Thüringen Anklagen zu angeblicher Corona-Party in Neustadt

Eike Kellermann
Neustadt wurde im März als bislang einziger Ort in Thüringen für zwei Wochen komplett abgeriegelt. Foto: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa

Die mutmaßliche Corona-Party in Neustadt am Rennsteig hat ein Nachspiel: Die Staatsanwaltschaft klagt zwei Männer an, unter anderem wegen eines tätlichen Angriffs auf Beamte.

 
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Erfurt - Die mutmaßliche Corona-Party in Neustadt am Rennsteig machte Anfang April bundesweit Schlagzeilen, nun folgt ein gerichtliches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Erfurt teilte auf Nachfrage unserer Zeitung mit, dass sie gegen zwei Männer Anklage erhoben hat. Es dürfte sich thüringenweit um eine der ersten Strafsachen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie handeln, womöglich sogar um die erste.

Den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge soll sich ein 56-jähriger Mann am Amtsgericht Ilmenau wegen des Vorwurfs verantworten, Vollstreckungsbeamte tätlich angegriffen zu haben. Das Strafmaß liegt zwischen drei Monaten und fünf Jahren Haft. Überdies wird dem Mann versuchte Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. Außerdem soll er Polizeibeamte beleidigt und deren Einsatz mit dem Handy gefilmt haben. Neben diesen Straftaten soll er gegen Quarantäne-Bestimmungen verstoßen haben, das wäre eine Ordnungswidrigkeit. Am Amtsgericht Arnstadt soll sich ein 19-jähriger Mann verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor sowie einen Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz.

Nach einem gehäuften Auftreten von Corona-Infektionen hatte Ilmkreis-Landrätin Petra Enders Neustadt am Rennsteig unter Quarantäne gestellt. Am 5. April, dem letzten Tag der Quarantäne, versammelten sich nach damaligen Angaben der Polizei rund 20 Personen, um zu grillen. Damals galt jedoch ein strenges Kontaktverbot. "Auf das erste Ansprechen der Einsatzkräfte verhielten sich mehrere Personen sofort verbal aggressiv und verweigerten zum Teil die Angabe ihrer Personalien", hieß es im Polizeibericht. In Richtung der Beamten sei gespuckt worden. Den Angaben zufolge leisteten zwei Männer derart starken Widerstand, dass sie fixiert werden mussten. Offenbar wurde gegen diese beiden nun Anklage erhoben.

Mutmaßliche Augenzeugen bestritten im Gespräch mit unserer Zeitung die Darstellung der Polizei. Ihnen zufolge gab es an jenem Sonntag keine Party und auch keine größere Menschenansammlungen in Neustadt. Eine kleine, einstellige Zahl von Einwohnern sei auf ihren jeweils eigenen Grundstücken im Freien gewesen, es habe kein Grill auf der Straße gestanden. Alles in allem habe es sich um eine "ganz normale dörfliche Szene in der Quarantäne" gehandelt. Die beiden Amtsgerichte müssen nun entscheiden, ob sie die Anklagen zulassen, dann käme es zu einer Verhandlung.

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