Als 1970 in der heutigen Musikbäckerei in Britz noch Brötchen gebacken und keine CDs gebrannt wurden, als sich Jeff Lynne, Bev Bevan und Roy Wood entschlossen, mit einer neuen Band musikalisch dort weitermachen zu wollen, wo die Beatles mit „I am the Walrus“ aufgehört hatten, und das Electric Light Orchestra gründeten, da ging Phil Bates – gerade 17 Jahre alt – nach Birmingham, um Berufsmusiker zu werden. Er schloss sich verschiedenen Bands an, gründete welche und begleitete schließlich mit seiner Band Trickster ELO auf deren legendärer Spaceship-Welttournee 1978. Die Kontakte zu ELO waren geknüpft. Besonders zum damaligen Bassisten Kelly Groucutt. Was in der Folgezeit mit ELO geschah, füllt Archive. Es gab Streit und Prozesse. Es ging um Rechte an Titeln und Namen, um Anerkennung und natürlich um Geld. „Darüber ist viel gesagt und noch mehr geschrieben worden“, sagt Phil Bates. „Nichts davon ist die wirkliche Wahrheit.“ Damit will er es bewenden lassen. Ihm geht es viel mehr um die Musik. Die will er im Bewusstsein halten, weil sie dem Publikum Spaß bereitet.
Als schließlich Mastermind Jeff Lynne ELO trocken legt und Bev Bevan, Kelly Groucutt und andere ELO-Mitstreiter die Band 1991 als „ELO Part II“ weiterführen, ist es Letztgenannter, der Phil Bates einlädt, bei dem Projekt mitzumachen. „Ich kannte ja durch die Spaceship-Tour alle Titel, hatte sie tausendmal gehört“, erzählt Bates. Er wird 1993 Leadgitarrist, Sänger und Songwriter der Band, denn neben den Klassikern entstehen auch neue Titel. Bates prägt den Sound entscheidend mit.
1999 veräußert Bev Bevan seinen Anteil an den ELO-Namensrechten. Auch Phil Bates steigt aus persönlichen Gründen aus der Band aus. Er erfüllt sich einen lang gehegten Traum und studiert Geschichte. Die übrigen Bandmitglieder touren bis heute unter dem Namen The Orchestra vor allem durch Amerika.
Doch auch Phil Bates bleibt der Musik treu. Es gibt diverse Projekte in Verbindung mit den Songs von ELO. Eines auch ab 2003 in Deutschland: Die Electric Light Band. Aus dieser gehen dann 2011 Phil Bates und Band in der Besetzung hervor, wie sie an diesem Dienstag in der Musikbäckerei probt.
„One, two, three ...“ Das erste angespannte Einzählen von Schlagzeuger Chris Evans nach Monaten. Der Titel „All Over the World“ erfüllt den Probenraum. Fulminant, straight, ohne Hänger. Nur Keyboarder Eric Herold muss danach kurz noch mal die rechte Hand lockern. Dann geht es weiter mit „Evil Woman“. Als der letzte Ton verhallt, lacht Joana Bates, die Ehefrau von Phil, am Keyboard befreit auf. Es ist ein Lachen, das den Stress der vergangenen Tage abfallen lässt. Sie und ihr Mann konnten Großbritannien wegen der Pandemie-Reglungen nur über Frankreich verlassen. Dort mussten sie trotz doppelter Impfung zwei Wochen in Quarantäne – um schließlich für die Probe und das Konzert in Suhl nach Deutschland einreisen zu dürfen, um mit ihrer Musik dem Publikum endlich wieder Spaß bereiten zu können.
Spätestens als die Band „Calling America“ anstimmt, sind auch die Füße von Tonmeister Roger Hoenicke nicht mehr zu halten und wippen hinterm Mischpult im Takt mit. Auch Spätgeborene wie den jungen Mann, der vielleicht in den Dreißigern ist, reißt der Sound mit.
Die Playlist der Probe macht bewusst, wie viele grandiose Hits ELO in den 70er und 80er Jahren landen konnten. „Confusion“, „Last Train to London“, „Mr. Blue Sky“, „Hold On Tight“, „Don’t Bring Me Down“ – um nur einige zu nennen. Da wimmelt es nur so von Ohrwürmern und Refrains, die beinahe jeder mitsingen kann. Und mittanzen sowieso. Aber während der Probe geht das leider nicht.
Draußen, vor der Musikbäckerei, scheint unterdessen das Wasser im Teltow-Kanal zu kochen. Das könnte an den 32 Grad Celsius im Schatten liegen, die über der Stadt brüten. Doch wahrscheinlich liegt es an der Musik von ELO, die Phil Bates und Band drinnen spielen. Suhl – mach dich am Donnerstagabend auf eine heiße Party gefasst!
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„Phil Bates & The Berlin String Ensemble Perform the Music of Electric Light Orchestra“ am Donnerstag um 20 Uhr auf dem Platz der Deutschen Einheit in Suhl. Karten: www.sos-festival.de und an der Abendkasse.