Spendenaktion BBQ für den kleinen Ben: „Die stehen bis zur Tankstelle“

Annett Recknagel
Zwei, die sich blind verstehen: Metzgermeister Nico Staude und Bäckermeister Thomas Marr: Wenn es ums Helfen geht, dann brauchen sie keine Sekunde zum Überlegen. Das BBQ für Ben organisierten sie gemeinsam. Foto: /Annett Recknagel

Das „BBQ für Ben“ in Steinbach-Hallenberg nahm überwältigende Ausmaße an. Mehr als 9000 Euro kamen durch den Verkauf von Burgern und Rippchen zusammen. Die Eltern des kranken Jungen sind beeindruckt.

 
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Steinbach-Hallenberg - „Schatz, die stehen bis zur Tankstelle.“ Martin Holland-Nell war völlig aus dem Häuschen. Per Videochat ließ er seine Partnerin, Tina Hoffmann, für Minuten am „BBQ für Ben“ teilhaben. Die Mama des kleinen Jungen, der im Hintergrund vor sich hin brabbelte, traute ihren Augen nicht. „Quatsch“, mehr konnte sie nicht sagen.

Ben wartete auf sein Abendessen. Die Steinbach-Hallenberger auch. Im Gegensatz zu dem kleinen Jungen aus Unterschönau mit der seltenen Alexander-Krankheit (wir berichteten) mussten sie sich gedulden. Das aber nahmen sie gerne in Kauf. Natürlich lockten leckere Burger und hausgemachte Rippchen, aber weit aus mehr zählte der Anlass. „Ben ist einer von uns. Da mache ich natürlich sofort mit“, sagte Isabelle Holland-Moritz aus Unterschönau. Sie kennt die Familie, ist von deren Schicksal sehr ergriffen und hat gerne gespendet. „Wir regen uns über jeden Kleinkram auf – dabei gibt es so viel wichtigere Dinge“, meinte sie mit Blick auf den kleinen Ben.

Marco Engel war wegen des Jungen und der tollen Spendenaktion extra aus Hohleborn gekommen. Staatssekretär Carsten Feller zollte der Familie seinen Respekt. „Das kostet viel Kraft. Die Aktion hier ist supertoll“, meinte er. Mitgebracht hatte der SPD-Politiker den Vorsitzenden des Ortsverbandes Schmalkalden, Kay Bachmann, und Bundestagskandidat Frank Ullrich. „Den Zusammenhalt zu spüren, das ist Balsam für die Seele, das tut der Familie nur gut“, meinte er. Ullrich selbst hat in seinem Leben schon so manche persönliche Klippe nehmen müssen. Gerade durch Geschichten wie die der jungen Familie sei man ganz schnell wieder geerdet, meinte er.

Auch Steinbach-Hallenbergs Bürgermeister Markus Böttcher stand am Samstag Schlange. Hatte er mit solch einer Resonanz gerechnet? „Gehofft, aber im Grunde war es absehbar“, meinte er ganz locker. Die Veranstalter hörten das natürlich gerne. Zehn Damen und Herren hantierten gemeinsam. Eine Hand griff in die andere, die Chemie stimmte, der Geschmack sowieso und ein jeder hatte ein Lächeln im Gesicht. Alle nämlich wollten eines: Helfen.

Als Nico Staude von Thomas Marr angerufen und über die Aktion in Kenntnis gesetzt wurde, war er sofort begeistert dabei. „Da gibt’s keine Frage, bei so was sind wir dabei. Nicht alles ist mit Geld zu bezahlen“, sagte er. Und Thomas Marr ergänzte: „Wir brauchen uns nur anzusehen, da wissen wir, was wir zu tun haben.“ Und genauso lief das „BBQ für Ben“.

„Hier gibt’s nur Vollgas“, verkündete Nico Staude und brachte ein Blech voller mit Käse überbackener Pattys. „Drei Cheeseburger und einen ohne Gurke!“, lautete eine Bestellung. „Kriegen wir hin, wir kriegen alle satt“, kam die Antwort von Tina Staude. Gemeinsam mit ihren beiden Kolleginnen belegte sie die Burger. „Das machen wir sehr gerne“, meinte sie. Kein Gedanke an Stress. Kein Klagen. Natürlich war es viel Arbeit. Aber man verfolgte ein gemeinsames Ziel und das trieb alle an.

Die Schlange reichte locker bis zur Tankstelle. Ein jeder verhielt sich coronakonform. Abstände und Maskenpflicht waren selbstverständlich. Daniel Marr sprach vom Handwerk, das verbindet und wickelte Rippchen in Papier. Sein Bruder Thomas sorgte dafür, dass das Fleisch besonders lecker wird und pinselte die Rippchen ab und an mit würziger Soße ein.

„Nachdem der Bericht über Ben in der Zeitung stand, war uns klar, dass wir etwas unternehmen müssen“, erklärte Daniel Marr. Weil die Bäckerbrüder und Nico Staude ohnehin zusammen arbeiten, lief alles über den kurzen Dienstweg. Martin Holland-Nell, Bens Papa, weihten die Organisatoren erst ein, als alles in Sack und Tüten war.

Die Familie war völlig hin und weg. Für Sicherheit beim BBQ sorgten zehn Feuerwehrleute. Auf die Frage, wie man bei solch einer Aktion kalkuliere, antwortete Thomas Marr: „Wir sind Bäcker.“ Die Aktion selbst brauchte man nicht lange zu bewerben. Über die sozialen Netzwerke verbreitete sich das Vorhaben in Windeseile.

Nico Staude presste 986 Pattys (so nennt sich das Hackfleisch, das zwischen die Burgerbrötchen kommt). Auf vier Feuerplatten wurden sie gegart. Die Kundschaft hatte die Wahl zwischen Beef und Pulled Pork Burgern. Im Vorfeld waren vom Team zwölf Kilogramm Tomaten geschnitten und 44 Salatköpfe zerlegt worden. Dazu kamen 14 Kilogramm Käse und 26 Liter Soße. Zehn Minuten vor 18 Uhr gab es die ersten online-Bewertungen bei Google und Facebook. Durchweg positive Feedbacks. Das gab Auftrieb.

Regionale Firmen haben die Aktion unterstützt. Allein der Edeka-Markt in Steinbach-Hallenberg stellte 120 Kilogramm Rippchen zum Nulltarif zur Verfügung. „Das ist schon Wahnsinn und keinesfalls selbstverständlich“, waren sich die Organisatoren einig. Nico Staude bedankte sich beim gesamten Team. „Das sind hier alles fähige Leute“, sagte er.

Derweil wanderte Geldschein um Geldschein in die durchsichtige Spendenbox, die schon die gesamte vorige Woche in der Bäckerei Marr gestanden hatte. Am Abend hatte man mehr als 9000 Euro eingenommen. Martin Holland-Nell traute seinen Ohren nicht. Der dringend gebrauchte Kleinbus rückt damit in greifbare Nähe.

Hilfe für Ben und seine Familie

Die Resonanz nach dem Spendenaufruf in der Heimatzeitung  für Ben ist riesig: Rund 10 000 Euro sind bis Ende vergangener Woche bereits auf dem Konto von „Freies Wort hilft“ eingegangen, um der jungen Familie zu helfen. „Einer für alle, alle für Ben“ hieß es kürzlich auch im „Grünen Baum“ in Viernau, wo Chef  Hans Fischer versprach, sämtliche Einnahmen eines Tages zu spenden.  Die Pizzabestellungen gingen daraufhin durch die Decke. Und nun folgte das ebenfalls privat organisierte „BBQ für Ben“.

Der kleine Ben aus Unterschönau leidet an der  seltenen Alexander-Krankheit, am 6. April berichtete diese Zeitung erstmals über seine Geschichte. Gleichzeitig begann die  Spendenaktion über „Freies Wort Hilft – Miteinander Füreinander“. Bens  Eltern  benötigen zunächst vor allem einen Kleinbus, der   ihre finanziellen Möglichkeiten derzeit übersteigt.

Wer spenden möchte, kann das unter „Freies Wort hilft“ unter dem Stichwort „Ben“ tun. IBAN DE39 8405 0000 1705 0170 17 bei der Rhön-Rennsteig-Sparkasse.

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