Sonneberger Handballverein „Ich will ihnen doch was beibringen“

Vor knapp acht Jahren: Steve Kroll beim Siebenmeter gegen Eisenach II. Der Vollblut-Handballer liebt auch heute noch seinen Sport. Foto: Carl-Heinz/ Zitzmann

Mit dem Handball hat der nächste Landessportverband die Notbremse in der Corona-Pandemie gezogen und die Saison 2020/2021 abgebrochen. Wie reagiert man an der Basis? Kinder-Trainer Steve Kroll erzählt.

 
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Sonneberg - So richtig überrascht hat es Steve Kroll nicht, dass der Thüringer Handballverband (THV) nach den Keglern nachgezogen und nun auch die Saison 2020/2021 abgebrochen hat. Für den Trainer der Handball-Minis (E-Jugend) beim Sonneberger Handballverein (SHV) war das absehbar: „Es ist alles momentan sehr schwierig im Sport. So richtig überrascht hat mich der Abbruch aber nicht wirklich“, meint der42-Jährige. Auch käme für ihn dieser trotz der überschaubaren Spieleanzahl im Nachwuchsbereich nicht zu früh: „Nee, das glaube ich nicht. Lieber jetzt abbrechen und die Sache ausstehen. Man weiß ja nach wie vor nicht, wann die Sportstätten wieder öffnen dürfen.“ Und zumindest auf Landesebene hätte aus seiner Sicht eine spätere Fortsetzung der Saison, etwa im Mai, nichts gebracht: „Das wäre sehr eng geworden“, ist sich Kroll sicher. Der einst so erfahrene Thüringenliga-Spieler geht sogar weiter: „Vielleicht ist es sogar gut, dass es jetzt offiziell ist. So können wir uns, wenn man wieder spielen darf, vielleicht individuell organisieren und mal gegen den Nachbarn einfach so spielen. Irgendwie wollen wir ja auch die Kinder bei Laune halten“, verrät er.

Dabei hatten er und „seine“ Minis schon im Herbst die Reißleine gezogen – für sich und die Mannschaft. „Ich habe das schon nach dem ersten Lockdown gemerkt. Da kamen spürbar weniger Kinder zum Training. Und das hat lange gedauert, um das alles wieder ins Rollen zu bringen.“ Krolls Mannschaft hatte in den ersten zwei Punktspielturnieren nicht mal genug Kinder an Bord, um gescheit diese Turniere zu überstehen. „Leider Gottes hat sich das so ergeben“, bedauert er. Man wartete noch ab, sagte aber beide Punktspielturniertermine ab und zog schlussendlich sogar die Mannschaft zurück. „Wissen Sie, wir können da nicht mit sechs Kindern anreisen“, sucht Kroll nach einer (nicht nötigen) Entschuldigung. Muss man doch bedenken, dass im Mini-Bereich mit sieben Aktiven – also sechs Feldspielern und ein Torwart – aufgelaufen wird. Zudem treten zu den Turnieren meist vier Mannschaften an; es müssen also drei Spiele überstanden werden. „Ja, im Normalfall brauchen wir also mindestens sieben Spieler. Besser wären dann aber doch zwei, drei Auswechsler“, erklärt der Sonneberger.

Somit haben Kroll und seine Kids in der nun abgebrochenen Saison nicht ein einziges Spiel absolviert. Das wurmt den Vater von zwei Kindern natürlich ungemein, denn gerade sein Sohn habe einen immensen Bewegungsdrang. Das spüre er gerade jetzt, im Lockdown, noch mehr. „Ich versuche, ihn irgendwie bei Laune zu halten und habe jetzt sogar eine Tischtennisplatte daheim aufgestellt“, berichtet der Familienvater. Blass sind indes seine Erinnerungen an das letzte „echte“ Punktspielturnier seiner Minis beim Sonneberger HV: „Oh, das ist lange her. Es muss in der Saison 19/20 gewesen sein, glaube ich. Im Januar oder Februar haben wir noch mal gespielt“, glaubt der Handballer aus der Spielzeugstadt.

Seit dieser Zeit habe man irgendwie im Verein versucht, die Kids bei der Stange zu halten. „Nach dem ersten Lockdown ist ja das Training total eingeschlafen. Es war ja Lockdown; wir durften nichts machen“, rechtfertigt sich der Coach und erinnert sich. „Als wir dann das Training wieder aufnehmen durften, war es wirklich schwer, zumal wir nur fünf, sechs Wochen Zeit hatten und dann ja auch schon Ferien waren. Und da haben wir nicht trainiert.“

Doch Steve Kroll wollte und will die Flinte nicht ins Korn werfen. „Ich werde, sobald wir dürfen, das Training auf jeden Fall wieder beginnen. Die Kinder brauchen das Training im Verein – gerade jetzt, wo sie über Monate hinweg auf soziale Kontakte verzichten mussten.“ Der Nachwuchstrainer ist sich sicher: „Für die Kinder, auch für meine, ist das Training enorm wichtig. Kinder lernen hier so viel fürs Leben. Sie lernen, gemeinsam und miteinander Ziele zu erreichen.“

Der Handballer verbreitet zwar nach wie vor Optimismus, bleibt aber auch skeptisch, gerade in Bezug auf „die Zeit danach“. Denn er vermutet, dass auch nach dem neuerlichen Lockdown die Zahl der sporttreibenden Kids zurückgehen wird. „Das wird auch bei uns seine Zeit dauern, um die Kinder wieder zu motivieren, um sie am Ball zu halten, damit sie wieder regelmäßig zum Training kommen.“ Er selbst habe aber nie daran gedacht, alles hinzuschmeißen: „Nein“, lautet die klare Antwort auf die Frage. „Die Arbeit mit den Kindern macht mir so viel Spaß. Ich will ihnen doch was beibringen, will wieder mit ihnen zusammenarbeiten. Und das will ich beim besten Willen auch nicht aufgeben.“

Handball scheint nun mal so eine Art Lebenszweck für Steve Kroll zu sein. Denn obwohl er mit seinen 42 Lenzen an der symbolischen, nie vorhandenen Altersgrenze für den Einsatz in der Oberliga-Mannschaft des SHV kratzt, bleibt er auch selbst dem Handballspielen treu – eben in der zweiten Mannschaft, zusammen mit einst so erfolgreichen Thüringenliga-Spielern wie Martin Blechschmidt, Christian Bartl, Ronny Kienel, Martin Schleuchardt, Pit Poser, Stefan Metzler und Frederik Illing. Doch auch bei den Männern zerrt die Spiel-Enthaltsamkeit am Nervenkostüm. „Wir haben ja auch hier kein Training. Und in der Saison 20/21 haben wir gerade ein einziges Spiel absolviert – ein einziges. Gegen Ilmenau, glaube ich.“ In der Tat: Am 27. September 2020, also vor knapp fünf Monaten, unterlag die neu ins Leben gerufene Verbandsklasse-Spielgemeinschaft Sonneberg/Mengersgereuth-Hämmern den Gästen der SG Handball Ilmenau II knapp mit 22:25 Toren. Das war’s dann auch schon mit der Saison 2020/2021.

Und wie geht’s weiter? So wie viele denkt auch Kroll über alternative Spielformen nach. Im Nachwuchs sehe das dann so aus, dass territorial verbundene Mannschaften kurzfristig, je nach Lage, gegeneinander in Turnierform spielen, möglicherweise auch mehrfach und eine Art „kleine Meisterschaft“ austragen. „Das wäre sogar im Männerbereich denkbar. Das muss dann eben gut organisiert sein. Und wir müssten dann eben möglicherweise einen ganzen Tag einplanen.“

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