Erfurt – Weil die Thüringer AfD sich in Debatten um die Flüchtlingskrise von anderen Parteien nicht ernst genommen fühlt, will die Partei nun außerparlamentarische Wege gehen. Für Mittwoch hat der Landesverband der AfD eine Demonstration in Erfurt angemeldet, die den Titel „Thüringen und Deutschland dienen – Asylchaos beenden!“ trägt. „Wir müssen unsere Positionen jetzt auf die Straße bringen“, sagte der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke, am Freitag in Erfurt, unserer Zeitung. Im Landtag versuche die AfD zwar alles, um mit ihrer politischen Argumenten durchzudringen. Die AfD-Fraktion sitze aber „einem Altparteienkartell“, „einem Thüringer Allerlei“ gegenüber, das sich Diskussionen mit der AfD verweigere. Aus der Thüringer Linken sowie von den Landes-Grünen kommt bereits scharfe Kritik an der angemeldeten Veranstaltung.
Höcke sagte, seine Partei erhalte zahlreiche Zuschriften und Anrufe von „besorgten Bürgern“. Diese Menschen wolle man mobilisieren, da eine weitere „Eskalation“ der „Asylkrise“ zu befürchten sei. „Wir versuchen, uns im außerparlamentarischen Raum Gehör zu verschaffen.“ Die Mobilisierung zu dieser ersten Kundgebung solle vor allem über die Sozialen Netzwerke laufen. Wie viele Menschen er erwartet, dazu wollte sich Höcke nicht festlegen. Die Partei habe keine Erfahrungen mit solchen Veranstaltungen sagte er. Er könne nicht sagen, ob 50 oder 500 Menschen kommen würden.
Aus der Anmeldung der AfD-Kundgebung bei der Stadt Erfurt, die unserer Zeitung vorliegt, geht allerdings hervor, dass die AfD zunächst mit eher wenig Zulauf rechnet. Auf dem entsprechenden Formular haben Vertreter der Partei 50 Menschen als erwartete Teilnehmerzahl eingetragen. Die beantragte Route soll ausweislich dieses Dokuments vom Domplatz in Richtung der Staatskanzlei führen. Eine Sprecherin der Stadt Erfurt bestätigte lediglich die Anmeldung der Veranstaltung selbst. Alle Weiteren Einzelheiten ergäben sich erst nach einem Kooperationsgespräch mit dem Anmelder, sagte sie.
Nach Angaben von Höcke hofft die AfD, diese Demonstrationen in den kommenden Wochen zu einem festen Termin zu entwickeln. Es gebe Überlegungen innerhalb der Partei, jeden Mittwoch in Erfurt zu demonstrieren, sagte Höcke. Die Bundespartei habe eine „Herbstoffensive“ ausgerufen, an der sich auch der Thüringer Landesverband der AfD beteiligen wolle.
Die Linke-Innenpolitikerin Katharina König kritisierte die geplante AfD-Kundgebung scharf. „Während in Thüringen von Kriminellen Flüchtlingsunterkünfte angezündet werden, meldet die AfD eine rassistische Hassdemonstration gegen die humanitäre Flüchtlingspolitik der Landesregierung an“, sagte sie. Mit einer betont aggressiven und rassistischen Sprache werde von den Organisatoren offenbar bewusst die Neonaziszene als Adressat gesucht. Die AfD Thüringen verstehe sich wohl zunehmend als parlamentarischer Arm von ?Neonazis. „Aus Brandreden können schnell Brandsätze werden, die auf Flüchtlingsunterkünfte fliegen, wie auch letzte Nacht in Gerstungen“, sagte König.
Ähnlich äußerte sich auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Astrid Rothe-Beinlich. Rassismus dürfe niemals mit Meinungsfreiheit verwechselt werden, sagte sie. Die AfD nutzt auf nahezu unerträgliche Weise derzeit jede Gelegenheit, um rassistische Ressentiments zu bedienen und Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Die AfD habe „die Zeichen der Zeit komplett verkannt und zündelt zudem extrem gefährlich am rechten Rand“. „Gerade jetzt gilt es, zu handeln und zu helfen. Und da ist jede und jeder gefragt“, sagte Rothe-Beinlich.
Höcke wies Vorwürfe, die AfD hetzte gegen Ausländer zurück. „Wir machen keine Stimmung gegen Flüchtlinge. Wir wollen die Stimme der Bevölkerung sein“, sagte er. Asylbewerber kämen aufgrund falscher Anreize nach Deutschland, für die „die Altparteien“ verantwortlich seien. sh