Spendenaktion Benefiz-Erfolg für die Tafel gewünscht

Klaus-Ulrich Hubert

Am 25. Februar laden Lions Club Arnstadt-Ilmenau gemeinsam mit Ilmenaus und Arnstadts Rotary Club, der Technischen Universität und dem Collegium Musicum aus Erfurt zum Benefizkonzert zugunsten der Tafeln beider Städte ins Audimax der TU ein.

 
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Die Initiatoren des im Audimax der TU geplanten Solidaritätskonzertes (v.l.) Professor Kolev zu Gast bei Ilmenaus Tafel-Chef Heilwagen (Mitte) und Professor Kern. Foto: Klaus-Ulrich Hubert

Unter den 30 thüringischen Tafeln kommen die in Ilmenau und Arnstadt durch aktuell explodierende Betriebskosten bei zeitgleich wachsender Inanspruchnahme und extrem gesunkener Lebensmittelspenden-Bereitschaft in Nöte. Marco Heilwagen Leiter und Koordinator der Ilmenauer Tafel in der Ziolkowski-Straße 5 zu Wochenbeginn bei einer Besprechung zum geplanten Benefizkonzert mit den Professoren Heinrich Kern (Rotary Club Ilmenau) und Emil Kolev Lions Club Arnstadt-Ilmenau): „Gerade beginnt die jährliche Neubeantragung der Tafelausweise. Es wäre Augenwischerei anzunehmen, dass es in diesem Jahr der weiteren Krisenhäufungen nicht noch einmal deutlich mehr Antragstellungen werden. Im Vorjahr hatten wir hier Woche um Woche schon 1200 Menschen mit Lebensmitteln für einen geringen Obolus an Selbstbeteiligung zu unterstützen. Dabei wird es nicht bleiben; deutlich mehr Menschen bedürfen dieser Hilfe, nicht zuletzt durch steigende Zahlen an geflüchteten Menschen.“

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Was ältere Bürger aus Kriegs- und Notzeiten Deutschlands noch als Bezugsscheine bei Rationierung von Lebensnotwendigem kannten, gewinnt in einem der reichsten Länder der Welt immer schneller an Bedeutung. In Arnstadt, wo die Tafel im Gegensatz zur Ilmenauer (hier ist der Träger das Marienstift Arnstadt) als eigenständiger Verein fungiert, spricht Heilwagens Kollege Günter Sattler von bislang etwa 700 von der Tafel zu versorgenden Menschen.

Elf Mio Tonnen für die Tonne

Er leitet seit acht Jahren die Einrichtung in der Neuen Gasse 1 mit 28 überwiegend ehrenamtlichen Mitstreitern. Fünf von ihnen mit geförderten Jobs. Man habe, so sagt er dezent schmunzelnd, die „Lage in Fragen Lebensmittelspenden-Bereitschaft aus dem Handel noch halbwegs gut im Griff“. Man hat indes nur noch zwei private Bäckereien, die ihre zu Tagesende übrig bleibenden Brote und Brötchen abholen lassen. Sein sofort hinzugefügtes „Aber…“ hinsichtlich des immer eklatanteren Spenden-Mangels namentlich an Backwaren und Molkereiprodukten kann auch Heilwagen nachdrücklich unterschreiben. Nicht nur bei ihm wirft es tief greifende Fragen auf, warum Deutschland jährlich elf Millionen Tonnen Lebensmittel „in die Tonne drückt“, während er und die Teams der zwei täglichen Lebensmittel-Abholungs-Touren immer häufiger nahezu Betteltouren erleben müssen und oft abgewiesen werden. Wie sollen die Helfer dann künftig helfen können? Vergleichbar ist die Situation in der Universitätsstadt bei Backwaren wie Brot und Brötchen.

Lieber für’s liebe Vieh?

„Ich nenne hier, nur mal als dennoch besonders positive Beispiele, Edeka Sander am Stollen und das Kaufland in der Ilmenauer City als wirklich gute Unterstützer bei der Abgabe von Lebensmitteln. Solche, die vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums gute Ware für die Tafel bereitstellen. Unsere täglichen, immerhin runde zwei Tonnen umfassenden Abhole-Touren kennen aber auch beste Zusammenarbeit der Art wie mit dem Netto-Markt an der TU: Von dem ruft man uns an, wenn wieder eine lohnende Fuhre Lebensmittel abholbereit steht.“

Auf die Frage nach schlechten Erfahrungen zählt Heilwagen zügig ein Dutzend Beispiele auf. Und nennt haarsträubende Fälle, wie gut Lebensmittel lieber als „Futtermittel für’s liebe Vieh“ nachverwendet werden, statt sie Haushalten in sozialen Notlagen zu überlassen. „Aber sie wollen hier vielleicht besser nicht konkrete Namen veröffentlichen, oder?“, sagt Heilwagen mit Frage- und Ausrufezeichen zugleich am Satzende. Und erzählt dann doch noch haarsträubende Beispiele, welche Handelsleute buchstäblichen „Kuhhandel“ mit der Tafel anboten. Einmal wurde von deren Vertretern gar die Hand aufgehalten: „200 Euro, Herr Heilwagen, und ich nenne ihnen andere, potenzielle Backwaren- und weitere Lebensmittelhändler, die Waren spenden…“

Im Regen stehen lassen

Dann noch ein gewichtig langes „Aber…“ aus dem Munde des Ilmenauer Tafelchefs, dessen Kühl-, Lager- und Ausgabeflächen und Kleiderkammer in einer früheren BMW-Gebrauchtwagen-Halle auf der Pörlitzer Höhe reichlich Platz fanden: „Wie beim Kollegen in der Kreisstadt, so verweigern sich eben vor allem immer mehr Backwarenhersteller.“ Er überlasse es politischen und anderen gesellschaftlichen Instanzen oder der Presse, einfach „mal direkt vor Ort abzufragen: Was und warum uns so viele Supermärkte statt der Lebensmittelspenden gerade auch in Sachen Backwaren im Regen stehen lassen“.

Handfeste finanzielle Unterstützung, um in Ilmenau und Arnstadt auch künftig Menschen in sozialen Notlagen helfen zu können, hat nun der Lions Club Arnstadt-Ilmenau angeboten. Und dabei sofort auch Professor Heinrich Kern vom Rotary Club Ilmenau mit im Boot gehabt.

Benefizidee: Lions und Rotarier

„Kunststück“, schmunzelt Professor Emil Kolev von der Hochschule Schmalkalden und hiesiger Lions-Club-Präsident. „Wir stammen beruflich schließlich beide aus dem gleichen fachlichen ,Stall`, aus der gleichen Fachrichtung auf dem Ilmenauer Ehrenberg-Campus: Dem Maschinenbau.“ Heinrich Kern von den Ilmenauer Rotariern sagt: „Weil Emil 1985 aus dem bulgarischen Gabrovo an die damalige Technische Hochschule kam, und ich selber dort später unter anderem Prorektor für Ausbildung und von 2000 bis 2004 Rektor der TU Ilmenau war.“ Selbstredend, dass die TU mit ihrem modernen und akustisch ansprechenden Audimax-Saal nicht lange als Gastgeber des Benefizkonzertes überredet werden musste. „Mietfrei!“, ergänzt der frühere Rektor.

Musikgenuss und Hilfe

Bereits für über 100 öffentliche Konzerte, nicht nur in der Landeshauptstadt, bekam das Collegium Musicum, seit 2021 unter Leitung von Christian Beyer, herzlichen Beifall und beste Kritiken. Nach Schließung der Medizinischen Akademie Erfurt als Hochschule hat sich das zunächst seit DDR-Zeiten dort beheimatete Ensemble 1994 der Musikschule der Stadt Erfurt angeschlossen. „Damit ergaben sich neue Auftrittsmöglichkeiten, zum Beispiel im Rahmen der beliebten Hofkonzerte der Musikschule“, sagt Christian Beyer, der das Ensemble seit 2021 leitet. Gagenfrei freut er sich mit seinen Musikerinnen und Musikern sowie der Schirmherrin Petra Enders, Landrätin Ilm-Kreis, auf ein möglichst maximal besuchtes Audimax sowie maximale Einnahmen durch Ticketverkauf und weitere Spenden. Am 25. Februar erklingen unter anderem Werke von Haydn, Telemann, Grieg, Respighi und Joplin.

Marco Heilwagen: „Einte tolle Sache! Denn wo wir in diesem Jahr bei gleichzeitig gekürzten Zuschüssen aber explodierenden Nebenkosten landen werden… Wir ahnen es. Kürzlich kam die erste richtig fette Stromrechnung! Ich hoffe nur, es gibt kein böses Erwachen. Deshalb freuen sich unsere Tafel-Einrichtung und die in Arnstadt, wenn das Benefizkonzert hilft, finanzielle Lücken zu schließen. – Danke!“.