Hilfe für die Ukraine "Handballerbus" ist fast am Ziel

, aktualisiert am 03.03.2022 - 10:28 Uhr

Der „Handballerbus“ kam gut voran auf dem Weg zur ungarisch-ukrainischen Grenze - laut einer Textnachricht sind die Helfenden am Donnerstagmorgen noch 90 Kilometer von ihrem Ziel entfernt. Begleitet wird er in der Heimat von Wünschen auf einen Erfolg der Hilfsaktion.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Sonneberg - Es ist die mit Sicherheit außergewöhnlichste Aktion seiner Geschichte, die der Sonneberger Handballverein da übers Wochenende ins Rollen gebracht hat: Ein humanitärer Einsatz, um die nächsten Angehörigen von sechs SHV-Teamspielern ukrainischer Herkunft aus dem Kriegsgebiet nach Sonneberg zu holen. Start des OVG-Busses in Richtung ungarisch-ukrainischer Grenze war am Mittwoch kurz nach 7 Uhr auf dem OVG-Betriebshof in Hönbach. Tags zuvor hatten die Sportler den Bus noch rappelvoll gepackt mit Hilfsgütern, welche Bürger aus dem ganzen Landkreis am Sonntag und Montag gespendet hatten: Decken und Verbandsmaterial, Lebensmittel und Winterkleidung.

Nach der Werbung weiterlesen

Soweit irgend möglich, wurde der Stauraum ausgenutzt. Was angesichts der Fülle an Sachspenden aber nicht auf den ersten Ritt mitgenommen werden konnte, half die Firma Vista unkompliziert zwischenzulagern, bis sich eine Lösung im Sinne des guten Zwecks ergibt.

Nachricht aus dem Bus

"Bis jetzt ist alles gut gelaufen! Wir hoffen, dass es so weiter geht", heißt es in einer Textnachricht der Sonneberger Handballer bzw. Koordinator Steffen Haupt von unterwegs. Die Gruppe sei am Dienstag gegen 23.15 Uhr an ihrer Unterkunft angekommen und habe heute, am Mittwoch, noch 90 km bis zur Grenze. "Was uns heute allerdings erwartet, kann noch niemand so richtig abschätzen. Wir wissen bis jetzt, dass wir die Hilfsgüter in eine Lagerhalle auf ungarischer Seite bringen müssen", schreiben sie. Anschließend wolle man direkt an die Grenze fahren, denn dort stehen 40 Flüchtende bereit: "Dann heißt es so schnell wie möglich: einladen und Abfahrt! Wenn das alles funktioniert hat, fahren wir durch und sind morgen gegen 8 Uhr wieder in Sonneberg. Allerdings warten höchst wahrscheinlich zahlreiche Kontrollen an den Grenzen auf uns", schätzen die Handballer die kommenden Stunden ein.

Haupt berichtet der Redaktion zuletzt am Mittwoch gegen 17 Uhr, dass man auf der Autobahn rund 140 Kilometer vor Budapest und noch gut 450 Kilometer vom eigentlichen Ziel entfernt sei. Was den Stadionsprecher des SHV rührt: Die überbordende Anteilnahme in der Heimat. „Es gab wirklich so viel Unterstützung, dass ich eigentlich jetzt gar keinen nennen darf, ohne dass es ungerecht ist für die vielen anderen. Aber ich will zumindest zwei Sachen sagen.“ Als der OVG-Reisebus – eigentlich seit einem halben Jahr stillgelegt mangels Nachfrage an einem Ausflugs-Dienstleister in der Corona-Zeit – wieder zugelassen war, blieb eine Werkstattfahrt zu erledigen. Die führte nach Seltendorf. „Und der Tankstellenchef dort hat gleich erkannt, was Sache ist. Er hat gelesen, was wir vorhaben und uns den ganzen Bus mit Getränken vollladen.“ Gleiches beim Kaufland-Discounter in Bettelhecken. Der stiftete sämtliche Verpflegung, damit die 44 Flüchtlinge, die man auf der Rückreise mitnehmen wird, versorgt sind auf ihrer langen, 16 Stunden dauernden Tour nach Südthüringen. Was genau die Helfer aus der Spielzeugstadt am Donnerstag ansonsten erwartet, bleibt weiter ungewiss. Entschieden hat man, nach der für 23 Uhr geplanten Ankunft, unweit des Grenzpunktes zu übernachten. Bei Sonnenaufgang geht es dann direkt zum Übergang. Die Übergabe der Hilfsgüter wolle man besser bei Tageslicht abwickeln, als im übermüdeten Zustand mitten in der Nacht, sagt Haupt. Fehler im Chaos möchte man vermeiden. „Und dann ist da noch der Sicherheitsaspekt.“

Bereits angemeldet

Bei den Behörden vor Ort sei man angemeldet, „die wissen alle, dass wir kommen“. Unwägbarkeiten bleiben derweil bei der Frage, wer wohl alles Aufnahme findet im Sonneberger Bus. Vonseiten der ukrainischen Sportler gab es zuletzt erfreuliche Rückmeldungen, wonach es einigen ihrer unmittelbaren Angehörigen – Ehefrauen, Großeltern, Kinder – bereits gelungen ist das umkämpfte Land zu verlassen. Diese versuchen sich nun zum Beispiel über Warschau und Berlin nach Sonneberg durchzuschlagen, schildert Haupt. Zu anderen Familienmitgliedern halten die Betroffenen aus Reihen des SHV weiter engen Kontakt, um sie rechtzeitig in Richtung „Handballerbus“ zu lotsen.

„Wen wir am Schluss aber mitnehmen werden, wie viele Kinder und Mütter, Frauen oder Ältere es sind? Das kann man deswegen jetzt einfach noch gar nicht abschätzen.“ Nur eines ist klar: Kein Platz wird leer bleiben. Denn an Menschen, die in ihrer gegenwärtigen Notlage auf Zuwendung und Aufnahme angewiesen sind, fehlt es ja nicht.