Themar/Erfurt – Die meisten der Rechtsextremen, die während des größten Rechtsrock-Konzerts auf deutschem Boden seit 1945 den verbotenen Hitler-Gruß gezeigt haben, sind noch immer nicht identifiziert. Bislang sei es der Polizei gelungen acht Personen zu identifizieren, die während eines rechtsextremen Musikfestivals im Juli in Themar eine entsprechende Straftat begangenen haben sollen, sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion unserer Zeitung. Immerhin sind das inzwischen fünf identifizierte Rechtsextreme mehr als etwa vier Wochen nach Beginn der Ermittlungen. Mitte August waren nach Angaben des Sprechers erst drei Neonazis identifiziert, denen vorgeworfen wird, im Festzelt den rechten Arm gehoben und laut „Heil“ oder „Sieg Heil“ gerufen zu haben.

Bei dem Rechtsrock-Konzert war es am späten Abend zu Szenen gekommen, die auch auf Video dokumentiert sind: Darauf ist zu sehen, wie dutzende, vielleicht sogar hunderte Neonazis während des Liedes einer Rechtsrock-Band den Hitler-Gruß zeigen. Allerdings sind auf den Videoaufnahmen kaum identifizierbare Gesichter zu erkennen. Polizisten hatten den Vorfall nach damaligen Angaben der Polizei zwar auch registriert. Allerdings war die Veranstaltung damals trotzdem nicht beendet worden. Stattdessen sei der Versammlungsleiter darauf hingewiesen worden, dass er solche Straftaten zu unterbinden habe, hieß es damals.

Inzwischen ist aber klar, dass die Polizei die Veranstaltung schon aus Gründen des Eigenschutzes nicht ohne Weiteres hätte beenden können. Damals waren nach Polizeiangaben bis zu etwa 6.000 Rechtsextreme in den Landkreis Hildburghausen gekommen. Als zahlreiche der Konzertbesucher den Hitler-Gruß zeigten, waren dagegen nur noch einige hundert Polizisten vor Ort – zu wenige, um das Konzert gegebenenfalls unter dem Einsatz von Zwangsmitteln aufzulösen, ohne die Gesundheit und vielleicht sogar das Leben von Beamten zu gefährden.



Die Polizei musste sich später auch mit dem Vorwurf auseinandersetzen, nicht mit ausreichenden Kräften zur Beweissicherung vor Ort gewesen zu sein. Die vorhandenen Videoaufnahmen stammen deshalb auch nicht von Polizisten, sondern von einem Journalisten.

Die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss rechnet angesichts der bisher eher dürftigen Ermittlungserfolge auch nicht mehr damit, dass die Mehrzahl der Sieg-Heil-Rufer noch identifiziert werden kann. „Wir hoffen, dass die Sicherheitsbehörden aus den Erfahrungen vom Sommer gelernt haben und die Maßnahmen für kommende Rechtsrock-Konzerte besser abgestimmt sind“, sagte sie. Am Samstag soll in Themar ein weiteres großes Neonazi-Festival stattfinden.

Gleichzeitig fordert König-Preuss, eine „einer Politik der Nadelstiche“, um die Attraktivität derartiger von Rechtsrockkonzerten für Neonazis zu senken. Zu dem Konzert im Juli seien die Neonazis mit zwölf Bussen und etwa 1.200 Autos angereist – ohne, dass dabei auch nur eine einzige Ordnungswidrigkeit durch die Polizei aufgenommen worden sei, sagte sie mit Verweis auf Angaben des Thüringer Innenministeriums auf mehrere ihrer Anfragen. Konkret forderte sie deshalb, bei solchen Konzerten zum Beispiel bei den Autos der Konzertbesucher zu überprüfen, ob diese ein Warndreieck und einen Verbandskasten mitführen, ob alle Lichter funktionieren und die TÜV-Plaketten ordentlich sind. Auch Falschparken müsse konsequent angezeigt werden.