SOS-Festival Suhl Alles singt – das Rennsteiglied

Die Feier zum 70. Geburtstag des Rennsteigliedes setzt am Sonntag einen würdigen Schlusspunkt unter drei Wochen SOS-Festival in Suhl. An die 2000 Besucher erleben auf dem Platz der Deutschen Einheit eine Estrade Thüringer Volksmusik.

 
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Suhl - Mehrfach schallt es an diesem Tag über den Platz im Herzen Suhls: Das legendäre Rennsteiglied, die heimliche Hymne (Süd-)Thüringens. Gesungen natürlich von Herbert Roths Tochter Karin, vom Knabenchor, von allen Mitwirkenden des unterhaltsamen und kurzweiligen Bühnenprogramms und – natürlich – von den Geburtstagsgästen vor der Bühne selbst. Am 14. April 1951 wurde es in Hirschbach uraufgeführt. Nun endlich, mit einem Vierteljahr Verspätung, ist es in einer Gemeinschaftsaktion der SOS-Festivalmacher unserer Zeitung und des Vereins Provinzkultur sowie der Stadtverwaltung möglich, den 70. Geburtstag auch in größerem Rahmen zu feiern. Und das – man mag so viel Glück in diesem katastrophalen Regen-Sommer kaum fassen – bei strahlendem Sonnenschein, der für manch älteren Besucher fast schon wieder zu viel des Guten ist, denn Schattenspender gibt es über den Biertischgarnituren auf dem großen Platz nur ganz wenige. Die Klöße mit Rouladen und Rotkraut, die an einem Sonntag in Suhl nicht fehlen dürfen, schmecken trotzdem.

Viele Gratulanten begrüßen Karin Roth und Daniel Gläser auf der Festivalbühne, die zur Jubiläumsbühne wird: Suhls Oberbürgermeister André Knapp, der eine Herbert-Roth-Schallplattentorte überreicht, Ernst Haberland, dem Chef der Suhler Ortsgruppe des Rennsteigvereins 1896, der sein 125-jähriges Bestehen feiert und am Morgen drei Wanderungen auf den Spuren Herbert Roths organisierte, Tourismusmanager Ulf Greiser von der CCS GmbH, der eine neue Broschüre „Auf den Spuren von Herbert Roth“ vorstellt oder Musikerkollegen Svend Walther aus Winterstein bei Ruhla, der die Lieder Herbert Roths seit 26 Jahren bei unzähligen Thüringer Abenden singt. Auch der Suhler Knabenchor, die Waldspitzbuben, die Rennsteigspatzen um Produzent Frank Kadanik und die Trachtengruppe Bad Tabarz überbringen musikalische Geburtstagsgrüße. Eine Augenweide ist der Auftritt der Trachtentänzer, die nach dem gleichnamigen Instrumentalstück von Herbert Roth eine Thüringer Bauernhochzeit auf die Bühne zaubern.

Es ist nicht nur das Rennsteiglied, das an diesem Tag gefeiert wird und von Karin Roth zur Eröffnung des Bühnenprogramms zünftig mit Wanderjacke und Fichtenreis am Rucksack interpretiert wird, sondern das gesamte musikalische Werk von Herbert Roth, der mit Texter „Kaschi“ Karl Müller über 300 Lieder geschaffen hat. „Ich staune immer wieder, dass viele dieser Lieder heute noch gesungen werden“, sagt Tochter Karin. Sie hegt und pflegt dieses Erbe mit vielen eigenen Auftritten. Berührt und überglücklich sei sie von diesem schönen Fest zu Ehren ihres Papas und des Rennsteigliedes in dieser doch so schwierigen Zeit. . „Da kommen mir fast die Tränen. Vielen Dank an die Macher“, sagt sie sie und bedankt sich mit einem Lied, dass ihr Papa seiner Heimatstadt widmete: „Nicht jeder kann in Suhl geboren sein“. „Ein bisschen Nationalstolz muss man schließlich haben“, lässt sie wissen und erinnert an „Kaschi“, der nach dem Tod ihres Vaters „wie ein Ersatzpapa“ war. Natürlich fehlen auch solche Hits wie das „kleine Haus am Wald“ die „Grüße vom Rennsteig“ oder das gemeinsam mit Boblegende Dietmar Schauerhammer gesungene Lied „Von der Wartburg bis zur Saale“ nicht im Programm. Mit den Tabarzern und dem Wintersteiner Svend Walther erklingt auch das Inselsberglied. „Als kleiner Junge habe ich Herbert Roth auf der Bergbühne in Fischbach erlebt. Seitdem lässt mich seine Musik nicht mehr los“, bekennt Walther. Ähnlich geht es Daniel Gläser, der ein Medley aus Herbert Roth-Liedern singt. „Unser Rennsteiglied hat eine solche Würdigung wie heute verdient“, freut er sich mit Blick in das große Rund und in den stahlblauen Sommerhimmel. „Ich habe das Wetter schon mindestens zwei Wochen lang auf Wolke sieben angemeldet. Und Papa hat mich nicht enttäuscht“, sagt Karin Roth, die jeden Tag an ihren Papa denkt und über ein Foto in ihrem Hausflur Kontakt zu ihm aufnimmt. Bei dieem Wetter passt ihr Lied „Jeder braucht Sonne“ – nach eigenem Bekenntnis ihr persönlicher Lieblingstitel – perfekt. Nach so langer Zeit wieder auf der Bühne zu stehen, das ist für sie, aber auch für viele andere Mitwirkende, ein ganz besonderes Erlebnis.

Dem Publikum gefällt das bunte Programm. Bei der „Oberhofer Höh’ wird begeistert mitgeklatscht. Vielleicht weil etwas „zünft’ger Pulverschnee“ in der Hitze des Sommertages ganz willkommen wäre. Viele der vornehmlich älteren Semester auf dem Platz singen textsicher mit. „Diese Lieder sind ein Stück Heimat; ein Stück unserer Identität“, lässt Familie Matzke wissen. Sie sind mit Herdas, Königs und Wiegands zum Jubiläumsfest gekommen, treffen sich auch sonst oft zu Wanderungen oder in geselliger Runde an der Himmelreich-Hütte. „Da darf das Rennsteiglied nie fehlen“, sagen sie. Klar kennen sie alle drei Strophen. „Sogar alle vier, denn es gibt noch eine, die Kaschi geschrieben hat, die aber nie veröffentlicht wurde“, verraten sie augenzwinkernd.

„Wir sind Wanderer, das geht in Thüringen ohne Rennsteiglied nicht“, sagt Familie Keibe. Das Ehepaar ist eigens aus Oepfershausen nach Suhl gekommen und stimmt bei vielen Liedern gern mit ein. „Diese Musik bringt Menschen zusammen und bereitet Freude.“

Schon jetzt wirft mit dem von unserer Zeitung organisierten 3. Südthüringer Chortreffen ein weiterer musikalischer Höhepunkt seine Schatten voraus. Dazu übergibt Kay Gehri vom Vorstand der Rhön-RennsteigSparkasse an Silvia Bergner vom Lesermarkt einen Scheck über 5000 Euro. Ab kommender Woche können sich Chöre der Region dafür bewerben. Das große Finale soll am 19. Februar 2022 im CCS stattfinden.

Mit dem „Rennsteiglied“ – diesmal gemeinsam gesungen von allen Mitwirkenden und Besuchern beim großen Finale, geht der stimmungsvolle Tag zu Ende. „Ein wahrhaft krönender Abschluss für unser SOS-Festival“ freut sich Freies Wort-Verlagschef Pierre Döring. „Großer Dank an alle Besucher in diesen drei tollen Wochen.“

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