SOS-Festival Warum der Frank „die andere“ genommen hat

Chris Doerk beim SOS-Festival. in Suhl Foto: Michael Reichel

Am Donnerstagabend besucht Chris Doerk zum „Heißen Sommer“ das SOS-Festival unserer Zeitung. Und beweist: Singen kann sie noch immer.

 
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Einen „heißen Sommer“ – was das Wetter betrifft – wünscht sich im Moment wohl ein jeder. Ein Glückspilz, wer da wenigstens in Erinnerungen schwelgen kann. Die müssen nicht ganz soweit zurück liegen wie im Sommer 1968, aber so schön wie der DEFA-Streifen „Heißer Sommer“ erzählt niemand das – aus heutiger Perspektive ziemlich prüde – Lebensgefühl jener Jahre. Das hat natürlich auch mit zwei populären Typen zu tun: Chris Doerk und Frank Schöbel.

Die „Stupsi“ von einst schafft es in den Jahren nach dem Film nicht nur zu einer imposanten Liste von Schlagern, zu Schallplatten und CDs, sondern auch auf die Suhler SOS-Bühne. Bevor sie mit Michael Kraus über den Film und ihr Leben ins Plaudern kommt und bevor der Streifen im Sommerkino über den Platz flimmert, offeriert Chris Doerk ihrem Publikum ein fast einstündiges Medley mit Liedern und Texten, die sie vor und nach der Wende begleitet haben: Der ein oder andere mochte sich durchaus erinnern: „Ich will was erleben, was mir imponiert, was nicht jeden Tag passiert...“, „Jedes junge Mädchen, wird mal geküsst...“ oder „Glück mit Garantie, gibt es im Leben leider nie, Glück tagaus tagein, will mit Liebe gewonnen sein.“ Schließlich ein „Liebeslied“ für eine Katze: „GinGin ist Prinzessin und auch Königin“, singt Katzen-Närrin Doerk, meint natürlich ihre eigene.

Nächstes Jahr wird sie 80 Jahre alt – das merkt man ihr in Suhl nicht an. Weder beim Singen, noch beim sich Erinnern an Kindheit und Jugend. 1942 in Königsberg geboren, wächst sie bei Großenhain in Sachsen auf, lernt Gebrauchsgrafikerin mit allem drum und dran („Wir haben damals alles gelernt, Schreiben, Nähen, sogar Holzverbindungen.“) und kommt aus Zufall auf die Showbühne: Ein Talentwettbewerb, erzählt Doerk im Gespräch mit Michael Kraus, habe sie („Ich war als junges Mädchen so was von schüchtern!“) auf die Bühne gelotst. In einem von einer Freundin geborgten blauen Kleid, das ihr bis übers Knie geht und riesige Puffärmel besitzt. „Alle kleinen entzückenden Mädchen, träumen nur von Paris…“ singt sie – ein Gassenhauer der Fünfzigerjahre – und gewinnt der ersten Preis.

Klar, dass eine wie Chris Doerk es dabei nicht bewenden lässt. Heinz Quermann lädt sie gleich zwei Mal zu „Herzklopfen kostenlos“. Dort singt sie „Summertime“ aus „Porgy and Bess“, schließlich spendiert ihr Amiga die erste Schallplatte – 1967, in dem Jahr also, indem die DEFA „Heißer Sommer“ dreht. Für Doerk ist diese Platte noch immer hart erarbeitet: „Das war damals nicht so wie heute bei DSDS, die kriegen gleich ein ganzes Album und drehen völlig durch. Damals musste man sich erst beweisen, und das finde ich sehr gesund“, sagt sie in Suhl.

„Heißer Sommer“ begleitet sie ihr ganzes Leben. Mehr als sechs Millionen Zuschauer sehen den Musikfilm, der auch international, etwa in Kuba oder sogar im Irak, Erfolg hat. „Ich muss sagen, er hat mir sehr geholfen“, blickt sie auf diese Zeit zurück. Und immer wieder wird sie gefragt, warum der Frank „die andere“ (gemeint ist die leider schon gestorbene Regine Albrecht, die „Brit“ im Film) „genommen“ hat. Und immer wieder sagt Chris Doerk, die sich im richtigen Leben eine Zeit lang den Frank nahm, darauf: „Das stand ja nun mal so im Drehbuch.“

Gedreht wird damals in Leipzig und natürlich an der Ostsee.“ An ganz vielen Stellen, es hat einen Wahnsinns--Spaß gemacht“, erinnert sich die Schauspielerin und Sängerin. Und auch nachgedreht werden musste – in der kalten November-Zeit. Chris Doerk legt sich auch in Suhl noch einmal für den Streifen ins Zeug: Ich finde die Musik heute überhaupt nicht altmodisch, sie ist wirklich gut.“ Wer ihr nur diese Fröhlichkeit vererbt habe, will Interviewpartner Michael Kraus wissen, der nebenbei der Potsdamer DEFA-Stiftung für ihre Unterstützung dankt, die mit dem Film den Kinoabend beim SOS-Festival erst ermöglicht hat. „Der da oben“, sagt Chris Doerk. „Und ich bin ihm sehr dankbar dafür. Mir ging es längst nicht so gut, wenn ich nicht viele Dinge von der lustigen Seite sehen würde.“

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