Vor einem Einkaufszentrum in Zella-Mehlis räumt ein Paar mittleren Alters gerade Kofferraum und Rücksitze seines Kombis voll. Immerhin drei Einkaufswagen haben die beiden proppevoll vollgeladen, neben Obstkonserven, die sie paketweise verstauen, haben sie auch mehrere Kisten Sekt, einige Tüten Mehl, zwei Paletten Milch und etliche Tüten Zucker und Eier gleich paketweise gekauft. Auf die über den Parkplatz gerufene Frage eines jungen Mannes, ob sie denn den Laden schon leergekauft hätten, antwortet die Dame etwas angenervt, dass eine Familienfeier ins Haus stünde und sie vorhabe, den Nachmittag und Abend damit zu verbringen, für diesen Anlass Kuchen zu backen. Der Mann packt unterdessen in aller Seelenruhe weiter die Einkäufe ins Auto. Nicht jeder, der einen Großeinkauf tätigt, ist also ein Hamsterkäufer. Und für die allermeisten Menschen geht das Leben sowieso weiterhin seinen gewohnten Gang.
Dennoch ist in diesen Tagen einiges etwas anders als gewohnt. Vielleicht liegt es auch daran, dass man mitunter auch vermehrt auf Dinge achtet, die einem sonst nie aufgefallen wären. Immerhin gibt es nun auch in Thüringen die ersten bestätigten Fälle von Ansteckungen mit dem Coronavirus. Erste Kultur- und Sportveranstaltungen werden abgesagt, in sonst gut besuchten Gaststätten ist plötzlich problemlos ein Platz zu bekommen.
Lieferungen wie gewohnt
Es ist Anfang März 2020, als der Handelsverband Deutschland sich gemüßigt sieht, mitzuteilen, dass die Lieferstrukturen funktionierten und die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet sei. Der Sprecher einer großen Handelskette sagt in einem Interview zu den augenscheinlichen Engpässen schulterzuckend: "Es ist irrational, aber es ist eben so."
Von einem anderen Unternehmen, einem der Platzhirsche des deutschen Einzelhandels, heißt es, es gebe trotz einer spürbar erhöhten Nachfrage "keine Engpässe in der Warenversorgung". Die routinemäßige Versorgung der Märkte würde wie gewohnt fortgesetzt, sollte das eine oder andere Produkt vergriffen sein, sei es mit der nächsten regulären Lieferung wieder verfügbar. Es gebe insgesamt keine Produkte, bei denen ein Mangel bestehe, die Großhandelslager seien gut gefüllt. Mitunter dauere es aber eben zwei, drei Tage, ehe die Laster aus den Zentrallagern wieder ihre Runden in der Region drehen.
"Eigentlich", sagt ein Marktleiter, "sollte sowieso jeder einen gewissen Vorrat im Haus haben. Nicht wegen der überdrehten Angst, die sich gerade breit macht, sondern, weil man auch so einfach mal krank werden kann oder unangekündigter Besuch in der Tür stehen könnte."
Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht, denn es macht schon einen Unterschied, ob man nun Eierlikör, Kekse und Knabberkram für Freunde bereithält oder in der echten oder auch nur gefühlten Angst davor lebt, dass die Versorgung mit lebensnotwendigen Produkten in absehbarer Zeit zusammenbrechen könnte.
Kaum ein Nachkommen
In der Suhler Innenstadt berichtet eine Verkäuferin von ihren Erlebnissen: "Die Leute sind manchmal unmöglich, manche reagieren so, als gebe es ab morgen gar nichts mehr zu kaufen." Und tatsächlich sind in dem Discounter, in dem sie an der Kasse sitzt, H-Milch mit 3,5 Prozent Fettgehalt, billiges Mineralwasser und preiswerte Nudeln, aber auch einige Fertiggerichte abverkauft. "Morgen kommt neue Lieferung", beruhigt sie eine Kundin und zeigt kopfschüttelnd in Richtung der Kosmetikregale. "Desinfektionsmittel und feuchte Tücher sind weg, aber ganz normale Seife gibt’s ja zum Glück auch noch", frotzelt sie: "und das Wasser kommt ja immer noch aus der Leitung."
In einem Selbstbedienungskaufhaus sind am Dienstagvormittag keine Haferflocken zu finden. Auf die Frage, ob diese denn ausverkauft seien, bittet eine Verkäuferin um Entschuldigung: "Wir kommen mit dem Nachräumen kaum hinterher. Ich kann Ihnen aber gern ein paar Packungen aus dem Lager holen, wenn ich gleich sowieso zum Auffüllen hinter gehe." Als dies nicht dringend nötig ist, kassiert sie weiter. In der Schlange wird rege diskutiert. Während des Kassiervorganges berichtet die Verkäuferin einer Stammkundin, am Nachmittag hätte eine Käuferin, die einen ganzen Karton mit den Getreideflocken im Wagen stehen hatte, bei ihr nachgefragt, was man eigentlich damit anfangen könne, sie selbst kenne Haferflocken sonst eigentlich nur als Tierfutter. Man ist geneigt, zu meinen , dass ja vielleicht auch dieser Einkauf für die Katz’ gewesen sein könnte.
Sarkasmus und Humor
Ein Kunde meint, dass der gute Abverkauf von Lagerbeständen dem Verkaufspersonal entgegenkommen würde: "Die Inventur zum Quartalsende geht dann jedenfalls schneller." Der Handelsverband Deutschland jedenfalls sieht kein Problem bei der Versorgung, auch wenn das Virus "die Konsumstimmung und das Kaufverhalten beeinflussen".
Dass nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird, ist auch in den sozialen Netzwerken zu sehen. Corona sorgt dort nicht nur für Angst, sondern auch für Lacher, und sei es nur mit der entsprechend illustrierten Feststellung, dass so mancher Zeitgenosse mit einer eigentlich ungeeigneten Atemschutzmaske besser aussehe als ohne eine solche.
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