Thüringen Bestattungsbranche arbeitet an neuen Lösungen in der Pandemie

Eine Trauerschleife mit der Aufschrift «Letzter Gruß» auf einem Grab. Foto: Patrick Pleul, dpa

Die Corona-Krise stellt die Bestattungsbranche und Trauernde in Thüringen vor Herausforderungen. So führt die Pandemie bei manchen Bestattern zu Innovationen, die auch über Corona-Zeiten hinaus interessant sein könnten

 
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Gotha/Schmalkalden - Die Corona-Pandemie mit ihren Auflagen zur Eindämmung des Virus hat die Bestattungsbranche in Thüringen auch erfinderisch gemacht. So arbeitet der Landesinnungsobermeister des thüringischen Bestatterverbands, Gerd Rothaug, eigenen Angaben zufolge an einer elektronischen Lösung für eine virtuelle Trauerfeier. Ein Modell, das nicht nur in Corona-Zeiten nützlich sein könnte, meint Rothaug: «Letztlich ist es auch aus Umweltschutzgründen fraglich, ob gerade entfernte Bekannte und Verwandte immer zwingend eine lange Anreise zu Beerdigungen auf sich nehmen müssen.»

In Gotha wurde eine Kurzzeit-Urnenwand eingerichtet, in der die Gefäße mit den sterblichen Überreste bis zur aufgeschobenen Beisetzung aufgestellt werden, wie der Geschäftsführer des Bestattungsinstituts Gotha, Ronald Häring, berichtet. So hätten die Hinterbliebenen die Möglichkeit, im entsprechenden Rahmen Abschied zu nehmen.

Die Branche hofft bei weiteren Corona-Auflagen auf Augenmaß. «Für Hinterbliebene sind Trauerfeiern immens wichtig. Erdbestattungen können aber nicht einfach wiederholt oder aufgeschoben werden wie eine Hochzeit», sagt Rothaug. «Es müssen praktikable und einheitliche Lösungen gefunden werden, damit Trauerfeiern im angemessenen Rahmen stattfinden können.» Während in Thüringen Urnenbeisetzungen bis zu sechs Monate verschoben werden können, müssen Beisetzungen in der Erde innerhalb von zehn Tagen vorgenommen werden.

Von März bis in den Mai, als es besonders viele Beschränkungen für das öffentliche Leben gab, waren die Trauerhallen im Freistaat grundsätzlich geschlossen, für Beerdigungen galt eine drastische Begrenzung der Teilnehmerzahlen. Während in einigen Regionen die Auflagen mit der Zeit gelockert wurden, seien die Regelungen zum Beispiel in Gotha sehr restriktiv geblieben, sagt Häring. Besonders hart sei für die Angehörigen der Verzicht auf Umarmungen während der Beerdigungen. «Natürlich haben wir dafür Verständnis, aber wir appellieren an die Vernunft der Menschen, die Auflagen einzuhalten», sagte Häring.

Rein wirtschaftlich habe die Corona-Krise wegen der kleineren Trauerfeiern bislang durchaus finanzielle Einbußen im Bestattungsgewerbe verursacht, sagte Rothaug. Existenzbedrohend seien diese aber bisher nicht gewesen.

Anfang März sei es schwierig gewesen, die nötige Schutzausrüstung für den Abtransport von Corona-Toten zu besorgen. Dass die Bestatter im kompletten Schutzanzug ausrücken müssten, sei aber keineswegs eine Neuerung, sondern gehöre zum Alltag eines Bestatters, ergänzte Häring. Für hochansteckende Krankheiten wie Krankenhauskeime oder Hepatitis sei der Vollschutz ohnehin vorgeschrieben.

Von der Politik wünscht sich Ronald Häring vor allem, dass das Bestattungswesen auch im Freistaat als «systemrelevant» eingestuft wird. Im Frühjahr hatten Menschen in systemrelevanten Berufen oft Anspruch auf Notbetreuung ihrer Kinder, als Schulen und Kitas geschlossen waren. Sollte es wieder zu so einer Situation kommen und Bestatter diesen Anspruch dann nicht haben, könnten auch für Todesfälle ohne Bezug zu Corona Engpässe entstehen, fürchtet Häring. «Denn wer soll die Toten abholen, wenn unsere Mitarbeiter für die Kinderbetreuung zu Hause bleiben müssen?»

In Thüringen gibt es Rothaug zufolge aktuell etwa 200 Bestattungsunternehmen, etwa die Hälfte ist Mitglied im Bestatterverband. dpa


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