Sonneberger Jazztage Jazzfreunde laden zum Jazzkino ein

Fred Ulbricht

Zum Ausklang der mit großer Publikumsresonanz aufgenommenen Konzerte bei den 38. Sonneberger Jazztagen laden die Jazzfreunde in Kooperation mit den Kammerlichtspielen am Freitag, 22. November um 19 Uhr zum Jazzkino ein.

 
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Billie Holiday. Foto: Agentur

Gezeigt wird der britische Dokumentarfilm „Billie – Legende des Jazz“. Billie Holiday gilt als eine der größten Stimmen des Jazz. Vielleicht war sie überhaupt die Stimme des 20. Jahrhunderts. Sie lebte so intensiv, wie ihre Musik klang. Billie Holiday – eine außergewöhnlich talentierte Frau, die ein Leben auf dem Drahtseil führte, stets vom Unrecht der Rassentrennung, von falschen Freunden und den Auswirkungen ihrer Drogensucht bedroht. In den 1960er Jahren versuchte die Journalistin Linda Lipnack Kuehl eine Biografie über Billie Holiday zu schreiben. Jahrelang führte sie Interviews, sprach unter anderem mit Charles Mingus und Count Basie, mit John Hammond und Freunden aus der Kindheit. Bevor sie das Buch vollenden konnte, starb sie. Seither wurden Auszüge der Tonbandaufnahmen in Julia Blackburns Biografie „With Billie“ verwendet, aber nun sind sie in dem Film „Billie – Legende des Jazz“ erstmals zu hören.

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Gefunden wurden die Bänder von dem Produzenten Barry Clark-Ewers, der sie einem Sammler in New Jersey abgekauft hat: 125 Tonbänder, 200 Stunden Interviews und Linda Lipnack Kuehls unveröffentlichtes Manuskript waren das Ausgangsmaterial dieses Films von Regisseur James Erskine, der sich der „Legende“ nun abermals annähert. Tatsächlich sind die Bänder hochspannend zu hören. Durch den Verzicht auf einen einordnenden Off-Kommentar und die nachträglich colorierten Filmaufnahmen sowie Fotos entsteht ein sehr lebendiges Bild insbesondere der 1930er bis 1950er Jahre.

Es gibt einiges zu entdecken und zu erfahren in diesem Film: Beispielsweise ein verstörendes Interview mit einem Zuhälter aus Baltimore, der lachend sagt, die Frauen seien stolz auf ihre blauen Flecke gewesen, die er ihnen zugefügt hat. Stimmen von Freunden aus ihrer Jugend, die sowohl die Prostitution als auch die sexualisierte Gewalt, die Billie Holiday als Kind erfahren hat, mit beschönigenden Begriffen als selbstverständlich markieren – das ist schockierend, aber auch ein Zeitdokument. So wie Tony Bennetts aus heutiger Sicht naiv anmutende Frage, weshalb all die Sängerinnen und Sänger früher oder später zugrunde gehen. Da fragt man sich schon, ob er nicht sehen wollte, was nicht nur bei Billie Holiday im Umfeld geschehen ist – oder es nicht sehen konnte.

Billie Holiday hat einmal gesagt, das Lied, das sie am besten charakterisiert, sei „Don’t explain“. „Billie – Legende des Jazz“ stellt nun sehr zaghaft das Narrativ von Billie Holidays Leben infrage, nachdem sie stets von inneren Dämonen getrieben wurde und letztlich an ihnen zugrunde ging. Es waren wohl doch eher die vielen „äußeren“ Dämonen, die zu ihrem frühen Tod beigetragen haben, vorneweg die vielen Männer, die nur daran interessiert waren, das meiste aus ihr herauszuschlagen. Von diesem Film aber bleibt vielmehr das Material in Erinnerung, die Tonbänder, die colorierten Ausschnitte und Fotos. Und eines wird nach diesem Film auch wieder deutlich: Billie Holiday und ihrer Musik kann man sich nicht entziehen.

Karten: www.kinosonneberg.de