Thüringen Ramelow fühlt sich von «Querdenken» bedroht und lässt Anzeige prüfen

Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen, zu Beginn der Sondersitzung des Landtags. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) lässt eine Anzeige prüfen, weil Unbekannte eine Grabkerze und einen Aufruf zu einer Demonstration der Bewegung «Querdenken» in Leipzig vor sein Wohnhaus gelegt haben.

 
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Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) fühlt sich von der «Querdenken»-Bewegung bedroht, nachdem Unbekannte eine Grabkerze und einen Aufruf zu einer Demonstration der Bewegung in Leipzig vor sein Wohnhaus gelegt haben. Zuvor sei in einer «Querdenken»-Gruppe beim Messenger-Dienst Telegram dazu aufgefordert worden, ihm Dinge vor die Haustür zu stellen, sagte Ramelow am Donnerstag in Erfurt. Die «Querdenken»-Bewegung protestiert seit Monaten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.

Die Polizei ermittelt inzwischen wegen des Verdachts einer Bedrohung. Ein Sprecher sagte, es sei von Amts wegen Anzeige erstattet worden. Ein «Tagesspiegel»-Journalist hatte bereits am Mittwochabend beim Kurznachrichtendienst Twitter auf den Telegram-Chat hingewiesen.

«Ja, ich fühle mich auch bedroht», sagte Ramelow am Rande einer Messe für Produkte zur Eindämmung der Corona-Pandemie am Donnerstag. Der Vorfall mache ihn außerdem traurig, weil in dem Mehrfamilienhaus auch eine Familie mit kleinen Kindern wohne. Das seien Menschen, die weder mit seiner Politik oder seinem Amt etwas zu tun hätten.

«Querdenken»-Initiator Michael Ballweg distanzierte sich von dem Chat bei Telegram. Dies sei keine offizielle Austauschgruppe der Initiative gewesen. Die Aktion stehe den Zielen der Initiative entgegen. «Mit solchen Mitteln erreicht man nur das Gegenteil», sagte Ballweg. In einer Telegram-Chatgruppe mit der Bezeichnung «Austausch - Querdenken (361 - ERFURT)» hatte jemand geschrieben, Ramelow sei als Bettvorleger Merkels bezeichnet worden. «Wir sollten Ramelow immer mal einen Bettvorleger vor seine Haustür legen.»

Dazu bemerkte Ramelow am Donnerstag: «Jetzt lernen wir, dass die Privatsphäre von politisch Verantwortlichen nicht mehr geachtet wird.» Sein Name stehe nicht an dem Wohnhaus. Seiner Ansicht nach wolle «Querdenken» Angst machen. Er finde das «unerträglich». «Mit dem Hinweis einer Grableuchte, die mir heute Nacht hingestellt worden ist, weiß ich, wie freisinnig diese Menschen sind und wie sie den Begriff der Freiheit verstehen, indem sie politisch Verantwortliche und ihre Familien einschüchtern.».

Die Thüringer Linke verurteilte die Aktion. «Diffamierungen, Drohungen und verbale Angriffe von rechts im Internet oder im Parlament gegenüber unserem Genossen Bodo Ramelow sind inakzeptabel», teilte der Landesverband mit. Thüringens Landtagspräsidentin Birgit Keller (Linke) schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter: «Protest ja; aber wenn Politiker*innen bis ins Private verfolgt oder sogar bedroht werden, verliert Protest seine demokratische Legitimation. Lasst uns streiten - aber mit Anstand und Respekt.»

Bei der Demonstration gegen die von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Maßnahmen werden am Samstag in Leipzig mehr als 20 000 Menschen aus verschiedenen Bundesländern erwartet. Da es zeitgleich mehrere Gegendemonstrationen gibt, bereitet sich die Polizei eigenen Angaben zufolge einen «sehr intensiven Einsatz vor, weil auf allen Seiten ein gewisses Radikalisierungspotenzial erkennbar ist». dpa

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