Spendensammlung und Einsatz vor Ort Hilfe aus dem Ilm-Kreis für Hochwassergebiete

Berit Richter und Karl-Heinz Veit

Die Hilfsbereitschaft für die Opfer der Flutkatastrophen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Sachsen ist groß. Auch aus dem Ilm-Kreis kommen Sachspenden und Manpower.

 
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Katja Fietze-Stegmann und Norman Wilkerling haben in Arnstadt alle Hände voll zu tun, die Sachspenden zu sortieren. Foto: Berit Richter

Ilmenau/Arnstadt/Stadtilm - „Jetzt haben die Betroffenen der Flutkatastrophe im Westen unserer Bundesrepublik in der für sie schweren und betrübten Zeit Lichtblicke dringend nötig. Für uns als Gemeinde hier vom ,Lichtblick‘ auf der Pörlitzer Höhe hieß das, sofort nach dem Bekanntwerden der Katastrophe zu unseren Partnern in Eußkirchen Kontakt aufzunehmen und hier eine Spendensammelaktion zu starten“, sagt Ronny Kropf, leitender Mitarbeiter des Wohngebiettreffs „Lichtblick“ der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde (EFG).

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Kaum war über die sozialen Medien und durch Weitersagen die Aktion gestartet, wurden säckeweise Sachspenden zum Gemeindehaus gebracht. Das Spielzeug türmte sich auf. Von den Kindern wurde es auf seine Funktionstüchtigkeit geprüft.

Mittlerweile musste ein generelles „Stoppzeichen“ für das Beibringen von Sachspenden ausgesprochen werden. „Was wir natürlich gerne annehmen, sind Geldspenden. Gut 2000 Euro sind schon zusammengekommen“, freuen sich Ronny Kropf und das ehrenamtliche Mitarbeiterteam.

Vierstündige Reise

Bereits am frühen Dienstagmorgen ging die vierstündige Reise mit Kleinbus und Anhänger, die rappelvoll gepackt waren, nach Eußkirchen. Vom dortigen Gemeindeleiter der EFG wurden die Ilmenauer schon erwartet. Über die örtlichen Hauskreise werden nun die Sach- und Geldspenden verteilt.

Auch am Montagnachmittag, aber ein paar Kilometer weiter nördlich in Arnstadt, fahren fast im Minutentakt die Autos vor der alten Arnstädter Feuerwache vor, laden ihre Besitzer Kartons und Säcke mit Hilfsgütern aus. Die Reaktion auf den Spendenaufruf von „Arnstadt hilft“ ist gigantisch. „Ich bin übers Wochenende kaum zum Schlafen gekommen, weil immer wieder Anfragen und Hilfsangebote über die sozialen Netzwerke hereinkamen“, erzählt Katja Fietze-Stegmann.

Ursprünglich war von Pro Arnstadt die Gruppe ins Leben gerufen worden, um Menschen während der Corona-Pandemie beizustehen. Schnell stand fest, jetzt müsse auch den Flutopfern geholfen werden. Deshalb wurde spontan übers Internet zu Spenden aufgerufen. Mit zwei weiteren ehrenamtlichen Helfern werden die Spenden entgegengenommen und sortiert. „Dankenswerterweise haben viele gleich draufgeschrieben, was in den Kartons drin ist“, sagt Fietze-Stegmann. Das erleichtert das Sortieren.

Zuerst Lebensmittel

Kleidung für Kinder, Frauen und Männer, Plüschtiere und Spielsachen, Handtücher und Bettwäsche – vieles wird an diesem Nachmittag abgegeben. „Als Erstes werden wir aber Lebensmittel, Trinkwasser und Hygieneartikel einpacken. Die werden am Dringendsten gebraucht“, sagt Katja Fietze-Stegmann. Noch am Dienstagmorgen machte sich der erste Transport auf den Weg, bis unters Dach vollgepackt mit Hilfsgütern. Weitere werden folgen.

„Wir würden uns freuen, wenn wir da Unterstützung bekommen könnten“, sagt Katja Fietze-Stegmann. Und sie macht darauf aufmerksam, dass es auch anderer Hilfe als Sachspenden bedarf. „Vielleicht haben ja Bauern Zeit und fahren mit ihrer Technik hin, um beim Aufräumen zu helfen, so wie es schon viele tun“, sagt sie. Sachspenden wolle man auch in Arnstadt erst einmal nicht mehr entgegennehmen, da auch aus dem Katastrophengebiet die Signale kamen, diesbezüglich sei man gut versorgt. Gut möglich, dass einige Spenden nach Sachsen gehen, wo es mittlerweile auch zu Hochwasserschäden kam.

Man versuche, über die sozialen Netzwerke direkten Kontakt zu Betroffenen herzustellen, erklärt Katja Fietze-Stegmann, um Hilfe dorthin zu bringen, wo sie noch nicht eingetroffen sei. Unterstützung bekommt „Arnstadt hilft“ von der Stadtverwaltung. So packen mehrere Mitarbeiter beim Entgegennehmen und Sortieren mit an. Zudem hat die Stadt seit Montag ein Spendenkonto eingerichtet.

Hilfe auch für Tiere

Auch die Arnstädter Tiertafel, die gerade auf den fünften Jahrestag ihrer Gründung zurückblicken konnte, hat spontan Hilfe geleistet und Geld- und Sachspenden ins Hochwassergebiet geschickt. „Schockiert haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass das Tierheim Solingen über Nacht vom vernichtenden Hochwasser heimgesucht wurde“, teilt Vorsitzender Andreas Kühnel mit. Aufgrund der starken Regenfälle und großen Wassermassen habe das Tierheim in der Nacht zum letzten Donnerstag innerhalb kurzer Zeit evakuiert werden müssen. Dank vieler engagierter Helfer hätten alle Tiere in Sicherheit gebracht werden können. „Doch leider sind die Einrichtung sowie das Einsatzfahrzeug stark beschädigt worden. Der Wiederaufbau wird daher nicht nur Zeit, sondern auch finanzielle Mittel benötigen“, so Kühnel weiter. Da habe man unbedingt helfen wollen.

Eine originelle Hilfsidee haben sich die E-Sportler vom SV 02 Arnstadt einfallen lassen. Sie laden am Samstagabend, ab 21 Uhr, zu einem digitalen Fußballturnier ein. „Ob Liga-Vereine oder offizieller E-Sport-Verein, Hauptsache so viele Turnierteilnahmen wie möglich“, heißt es dazu in der Ankündigung. Und: „Wir würden uns freuen, wenn jedes Team eine Spendengebühr von mindestens zehn Euro beisteuert, um den Opfern der Naturkatastrophe etwas Hoffnung und Hilfe zu geben. Gern darf natürlich auch etwas mehr gespendet werden, denn jeder Cent zählt.“ Den eingenommenen Betrag werde man Eins zu Eins den Betroffenen zukommen lassen.

Doch nicht nur mit Sach- und Geldspenden kommt Unterstützung aus dem Ilm-Kreis für die Katastrophengebiete. Einsatzkräfte leisten auch ganz konkret Hilfe in den betroffenen Gebieten. So machten sich am Montag vier Spezialisten des DRK-Kreisverbandes auf den Weg nach Rheinland-Pfalz, um gemeinsam mit Kollegen aus Gera psychologische Hilfe zu leisten. „Sie betreuen die Einsatzkräfte vor Ort seelsorgerisch“, erklärt Kreisverbandsvorsitzender Henrik Fröhlich. Zudem wird man die Einnahmen der Blutspendeaktion an diesem Mittwoch spenden.

Zurück aus dem Einsatz

Bereits wieder zurückgekehrt sind die sechs Kameraden der Stadtilmer Feuerwehr, die mit dem Dekon-P des Katastrophenschutzzuges des Ilm-Kreises am Freitag gemeinsam mit 19 weiteren Thüringer Feuerwehren nach Rheinland-Pfalz aufbrachen. „Unsere Aufgabe war es, die Trinkwasserversorgung in den betroffenen Gebieten sicherzustellen“, erklärt Patrick Kümmerling. Der stellvertretende Stadtilmer Stadtbrandmeister leitete die Einsatzgruppe, zu der noch Roy Blumeier, Johannes Burkl, Patrick Langbein, Sebastian Domnick und Ronny Schmidt gehörten.

Zunächst ging es für sie nach Koblenz. „Dann wurden wir an den Nürburgring geschickt, wo das große Sammellager für die Hilfskräfte ist“, berichtet Kümmerling weiter. Dort wurden die Thüringer Einsatzkräfte dann in einzelne Gruppen auf- und bestimmten Orten zugeteilt. Die Stadtilmer waren gemeinsam mit Kameraden aus Saalfeld-Rudolstadt im Einsatz, zunächst in Sinzig, dann in Bad-Neuenahr-Ahrweiler.

„Wir haben an den Notunterkünften, dort, wo sich die Menschen aufhalten, Kanister mit Trinkwasser befüllt“, umreißt Patrick Kümmerling die Aufgabe. Die Herausforderung sei dabei gewesen, erst einmal an Ort und Stelle zu kommen, denn vielfach sei die Infrastruktur zerstört oder stark beschädigt. Da fehle dann schon plötzlich mal ein Stück Straße.

Untergebracht waren die Männer teilweise in Sammelunterkünften, eine Nacht verbrachte man aber auch in den Zelten, welche für solche Einsätze auf ihrem Fahrzeug stationiert sind. Man habe viel Zerstörung gesehen, so Kümmerling, aber auch viel Hilfsbereitschaft. „Es sind viele private Helfer vor Ort, aber auch andere Hilfsorganisationen“, berichtet der Feuerwehrmann.

Gut möglich, dass dazu auch weitere Einsatzkräfte aus dem Ilm-Kreis zählen werden. Das Land frage regelmäßig ab, welche Einheiten zur Verfügung stünden, heißt es auf Anfrage aus dem Landratsamt. Bisher sei noch keine abgefordert worden, dies könne sich aber stündlich ändern.