Die Verbraucherzentralen im Freistaat hätten in den vergangenen Monaten spürbar mehr solche Fälle vor die zuständigen Schlichtungsstellen gebracht oder Kunden dorthin verwiesen, sagte die Sprecherin der Verbraucherzentrale Thüringen, Katrin Braun, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Ein Grund dafür sei, dass es coronabedingt zu Einschränkungen in öffentlichen Personennahverkehr gekommen sei oder Kunden wegen Einschränkungen Bahn- und Flugreisen nicht hätten antreten können. Bei den Streitigkeiten gehe es häufig darum, die Kosten etwa für Abos oder Tickets vollständig oder anteilig erstattet zu bekommen.

Andere Schlichtungsstellen dagegen haben nach eigenen Angaben durch die Corona-Krise genauso viel oder sogar weniger zu tun. Allerdings stelle sie das Gebot, persönliche Kontakte möglichst zu vermeiden, teilweise vor besondere Herausforderungen, hieß es.

Unter anderem sind etwa bei den Industrie- und Handelskammern (IHK) Schlichtungsstellen angesiedelt, die Konflikte zwischen Lehrlingen und ihren Ausbildungsbetrieben ohne eine gerichtliche Auseinandersetzung lösen sollen. Die Sprecherin der IHK Erfurt, Katharina Reinhardt, und der IHK Südthüringen, Katja Hampe, erklärten übereinstimmend, die Streitgegenstände vor diesen Schlichtern hätten sich durch die Pandemie nicht geändert - auch wenn inzwischen viele Unternehmen um ihre Existenz bangten.

«Die Parteien streiten sich meist über die Rechtskraft von Kündigungen und Abmahnungen, seltener über Vergütungshöhen», sagte Reinhardt. Hampe sagte, solange die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, deutlich abgeschwächt bleibe und die Kurzarbeiterregelungen in Kraft seien, erwarte ihre Kammer auch keine Zunahme von Schlichtungsverfahren.

Allerdings sei die ausbildungsbezogene Streitschlichtung vor beiden Kammern während der Corona-Hochphase im Frühjahr ausgesetzt worden, sagten Reinhardt und Hampe. Grund sei, dass die Beilegung eines solchen Streits am besten gelinge, wenn sich die Streitparteien von Angesicht zu Angesicht gegenüber säßen. Das sei im März und April nicht möglich gewesen. Deshalb seien die entsprechenden Termine damals ausgefallen.

Die Idee, die Streitschlichtung ins Internet zu verlagern, lehnte Hampe ab. Der direkte persönlich Austausch erhöhe die Kompromissbereitschaft der Streitenden, sagte sie.

Anders ist die Lage bei der Schlichtungsstelle der Steuerberaterkammer Thüringen, wo in Konflikten zwischen Steuerberatern und deren ehemaligen oder aktuellen Mandanten vermittelt wird. Diese Verfahren würden grundsätzlich schriftlich durchgeführt, sagte die Sprecherin der Kammer, Doreen Hucke. Das sei zu Corona-Zeiten ebenso möglich wie zuvor auch.

Diese Vermittlungsverfahren beträfen vor allem Unstimmigkeiten mit Blick auf die Höhe der durch die Steuerberater abgerechneten Gebühren. «Eine Zunahme oder Abnahme der Beantragung von Vermittlungsverfahren ist im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie nicht zu verzeichnen», sagte Hucke. Auch hätten sich keine inhaltlichen Verschiebungen zu den Streitgegenstände ergeben.

Die einzige Auswirkung der Corona-Krise auf die Arbeit der Schlichtungsstelle der Steuerberaterkammer nach Angaben von Hucke: Die Steuerberater brauchen derzeit oft länger, um Stellungnahmen in den Verfahren abzugeben, weil sie für ihre Mandanten zum Beispiel bei der Beantragung von Soforthilfen stark eingebunden seien.

Unabhängig von der Corona-Krise haben die Verbraucherzentralen im Land nach Angaben von Braun derzeit viel mit Schlichtungsverfahren aus dem Bankensektor zu tun. Dabei gehe es vorwiegend um die Kündigung von Prämiensparverträgen durch Thüringer Sparkassen. Solche Verfahren dauerten in der Regel sehr lange, was vor allem an der schieren Masse der ausgesprochenen Kündigungen liege, sagte Braun. dpa

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