Erfurt - Als Reaktion auf überbordende Kosten für die Sicherung stillgelegter Kali-Gruben in Thüringen hat die SPD die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verlangt. Um offene Fragen bei der Finanzierung der Kosten zu klären, müsse zu «schärferen parlamentarischen Mitteln» gegriffen werden, erklärte die SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Sozialministerin Heike Taubert, am Donnerstag in Erfurt. In einer öffentlichen Anhörung hatte sich zuvor der Umweltausschuss des Landtages mit den finanziellen Konsequenzen aus mehreren Verträgen zur Kali-Industrie aus den 1990er Jahren befasst.

Ein Vertreter des Düngemittelkonzerns K+S AG (Kassel) veranschlagte die Kosten in den nächsten 100 Jahren auf weitere 300 Millionen Euro. Dabei geht es um die stillgelegten Kali-Gruben Merkers und Springen, die K+S nach dem Fusionsvertrag mit der ostdeutschen Kali-Industrie von 1993 gehören. Der Vertrag stellt - wie andere Treuhandverträge auch - das Unternehmen von den Kosten für die Beseitigung von Umweltschäden aus DDR-Zeit frei. Durch den DDR-Kali-Bergbau waren riesige unterirdischen Hohlräume entstanden.

Taubert begründete die Forderung der Regierungspartei SPD nach einem Untersuchungsausschuss auch damit, dass bei der Anhörung die politische Verantwortung von Bund und Land bei der Finanzierung der Kosten offen geblieben sei.

«Ich sehe deshalb keinen anderen Weg, als einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, dem alle an den Verhandlungen zum Kali-Fusionsvertrag Beteiligten Rede und Antwort stehen müssen», erklärte Taubert, die persönlich nicht bei der Anhörung war. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach der Landtagswahl im September werde von der SPD-Fraktion unterstützt, sagte der Abgeordnete Frank Weber. Für Linke-Fraktionschef Bodo Ramelow stellt sich nun die Frage, «ob die SPD nun doch aus der Landesregierung ausgeschieden ist».

Der Chef der größten Oppositionsfraktion forderte die Landesregierung auf, die Zahlungen für die Sicherungsarbeiten in Merkers und Springen vorerst einzustellen. Derzeit zahle das Land monatlich rund zwei Millionen Euro an K+S. Für eine vorläufige Einstellung der Zahlungen plädierte bei der Anhörung auch der frühere Thüringer Staatskanzlei- und Finanzminister Andreas Trautvetter ( CDU).

«Ich würde an K+S nicht mehr zahlen, so lange K+S der Meinung ist, uns etwas zu verheimlichen», sagte Trautvetter. Bei der Anhörung hatte der Chefjurist des Düngemittelkonzerns, Daniel Laumann, es erneut abgelehnt, den Kali-Fusionsvertrag offenzulegen. «Die Pflicht zur Geheimhaltung gilt nach wie vor», sagte Laumann. Der Thüringer Landtag fordert eine Offenlegung.

Ramelow verwies auf die Auseinandersetzung zwischen K+S und dem Land vor dem Verwaltungsgericht Meiningen. K+S hat Thüringen auf die Zahlung der Kosten für die Sicherungsarbeiten verklagt, nachdem das Land ab November 2011 die Zahlungen für einige Monate eingestellt hatte. Inzwischen zahlt das Land wieder unter Vorbehalt. Nach Auffassung von Ramelow liegt das Prozessrisiko bei K+S, weil sich das Unternehmen nach Angaben der Landesregierung auch weigern soll, dem Gericht den verlangten Kali-Fusionsvertrag vorzulegen.

Nach Angaben des Leiters des K+S-Technikzentrums, Frank Hunstock, sind in den beiden Südthüringer Gruben in den kommenden 30 Jahren noch Arbeiten notwendig. In den 70 Jahren danach gehe es vor allem um die Überwachung der Gruben-Stabilität. «Das Bergwerk hat die doppelte Fläche der Stadt Erfurt.» Die in der Öffentlichkeit diskutierten 4,6 Milliarden Euro seien «Unendlichkeitskosten». «Techniker müssen in Jahrtausenden rechnen», sagte Hunstock. Für 2015 kündigte er ein neues unabhängiges Gutachten zu den Kosten der erforderlichen Sicherungsarbeiten an.

Thüringen muss nach Vereinbarungen mit dem Bund von 1999 die immensen Kosten für die Sicherungsarbeiten in den stillgelegten Gruben tragen. Der Bund hatte dem Land damals einen dreistelligen Millionenbetrag gezahlt, der jedoch längst aufgebraucht ist. dpa

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