Sonneberger bei besonderer Aktion dabei Bunter Schlossberg – es brennt also noch Licht

Cathrin Nicolai
  Foto: /Carl-Heinz Zitzmanncamera900

Matthias Maier, Pächter des Event-Hotels über Sonnebergs Dächern ist am Ende. Wenn sich nicht bald etwas ändert und er öffnen darf, muss er Arbeitslosengeld II beantragen.

 
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Sonneberg - Bis jetzt war Matthias Maier immer noch frohen Mutes. „Das wird schon“, war er sich sicher. Doch so langsam, aber sicher, verliert er seinen Optimismus. „Jetzt wird es echt eng“, gibt er offen zu. Noch immer darf er den Schlossberg nicht öffnen und von den geplanten Hochzeiten sagt jetzt ein Paar nach dem anderen ab. „Das geht so nicht weiter“, schätzt er ganz ehrlich ein und hat, um wenigstens einigermaßen mit einem blauen Auge davonzukommen, ein paar Forderungen an die Politik. „Wir brauchen eine konkrete Öffnungsstrategie für den Innen- und Außenbereich und eine Perspektive wie es im Bereich der Gastronomie weitergeht“, sagt er. Auch müsse man sich in Bund und Land Gedanken machen, wie man die Einbußen für die einzelnen Lokalitäten abfedern könnte. „Entschädigungszahlungen für abgesagte Feierlichkeiten oder eine finanzielle Absicherung der Geschäftsführer im Privatbereich“, nennt er als Beispiel.

In puncto Unterstützung ist Matthias Maier mit seinem Unternehmen bis jetzt ganz gut gefahren. „Ich bin wohl einer der wenigen, der alles beantragt und auch bekommen hat“, ist er zufrieden. Möglich ist das sicherlich dank der guten Zusammenarbeit mit der IHK, der Aufbaubank Thüringen und seinem Steuerberater. Auch den 50000 Euro-Kredit, den er zinslos für zwei Jahre beantragen konnte, hat er bekommen. „Aber eigentlich wollte ich da nicht ran. Der war mehr so eine eiserne Reserve“, erklärt der junge Mann. Doch um mit dem Schlossberg liquide zu bleiben, muss er das wohl. Seit Januar bekommt er 90 Prozent der Fixkosten für seine GmbH als Überbrückungshilfe. Aber zehn Prozent bleiben eben hängen und das ohne einen Euro Einnahme. Neben der Pacht schlagen die Abschläge für Strom und Gas, Versicherungen oder das Leasing für verschiedene Geräte wie beispielsweise die Kaffeemaschinen oder Reinigungsgeräte zu Buche. Das Schlimmste jedoch ist, dass für ihn als Geschäftsführer nicht ein Cent übrig bleibt. Aber auch er hat Familie und eine Wohnung, für die er zahlen muss. Hinzu kommt die privaten Kranken- und die Rentenversicherung, die Altersvorsorge. Wovon? „Ich weiß es bald nicht mehr“, gibt Matthias Maier offen zu. Bis jetzt bekam er viel Unterstützung von seiner Familie, aber eine Dauerlösung ist das auf keinen Fall. Warum fährt er dann immer noch sein großes Auto?, mag sich manch einer fragen. Die Antwort darauf ist einfach: Der Audi wurde kurz vor der Pandemie Anfang 2020 für vier Jahre geleast, ist somit ein Geschäftswagen und zählt als Wertgegenstand zu den Kosten der GmbH. Die Kosten dafür werden zum Großteil getragen. „Ich aber gehe leer aus“, gibt er offen zu. Kurzarbeitergeld gibt es für ihn nicht, nur für eine Mitarbeiterin. Und an die Unterstützung des Bundes darf er nicht ran. Das Geld ist rein für die GmbH. Schweren Herzens wird Matthias Maier wohl deshalb nicht darum herumkommen, Arbeitslosengeld II zu beantragen. „Da bekomme ich in etwa 370 Euro im Monat“, hat er sich ausrechnen lassen. Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. Auch hier müsste sich die Regierung etwas einfallen lassen, denn Matthias Maier ist ja nicht der Einzige, dem es so geht. „Es muss auch eine Absicherung der Geschäftsführer im Privatbereich geben und die Lebenshaltungskosten rückwirkend zum Januar übernommen werden“, fordert er.

Hinzu kommt, dass es fast wöchentlich Absagen zu den eigentlich geplanten Hochzeiten hagelt. Neben deutschen Paaren wollten hier eigentlich Russen, Schweizer, Tschechen oder Thailänder den schönsten Tag in ihrem Leben feiern. Den lassen sich die meisten etwas kosten und zahlen dafür zwischen 10000 und 20000 Euro. In der Regel dauern die Planungen für diesen einen Tag rund ein Jahr, schließlich will alles berücksichtigt sein. „Soweit bin ich normalerweise auch ausgebucht“, erinnert Matthias Maier. Im letzten Jahr hatten viele auch noch Verständnis und nahmen das Angebot, ihr Fest zu verschieben, gern an. Aber noch mal und noch mal – das reicht und einige ziehen die Reißleine. Dann lieber absagen, denn noch immer weiß keiner, ob man so ein Fest überhaupt und falls ja, mit wie vielen Gästen feiern kann. „Natürlich habe ich Verträge und muss die Paare darauf hinweisen“, ergänzt er und kann sich mit dieser Situation gar nicht so recht anfreunden. „Bis jetzt hatte ich immer nur freudige Gespräche“, erinnert er. Die Betroffenen selber sind ebenfalls nicht begeistert. Jetzt soll man für etwas zahlen, was man gar nicht hatte. Nicht so toll für das gute Image, das der Schlossberg die letzten Jahre immer hatte. Helfen könnten hier Entschädigungszahlungen für abgesagte Aufträge. „Aber die gibt es nicht“, bedauert er.

Geteiltes Leid ist halbes Leid“ heißt es. Genau das dachte sich auch der Oberweißbacher Jens Großmann alias DJ Ecky Junior und startete eine ungewöhnliche Aktion, mit der er derzeit die Blicke auf die gastlichen Häuser lenken und damit die Forderung nach Öffnung in die Welt tragen will. Er nutzt sein Veranstaltungsequipment dafür, Gaststätten in bunte Farben zu tauchen, sie zu fotografieren und das Ergebnis bei Facebook und Instagram online zu stellen. Dort kann man unter dem Hashtag #GastfreundschaftIstHerzenssache inzwischen schon einige gelungene Beispiele finden. Eins davon entstand auf dem Schlossberg in Sonneberg.

Jens Großmann hat die Fotos veröffentlicht mit einem Appell der Gastronomen und Hoteliers: „Wir sind#GastgeberAusLeidenschaft und uns blutet das Herz, wenn wir im schönsten Winter, den wir seit Jahren haben, keine Gästeempfangen dürfen. Wir fordern die Öffnung der Hotellerie und Gastronomie zum 7. März. Damit unsere Hotels und Restaurants wieder anlaufen können, benötigen wir einige Wochen Vorlauf. Spätestens zu den Osterferien möchten wir wieder Gäste empfangen, sonst wird die Lage für unsere Betriebe prekär.“ Mit seiner Aktion möchte er auf die aktuelle Situation aufmerksam machen – aber nicht nur auf seine eigene. Er denkt an „alle Selbstständigen, die seit März nicht oder nur stark eingeschränkt arbeiten können, an Ladenbesitzer, die immer mal wieder schließen und dann wieder aufmachen dürfen und an Menschen, die wegen der Lockdowns ihren Job verlieren“. Viele von ihnen brächten große Opfer und erhielten vom Staat und anderen Mitgliedern der Gesellschaft wenig bis gar nichts zurück. Matthias Maier kann da nur zustimmen. „Wir bieten als Geschäftsführer Arbeitsplätze und übernehmen Verantwortung, werden aber mit unseren privaten Kosten im Stich gelassen“, meint er.

„Wir dürfen den Kopf aber trotz allem nicht in den Sand stecken“, sind sich Jens Großmann und Matthias Maier einig. Für den Sonneberger steht schon jetzt fest, dass, sollte er keine größeren Feierlichkeiten ausrichten können, er mehr „Beergarden Beats“ organisieren möchte. „Die sind im letzten Jahr sehr gut angekommen“, erinnert er. Hier könnte man im Sommer größere Feiern organisieren und könnte der Ansteckungsgefahr im engeren Innenbereich aus dem Weg gehen. So viel wie mit einer Hochzeit wird er zwar daran nicht verdienen. „Aber Hauptsache etwas und ich kann etwas machen“, sagt er. Auch das traditionelle Maifeuer am 30. April, das 2019 über 1000 Besucher zählte, soll Open Air starten. „Und wenn nur 100 Leute kommen dürfen, ich öffne den Biergarten für solche Events“ Gerne möchte er dafür noch seinen Außenbereich aufpeppen und hat dafür an neue Loungemöbel, Schirme und digitale Technik gedacht. „Es gibt zwar gibt es eine Förderung von Investition, aber keiner konnte mir bisher sagen, ob ich das Geld für meine Vorhaben einsetzen kann“, erzählt er. Ein Risiko möchte er nicht eingehen und wartet lieber, bis das alles geklärt ist. „Aber nötig wäre es“, fügt er hinzu.

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