Steinbach-Hallenberg „Boas ä all Huis konn verzeel“ – Teil 3

Auf der Familienbank ist Zeit für Filme und zum Ausruhen, hier genutzt von Andrea König (Dritte von links) und Steinbach-Hallenberger Stadtführern. Links der Türstock im runden Bild mit den geheimnisvollen Notizen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Vorsicht mit dem Kopf“, sagt Andrea König, als sie auf die viertelgewendelte Holztreppe in die oberste Etage des historischen Stockhauses einbiegt. Die Decke ist nicht hoch und beim unbedachten ersten Schritt auf die unterste Stufe stößt mit dem Kopf an, wer nicht aufpasst. Auch oben ist es eng, die Dachschrägen schränken den Bewegungsspielraum ein. Dielenfußboden, Balken und Leisten schaffen eine gemütliche Atmosphäre.

Dort oben in der letzten Etage erwartet den Besucher eine kleine Exkursion, die den Weg des Flachs vom der krautigen Pflanze bis zum spinnfertigen Leinen beschreibt. Ein damals verbreitetes Handwerk, das auch im Heimathof gegenüber Ausstellungsthema ist. Dort wird der nächste Arbeitsschritt anhand eines Webstuhls gezeigt, auf dem die gesponnene Wolle weiterverarbeitet wurde.

Im Haselgrund war die Ver- und Weiterverarbeitung der Naturfaser in alten Zeiten aber meist kein Hauptgewerbe. Nur in Herges erlebte sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine gewisse Blüte im Tal. Das zeigt eine Statistik, die noch die verstorbene Museumsleiterin Veronika Jung erstellt hat. Ansonsten diente das Spinnen und Weben in der Region hauptsächlich dem Nebenerwerb.

Sendung mit der Maus im Haseltal

Vor den Exponaten steht unter der Dachschräge eine nachempfundene Familienbank, auf dem sich Eltern mit ihren Kindern nach dem langen Aufstieg durch das Museum zur Erholung niederlassen können. Auf dem Schrank vor ihnen schauen sie auf einen Monitor, auf dem Erklärfilme laufen, sagt Andrea König. Hier sind die einzelnen Arbeitsschritte noch einmal in Bewegtbildern in Szene gesetzt. Außerdem gibt es einen mehr als 50 Jahre alten Film mit der Maus, der sich rund um die frühe Zangenherstellung in Deutschland dreht. Zum Maus-Jubiläum im Jahr 2021 erzählte das Filmteam die Geschichte der Zangenherstellung erneut – und der wurde in der Steinbach-Hallenberger SWM Werkzeugfabrik GmbH & Co. KG im Gewerbegebiet am Stiller Berg gedreht. Auch diesen und einen Film über das Weben gibt es hier zu sehen.

Mit der möglichen Bettschwere nach dem Rundgang und den vielen Informationen folgt als letzter Ausstellungsraum folgerichtig die Bodenkammer als Schlafraum. Auf dem alten Holzbett liegt alte Bettwäsche. Das Kopfkissen sei im Übrigen nicht kaputt, erklärt die Kuratorin. Es sei bewusst offen, damit Generationen, die es nicht mehr kennen, die Strohfüllung darin erkennen können. Daneben steht eine Kommode mit den authentischer Waschschüssel, Seifenschale und einem Krug.

Auf der anderen Seite des Bauernhauses schlossen sich einst Stall und Scheune an. Beide stehen nicht mehr, stattdessen schmiegt sich heute der L-förmige Neubau der Tourist-Info an das alte Haus. Die heute verschlossene Tür zum Stall führte einst auch zum Plumpsklo. Und der Gang dorthin, so Andrea Königs amüsante Randinformation, hieß deshalb Schissgaang oder auch Schissgängle. Interessant auch für Steinbach-Hallenbergs Stadtführer, die fortan auch hier für Führungen gebucht werden können. Ein noch ungelöstes Geheimnis stellen die Zahlen auf dem Türstock zur Bodenkammer dar. Bisher konnte niemand sagen, was sie bedeuten. Wer eine Idee habe, könne sich gerne im Museum melden.

„Und das ist nun der der zweite Teil der neuen Dauerausstellung, die von Veronika Jung über mich und nun an die neue Museumsleiterin, Tanja König, übergeben wurde“, erklärt Andrea König und lädt Gäste aus nah und fern zum Besuch ein. Allerdings eilt der nicht, denn die Ausstellung soll hier für mindestens 20 Jahre zu sehen sein.

Mit dem letzten Baustein können sich Besucher nun ein umfangreiches Bild machen vom Leben und Arbeiten in der Region in den vergangenen Jahrhunderten bis etwa in die 30-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Angefangen auf der gegenüberliegenden Seite der Hauptstraße mit der authentischen Nagelschmiede, der Korkenzieherwerkstatt – die Veronika Jung einst als komplettes Haus auf Tiefladern auf das Museumsgelände fahren ließ – und der Feilenhauerei. Im Heimathof und nun auch im historischen Bauernhaus rundet die neue Dauerausstellung das Bild erklärend ab.

Bei all der Geschichte zu historischen Gewerken legt König Wert darauf, die heutigen Handwerker der Region nicht zu vergessen. Wie sie hier beim Projekt Bauernhaus in schweren Zeiten zusammenarbeiteten, trotz Preisdruck und Pandemie Termine und Angebote hielten, habe gezeigt, dass sie ihrer Tradition immer noch gerecht werden.

www.metallhandwerksmuseum.de

Autor

 

Bilder