Thüringen Besondere Zeitreise: Saga rockt nochmal

Gut dreieinhalb Jahrzehnte nach dem legendären Konzert kehrt die kanadische Rockformation Saga nach Suhl zurück. Es ist zwar nicht das erste Mal, doch die Erinnerungen und Erwartungen sind diesmal besonders groß.

 
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Die Single-Charts in Westdeutschland wurden gerade von Laid Back mit dem Song "Sunshine Reggae” angeführt, als im Osten ganz andere Töne erklangen. Im kleinen Suhl, vom großen Berlin aus gesehen weit hinter den Bergen, da rockte es nämlich gewaltig. Am 29. September 1983 startete die kanadische Progressive-Rock-Band Saga in der damaligen Stadthalle der Freundschaft ihre Welttournee "Heads Or Tales". Es war eine Sensation, was an jenem Donnerstag vor 3000 ostdeutschen Musikfans geschah. Manchem wurde das wohl erst richtig bewusst, als die Jungs aus Toronto nur gut eine Woche später im Westfernsehen bei Thomas Gottschalk in der Samstagabendshow "Na sowas!?" auftraten.

Das ist jetzt über 36 Jahre her, doch in Suhl ist die Erinnerung an das damalige Konzert noch immer präsent. Dabei hatte Saga zwischenzeitlich durchaus noch einmal einen Auftritt in der Stadt, den allerdings hatte kaum jemand so richtig mitbekommen. 2001 waren nur ein paar Hundert Fans da, als die Kanadier zurückkehrten. Sie spielten dennoch. Jene wenigen, die dabei waren, sind froh, dieses sehr persönliche Konzert miterlebt zu haben.

Doch es ist das Konzert von 1983, um das sich bis heute Legenden ranken und das bis heute manchem Tränen in die Augen treibt. Alles was in der DDR-Rockmusik damals Rang und Namen hatte, war nach Suhl gekommen, um die Kollegen aus dem "Nichtsozialistischen Wirtschaftsraum" zu erleben. Nicht nur als Konzertbesucher waren die Ost-Rockstars in der Halle, sie beobachteten auch die Aufbauarbeiten und den Soundcheck mit Argusaugen.

Die Halle war technisch und auch in Bezug auf die Logistik auf dem neuesten Stand, "höchstes Niveau", wie man damals sagte, war hier Standard. Dank Saga gab es nun auch noch die neueste transportable West-Technik zu sehen, von der fast alle Musiker in Ostdeutschland bestenfalls träumen konnten: Lautsprecheranlagen, die an die Saaldecke montiert wurden und die allerneueste Lichttechnik, die damals auch für viele Formationen im Westen weder verfügbar noch erschwinglich war.

SED-Bezirkschef Albrecht soll damals übrigens getobt haben, als er erfuhr, dass nach der Westberliner Formation Tangerine Dream schon wieder eine Westgruppe in seinem Suhl auftreten sollte. Etwa 200 Sitzplätze blieben damals wohl auf Weisung der Partei leer, wie der damalige Stadthallen-Chef, Heinz-Lothar Senz, vor zwei Jahren gegenüber dieser Zeitung berichtete. Die meisten jungen Leute, die wegen der Musik gekommen waren, standen damals aber sowieso eher mit hochgerissenen Armen singend, klatschend und tanzend in der Arena und hatten nicht die Plätze auf den Rängen. Das Jugendfernsehen zeichnete die Show auf und strahlte sie später in voller Länge und mit während der Pausen aufgezeichneten Interviews aus.

Rücktritt vom Rücktritt

Auch Saga-Frontmann Michael Sadler ist der Tourstart in Suhl bis heute in Erinnerung. "Das war für uns nicht nur ein Tourstart, es war die größte Produktion, die wir je gemacht haben. Wir waren mit drei großen Trucks und vielen Bussen unterwegs und haben damals die ganze Stadt zugeparkt", sagte er viele Jahre später in einem Interview.

Inzwischen waren die Musiker auf die Bahamas umgezogen, wo sie auch einige Alben produzierten - mitunter gerieten die eher in die Nähe des Sunshine Reggae als in die des progressiven Rock. Der Kalender zeigt 2017, als Michael Sadler dann den endgültigen Abschied der Formation von der Bühne verkündet. Nach 21 Alben, zehn Millionen verkauften Tonträgern und vier Jahrzehnten als eines der zuverlässigen Pferde im internationalen Rock’n’Roll-Zirkus. Die damals als Abschiedstournee angekündigte Konzertserie hatte sogar noch einen Stopp in Thüringen, zwar nicht in Suhl, sondern in Weimar.

Umso größer dann die Überraschung, als es hieß: Die Musiker kehren 2019 zunächst für fünf, und dann, 2020, für ein weiteres gutes Dutzend Konzerte auf Bühnen in Deutschland zurück - Saga rockt tatsächlich noch einmal im Suhler Hallenrund. Übrigens wieder - wie schon 1983 - an einem Donnerstag.

Beobachter am Rande

Darüber freut sich auch Ulf Greiser vom CCS. Er berichtet, dass es kein Zufall ist, dass Saga wieder hier zu erleben sein wird: "In diesem Jahr feiern wir 25 Jahre CCS, in zwei Jahren dann das 50. Jahr des Bestehens der Stadthalle. Darum haben wir uns Gedanken darüber gemacht, welche wichtigen Meilensteine es in dieser Zeit im Haus gegeben hat. Also lag es auf der hand, an den Tourveranstalter heranzutreten und ihm einen Auftritt hier ans Herz zu legen." Das war Ende 2018 und hat geklappt. Greiser berichtet, dass derzeit Verhandlungen mit weiteren Künstlern laufen, die einst in Suhl aufgetreten waren: "Da könnten noch einige Highlights auf uns zukommen."

Er selbst war 1983 beim Auftakt der Welttournee mit dabei. Wenn auch nur am Rande: "Ich war noch nicht volljährig, und durfte darum nicht mit rein. Abgesehen davon hatte ich auch keine Karte." Allerdings trainierte er am Konzertabend in der benachbarten Turnhalle. "Da sind wir natürlich zu den Seiteneingängen der Stadthalle gegangen, wo bereits viele Rockmusik-Fans standen, die keine Karten bekommen hatten." Damals war die Halle noch so gebaut, dass man bei geöffneten Türen von den Seiten bis auf die Bühne blicken konnte, die Musik war sowieso laut genug, um sie zu hören. "Das war selbst draußen noch ein beeindruckendes Erlebnis, an das ich mich bis heute erinnere", bekennt Ulf Greiser.

Michael Sadler, Frontmann und Sänger, die Gitarre und Bass spielenden Brüder Ian und Jim Crichton, Keyboarder Jim Gilmour und Schlagzeuger Mike Thorne gastieren nun inmitten ihrer aktuellen Welttournee "Out of Shadows" im Thüringer Wald. Als "Missverständnis" bezeichnete Sadler inzwischen den zuvor angekündigten Rückzug aus dem Showgeschäft in einem Interview. Nun ja, das kennen wir auch von anderen Showgrößen . . .

Anders als 1983 wird der Große Saal im CCS diesmal komplett bestuhlt sein - eine Herausforderung für alle Musiker, denn sie müssen die Leute erst einmal von ihren Plätzen hochbekommen, damit die Stimmung die eines echten Rockkonzerts und nicht die einer gepflegten konzertanten Abendunterhaltung wird. Dass den gestandenen Musikern das bei ihrem nun wahrscheinlich tatsächlich letzten Auftritt in Suhl gelingen wird, bezweifelt niemand.

Saga live in Suhl: Donnerstag,
5. März, 20 Uhr CCS, Großer Saal. Eintrittskarten (ab knapp 46 Euro) sind im Vorverkauf auch in den Geschäftsstellen dieser Zeitung und online erhältlich unter: www.lesershop-online.de

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