Sonneberger Jazztage Der ungarische Gottvater des Swing

Peter Müller

Das ungarische Don Lázi Swingtet hat am Freitag in Neustadt die 36. Sonneberger Jazztage eröffnet. Am Samstag spielten sie auch in Sonneberg – mit mitreißenden Arrangements.

 
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Wie vor der Pandemiepause hieß es wieder „Have a good time“ zu den 36. Sonneberger Jazztagen. Der Lindenhof in Neustadt-Ketschenbach war am Freitagabend voll gefüllt. Gut vorbereitet mit hausgemachten Speisen füllten sich die Gasträume der Klößmacher schon lange vor dem Start des Don Lázi Swingtet .

Don Lázi, der Bandleader, ist der ungarische „Gottvater des Swing“. Mit seinen Live-Konzerten schafft er eine ausgelassene Atmosphäre und erweist sich als witziger und humorvoller Showmaster. Mit seiner Sechsmann-Band hat er Profis um sich versammelt, die seine geistreiche („sophisticated“) Instrumentalmusik und seine einzigartigen Arrangements der Hits der 1950er Jahre kongenial umsetzen. In Ungarn lassen sich alle von seiner Stimmung mitreißen. Sie singen mit, sie tanzen und wollen nicht mehr nach Hause. Das passte auch zum Lindenhof. Bis auf das Tanzen, zu dem sich die sturen Oberfranken und Sonneberger auch vom Charme des Bandleaders nicht überreden ließen.

Zentrum des Don Lázi Swingtets ist die Kunst Louis Primas, die er gekonnt neu und mit einem Augenzwinkern interpretiert. Prima hat mit dem Shuffle einen neuen Stil des Jazz kreiert, der als Vorbote des Rock’n’Rolls gilt. Die Musik erinnert an die 1950er Jahre der Las Vegas-Ära. Zu dieser Zeit entstanden Primas beliebteste Songs wie „Just a Gigolo“, „Buona Sera, Signorina“ oder „Angelina“. Aber keine Musik ist vor Don Lázis jazzigen Arrangements sicher. Neben Louis Armstrong, Glenn Miller, Michael Jackson schreckt er auch vor Opernarien wie „Carmen“ oder Mozarts „Eine kleine Nachtmusik“ nicht zurück. Überhaupt nehmen sie es nicht so genau mit den kompositorischen Originalen, sondern frischen viele Songs wie „Quando, quando“, „O sole mio“ oder „Mambo Italiano“ auf ihre Art und Weise neu auf.

Und seine Kollegen sind nicht nur virtuose Musiker, sondern auch ironisch. Sie können nahtlos von ernsthaften Jazzimprovisationen umschalten zu spontanen Gags oder Ideen, die ihrem Leader als Sänger, Trompeter oder Moderator gerade einfallen. So begann das Konzert mit dem „Buona Sera, Signorina“ zum Mitsummen, was auch noch beim Weiteressen ging, zu „Catharina ohoho“, flüssig zum Trinken und schwungvoll, um mitzusingen. Anregend war der Übergang zu Glenn-Miller-typischem Sound, der mit „Pennsylvania 6-5000“ Rhythmus und Melodie vereinte. Dabei bewährte sich der Pianist als wahrer Springteufel und Don Lázi machte sich im anschließenden „Dschungelbuch“-Arrangement regelrecht zum Affen.

Die Stimmung war kochend super. Das Publikum gab kundigen und freudigen Beifall. Vor allem reagierte es bei allen Solisten, die gerade mit ihren freien Improvisationen die Seele höher schlagen ließen. Einer Big Band gleich ließ das Ensemble seine Instrumente in den Opern-Persiflagen oder in Tanznummern wie dem „Mambo Italiano“ erklingen. Und der Bandleader zeigte sein dem Affenkönig gleiches Talent und die Kraft, in „Sing, Sing, Sing“ alle Tonlagen bis zum Sopran nahtlos als Stimme und auf der Trompete zu präsentieren. Für die vielen angereisten Gäst aus der Partnerstadt „Villeneuve-sur-Lot“ bauten das Swingtet einen Extrateil französischer Evergreens mit ein. Riesiger Beifall bis in die Nacht für diesen großartigen Jazzauftakt im Jahr des Neuanfangs der Sonneberger Jazztage.

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