Suhler Singakademie Trost und innerer Friede in schwerer Zeit

Mit einem wahrlich historischem, auf höchstem musikalischen Niveau stehenden Konzert meldet sich die Suhler Singakademie endgültig in der Reihe Südthüringer Spitzenchöre zurück. Von „sensationell“ bis „tief beeindruckend“ reichen die Kommentare der Besucher.

 
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Was Chorleiter Lukas Gebelein in den wenigen Monaten seiner Tätigkeit aus der Suhler Singakademie gemacht hat und was er aus diesem seit 1976 bestehenden Klangkörper herausholt, ist aller Ehren wert und versetzte beim Konzert am Samstagabend in der altehrwürdigen Hauptkirche selbst eingefleischte Freunde des chorsinfonischen Ge-sangs in Entzücken. Dort interpretierte der Chor in einem bemerkenswerten A-capella-Konzert unter dem Titel „Da pacem Domine – Gib uns Frieden Herr“ Chormusik aus mehreren Jahrhunderten. Darunter einige höchst anspruchsvolle Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Johann Adam Hiller und Heinrich Schütz.

Ukrainische Besucher

Dies vor allem, da der Chor noch im vergangenen Jahr im erbittert ge-führten Streit um seinen Ex-Chordirektor Robert Grunert vor einer Zerreißprobe stand und sich unter Lukas Gebelein einem Neuanfang stellen musste. Nicht nur Matthias Gering, als Vorsitzender des Kulturausschusses monatelang mit den Vorgängen bei der Singakademie befasst, zeigte sich am Ende des Konzert völlig begeistert von den klanglichen Qualitäten des Chores.

Schnell verbreitete sich besinnliche und tief ergriffene Stimmung unter den mehr als 300 Besuchern im voll besetzten Kirchenschiff und auf den zum Teil auch besetzten Emporen. Darunter waren auch etwa zwei Dutzend in Suhl untergekommene ukrainische Kriegsflüchtlinge, für die der Chor über das Sozialdezernat der Stadt Freikarten zur Verfügung gestellt hatte. Spätestens als das namensgebende Lied des Konzerts „Da pacem Domine“ des estnischen Komponisten Arvo Pärt erklang, breitete sich ein vom innigen Wunsch nach Frieden in der Ukraine und der Welt getragener meditativer Geist in der Kirche aus. Auch wenn sich Pärts Klangsprache vielen Zuhörern nicht gleich erschloss, so hörten sich die meisten doch schnell ein. So mancher Besucher verharrte bei den spirituell und sehr berührend wirkenden, schwingenden Akkorden des Werks im innigen Gebet. Gefolgt von „Peace I leave with you“ und Mendelssohn-Bertholdys „Verleih uns Frieden“ bildete dieser Mittelteil des Konzert zugleich seinen Höhepunkt. Verblüffend, wie das bereits von Heinrich Schütz im 16. und 17. Jahrhundert geschaffene Werk „Gib unserem Fürsten“ zur Weltsituation im Jahr 2022 passt. „Gib unserm Fürsten und aller Obrigkeit Fried’ und gut Regiment, dass wir unter ihnen ein ruhig und stilles Leben führen...“, heißt es da.

Viele andere Beiträge des Abends näherten sich aus unterschiedlichsten Blickwinkeln und Epochen dem Thema Frieden und zeigten dessen umfassende und vielfältige Bedeutung. Immer wieder trat Friede dabei als etwas zutiefst persönliches, Selbstheilendes in Erscheinung. So wurde in den 15 Beiträgen des Abends auch Abschied und Trost thematisiert und Friede somit als Antwort auf Klage und Verlust besungen.

Gebelein verstand es brillant, die Sängerinnen und Sänger an das Thema Frieden heranzuführen und dieses stimmlich zum Ausdruck zu bringen. So sang bei den Alt-Stimmen der Sängerinnen ein Countertenor mit, der in diese Stimmgruppe ein besonderes Klangbild und Volumen brachte und das Wort Frieden in diesen tiefen Frauenstimmen noch deutlicher zum Vorschein brachte. Ein gelungener Schachzug von Lukas Gebelein, der einmal mehr die Extraklasse des mitreißenden jungen Mannes, der im nächsten Jahr mit der Singakademie sein Prüfungskonzert als Chordirektor bestreiten wird, unterstreicht.

Herausragend und sich abhebend von den anderen Beiträgen war das traditionelle afroamerikanische Spiritual „Deep River“ von Russell Robinson, das manch Musikfreund in Suhl bereits in „A child of our time“ von Michael Tippett gehört haben dürfte. Der in Amerika teilweise als Filmmusik verwendete Titel bestätigte einmal mehr die große stimmliche Vielfalt der Singakademie, die angesichts der besonderen Akustik in der Kirche richtig zum Tragen kommen konnte.

Tröstlicher Abschluss

Mit „Komm, Trost der Welt“ klang das denkwürdige Konzert schließlich überaus tröstlich aus. Der überaus besinnliche Text zu dem von Christian Lahusen komponierten Werk kommt aus der Feder von Joseph von Eichendorff und bildete einen würdigen Abschluss, der so manchem Besucher eine Gänsehaut über den Rücken laufen ließ. Deshalb verzichteten Zuhörer und Chor auch auf eine Zugabe. Stattdessen setzte Lukas Gebelein die dritte Strophe des Liedes etwas ab, um der in der Kirche herrschenden ergriffenen Stille Zeit zu geben. Danach entließ der Chor die Besucher befriedet, tief berührt und entspannt nach Hause.

Die am Abend des Maifeiertags in der Stadtkirche Königsee geplante zweite Aufführung des Konzerts musste der Chor coronabedingt leider kurzfristig absagen.

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