu: "Ich bin stolz, ein Böhlener zu sein!"

Der Verein "Freies Wort hilft - Miteinander Füreinander", das gemeinnützige Hilfswerk der drei Südthüringer Tageszeitungen, nimmt unter der Bankverbindung IBAN: DE39 8405 0000 1705 017 017 bei der Rhön-Rennsteig-Sparkasse Spenden für Familie Weiß mit dem Stichwort Brandopfer Böhlen an. Die Spenden sind steuerlich absetzbar.

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