Spenden im Friseursalon Ukraine-Hilfe in Suhl: „Es ist der Wahnsinn“

Im kleinen Friseursalon von Tetyana Krel in der Pfarrstraße 2 stapeln sich die Hilfsgüter. Die aus der Westukraine stammende Friseurmeisterin sortiert alles vor, beschriftet die Kartons in ihrer Landessprache und organisiert regelmäßig die Abholung und Verteilung. Foto: frankphoto.de

Die Hilfsaktion von Tetyana Krel für ihre Landleute in der Ukraine stößt auf ungeahnte Resonanz. Im Minutentakt kommen Suhler in ihren Friseursalon, geben Sachspenden und Geld ab. Am Mittwoch ging ein erster Transport in die Ukraine.

 
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Suhl - Zum Waschen, Schneiden, Fönen kommt Tetyana Krel in diesen Tagen kaum noch. Die 39-jährige, aus dem westukrainischen Luzk stammende Friseurmeisterin sortiert entweder Hilfsgüter für ihre alte Heimat, hängt am Handy und beantwortet Fragen hilfswilliger Bürger oder koordiniert im Internet über ein Netzwerk aus Bekannten und Landsleuten Transporte bis in die Westukraine hinein. Seit ihrer in dieser Zeitung geäußerten Bitte, Hilfsgüter – speziell für Babys und Kleinkinder zu spenden – haben sie und ihre Familie keine ruhige Minute mehr. „Es ist der Wahnsinn. So viele gute, wertvolle Sachen“, sagt sie und zeigt auf den riesigen Stapel Kartons und Taschen in einer Ecke ihres Salons.

„Es geht um Menschen“

Windeln, Feuchttücher, Plüschtiere, warme Babykleidung, Babynahrung, Schlafsäcke, Iso-Matten, medizinisches Material – all das wird sortiert, in Kartons gepackt und in ukrainischer Sprache beschriftet. „Wir verpacken alles separat. Wenn alles durcheinander ist, hat das wenig Sinn. In der Ukraine haben sie keine Zeit, erst zu schauen. Da muss alles vorsortiert sein.“ Ihre Familie zu Hause hilft dabei. Auch im heimischen Keller stapeln sich Hilfsgüter. Zwei aus ihrer Heimatstadt Luzk geflüchtete junge Muttis mit ihren Kleinkindern hat Tetyana Krel bei sich aufgenommen – ihre Schwägerin und eine Nachbarin.

Unterstützt wird sie auch von Salon-Kollegin Inna Faut. Die Moldawierin sieht die politischen Hintergründe des Krieges zwar anders als Tetyana, was zunächst für Diskussionen sorgte. „Aber das Thema ist für uns durch. Wenn wir uns hier im Salon schon in die Haare kriegen, wie soll Frieden dann erst in der großen Politik klappen? Uns geht’s um Hilfe für die Menschen, nicht um Politik.“

Wieder geht die Salontür. Familie Sachs aus Schmiedefeld bringt einen gebrauchten, gut erhaltenen Kinderwagen, Gläschen mit Babynahrung und Windelpakete. „Ich habe in der Zeitung von der Hilfsaktion gelesen und eingekauft. Mich berührt das Schicksal vor allem der vielen Kinder sehr. Sie leiden am meisten unter dem Krieg. Wir haben selbst Kinder und Enkel und ich hoffe, dass sie so etwas nie erleben müssen“, lassen die beiden wissen. Der Frau treten Tränen in die Augen. Tetyana umarmt sie und bedankt sich. Der Kinderwagen ist für ein Baby bestimmt, dass am Mittwoch mit seiner Mutter nach der Flucht aus der Ukraine in Erfurt angekommen ist. Ein Bekannter wird ihn dorthin bringen. Wenn etwas gebraucht werde, werde man auch Ukrainern in der Unterkunft auf dem Friedberg helfen, sagt Tetyana. „Wir müssen es wissen. Ein Anruf reicht.“

Mit 900 Euro Spendengeld, zum großen Teil aus der eigenen Familie, kaufte sie am Mittwoch die Vorräte der Spangenberg-Apotheke an Verbandsmaterial leer, nachdem sie von einer am Klinikum arbeitenden Freundin von einem Hilfstransport erfahren hatte. Nur drei Stunden blieb Zeit. Dann musste der von Oberärztin Lena Bauer aus dem SRH Zentralklinikum kurzfristig organisierte Transporter für die Fahrt nach Lwiw beladen werden. „Ich bin gekreiselt, war fix und fertig. Aber es hat sich gelohnt.“ Die Apotheke räumte ihr spontan 30 Prozent Rabatt ein. Viel Überzeugungskraft brauchte es dazu nicht. Am Klinikum kam weiteres medizinisches Material wie Zugangskanülen dazu, das die Stationen und der OP, Einkauf und Apotheke in nur wenigen Stunden als Spende des Hauses zusammengetragen und verpackt hatten.

Wieder geht die Salontür. Eine ältere Dame hält einen 50-Euro-schein in der Hand. „Ich kann nicht so viel tragen, muss aber helfen. Deshalb spende ich Geld. Hier weiß ich, dass es ankommt, sagt Elke Kopf. Die Rentnerin hat von ihrer Tochter von der Anlaufstelle in Suhl erfahren.

„Danke, danke, danke an alle Suhler, die bisher geholfen haben“, sagt Tetyana Krel, die zwar auf Unterstützung gehofft, aber nicht in diesem Ausmaß erwartet hatte. Das zeige, dass Mitgefühl und Menschlichkeit noch nicht ganz verloren sind. Auch weiterhin nimmt sie gern Spenden entgegen und leitet sie über ihre Netzwerke in die Heimat weiter.

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