SPD-Jubel im Volkshaus „Das fühlt sich an wie ein Olympiasieg“

Frank Ullrich (links im Bild) wird am Abend im Meininger Volkshaus frenetisch von seinen Anhängern gefeiert. Der frühere Spitzensportler hat erstmals seit 2005 für die SPD in Südthüringen wieder das Direktmandat für den Bundestag geholt. Foto: Marko Hildebrand-Schönherr

SPD im Freudentaumel: Im Meininger Volkshaus feiern die Genossen am Sonntagabend einen Wahlsieg auf ganzer Linie: Sie sind bundesweit die stärkste Kraft, ihr Kandidat Frank Ullrich holt das Direktmandat im spannenden Südthüringer Wahlkreis.

 
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Meiningen - Auf dem Weg ins Meininger Volkshaus lacht einem Frank Ullrich auf einem großen Wahlbanner entgegen. „Einer für/von uns“, ist darauf zu lesen. Das ist das Credo des früheren Spitzensportlers, der als Südthüringer Direktkandidat einen aufreibenden Wahlkampf hinter sich hat. Seine Anhänger haben sich am frühen Abend im Saal versammelt. Hier hat die SPD die absolute Lufthoheit. Die Stimmung ist ausgelassen. Schon kurz nach 18 Uhr brandet Jubel auf, als die erste Hochrechnung auf der großen Leinwand über der Bühne erscheint und bei der SPD der größte Balken aller Parteien wächst.

SPD-Kreisvorsitzender Christoph Zimmermann ist guter Dinge: „Es gibt auf jeden Fall etwas zu feiern. So wie wir gekämpft haben, das war einmalig“, lobt er das Engagement und die Geschlossenheit seiner Genossen deutschlandweit. „Das habe ich lange nicht erlebt.“ Im Direktduell zwischen dem SPD-Mann Frank Ullrich und dem CDU-Kandidaten und früheren Bundesverfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen rechnet er mit einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen. „Ich glaube, wir liegen vorn, aber es wird knapp.“

Gegen 19.30 Uhr löst sich die Anspannung, als mehr als die Hälfte der Wahlbezirke in Südthüringen ausgezählt sind und Ullrich klar vorn liegt. Vor Jürgen Treutler von der AfD und Hans-Georg Maaßen von der CDU. „Dieses deutliche Ergebnis zeigt, dass sich die Wähler in Berlin jemanden wünschen, der ehrlich an ihren Themen interessiert ist“, meint Bürgermeister Fabian Giesder, der mit einem Glas Wein in der Hand plaudernd im Volkshaus-Saal steht. „Der Sportler Frank Ullrich hat oft bewiesen, dass er Biss und Durchsetzungsvermögen besitzt. Darauf setzen die Menschen in Südthüringen jetzt auch bei dem Politiker Ullrich“, betont er.

Seine gute Laune wird allerdings durch das Zweitstimmen-Ergebnis der AfD getrübt. Etwa jeder vierte Wähler machte bei der Alternative für Deutschland sein Kreuz. Giesder sieht darin einen Auftrag für die demokratischen Kräfte: „Wir müssen den Menschen mehr zuhören und Dinge besser erklären.“

Die SPD ist in Spendierlaune. Essen und Trinken im Volkshaus ist für alle Besucher gratis. Draußen gibt es Burger für die Bürger. „Die Wähler haben sich bewusst für einen Kandidaten aus der Region entschieden, der weiß, wie die Leute hier ticken“, erklärt der Kreisvorsitzende Zimmermann den sich anbahnenden Wahlsieg. Als er 2009 in die SPD eintrat, erschütterte das schlechteste Bundestagsergebnis gerade seine Partei. „Der heutige Abend ist schon ein besonderer Moment, man kann sagen: ein historischer Abend“, so der junge Kreischef, der sich im Dezember erneut um das Spitzenamt bewerben will.

Kurz nach 20.30 Uhr kommt Frank Ullrich mit strahlender Miene in den Saal. Es gibt keinen Zweifel mehr: Er ist der Gewinner des Abends. Der Saal jubelt und klatscht. Seine Anhänger singen: „So sehen Sieger aus!“, danach rufen sie Ullrichs Spitznamen im Chor: „Uller, Uller, Uller“. Sichtlich bewegt ergreift er das Wort, dankt allen, die mit ihm gekämpft, die ihn unterstützt haben, insbesondere seiner Frau. Und er genießt das Bad in der Menge. „Das fühlt sich an wie ein Olympiasieg“, sagt er strahlend und denkt bereits an die bevorstehende Arbeit in Berlin. Er habe seinen Rucksack gepackt mit all dem, was ihm seine Parteifreunde und Wähler mitgegeben haben.

Zwei junge Parteimitglieder, Oliver Zöller aus Queienfeld und Jonas Winterstein aus Schwickershausen, schwingen fröhlich Ullrich-Plakate. In der jubelnden Menge steht auch Schmalkaldens Bürgermeister Thomas Kaminski. „Ich freue mich sehr über das Ergebnis. Frank Ullrich wird unsere Region nach vorn bringen“, sagt er. Glücklich sieht auch die parteilose Landrätin Peggy Greiser aus, die ebenfalls ins Volkshaus kam. „Es war ganz wichtig, dass Maaßen hier nicht das Direktmandat gewonnen hat. Das bedeutet sehr viel für die Region.“

Ullrichs Wahlkampf hat der frühere Meininger Landtagsabgeordnete Rolf Baumann gemanagt. „Dieses Ergebnis liegt über meinen Erwartungen. Das ist sensationell“, jubelt er. 2005 hatte die SPD zuletzt in Südthüringen das Direktmandat gewonnen, lange her. Zwei junge Mädchen, Elisabeth Merz und Victoria Carl, bringen eine selbst gemachte Torte in den Saal. SPD steht darauf. „Ein Geschenk für Frank“, sagen sie.

Überglücklich zeigt sich Carsten Feller aus Meiningen, der als Staatssekretär im Thüringer Wissenschaftsministerium arbeitet. „Frank Ullrich kennt die Menschen vor Ort und spricht ihre Themen an“ – das sei das Erfolgsrezept gewesen bei diesem Wahlkampf.

Es war eine harte Auseinandersetzung um die Gunst der Wähler hier in Südthüringen. Der frühere Bundesverfassungsschutzchef Maaßen hat die Aufmerksamkeit der gesamten Republik auf sich gezogen. „So einen Wahlkampf habe ich noch nicht erlebt“, berichtet die SPD-Landtagsabgeordnete Janine Merz. Auch CDU-Mitglieder hätten ihr gesagt, dass Maaßen unbedingt verhindert werden müsse. „Mit dem Erfolg von Frank Ullrich haben wir der CDU-Bundestagsfraktion einen großen Gefallen getan“, findet sie.

Draußen am Volkshaus hängt auch ein Wahlplakat von Maaßen. Er wirbt mit Erfahrung, Mut, Kompetenz und einem Kurswechsel in Deutschland. Frank Ullrich lacht auf seinem Plakat hinüber zu ihm. „Einer von/für uns“ kam bei den Wählern offenbar besser an.

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