Nachdem sich der tierische Gast in seinem Fahrzeug etwas aufgewärmt hatte, fuhr Kurt Retzlaff das Reh in ein Waldstück zwischen Heyda und Unterpörlitz, oberhalb des Wasserwerks, um es dort wieder frei zu lassen. Diese Aktion hat einer seiner drei Helfer sogar in einem kurzen Handy-Video dokumentiert. Man sieht, wie das Reh von den Bandagen befreit wird, sich kurz danach aufrappelt und im Wald verschwindet. Am nächsten Tag (Montag) habe er sicherheitshalber nachgeschaut, ob das Reh noch vor Ort war – aber es blieb, wie geplant, im Wald verschwunden. „Es hat sich sicher wieder erholt, so hat alles ein gutes Ende genommen“, sagt Kurt Retzlaff. Und er berichtet weiter, dass er in diesem Winter bereits ein anderes Reh befreit habe: Das hatte sich im Freigelände der Ziolkowskischule im Ilmenauer Wohngebiet Pörlitzer Höhe verfangen. Anders – obwohl ähnlich – war da natürlich die Situation für das Reh aus dem Eis. „Am Stausee wollten wir es nicht wieder aussetzen“, sagt Retzlaff. Er vermutet, dass das trächtige Tier auch deshalb verstört übers brüchige Eis gelaufen sein könnte, weil dort am Sonntag so viele Leute unterwegs gewesen seien – zum Teil auch mit Hunden.
Kritik an Menschenmassen
Das ist, nebenher gesagt, ein Kritikpunkt seitens der Ilmenauer Feuerwehr. Wehrführer Andreas Meißler von der Ilmenauer Wache, die auch alarmiert wurden, berichtet später von zugeparkten Feuerwehrzufahrten wegen des großen Besucherzustroms. Und als die Feuerwehr aus der Ortslage Heyda heraus in Richtung Ufer gekommen sei, hätte die Zahl der „Wochenendausflügler“ zugenommen, von denen einige Bemerkungen machten, die seine Wehrkameraden zum Teil als Beleidigung empfunden hätten. Das sei in die Richtung gegangen: „Beeilt Euch mal ein bisschen“, als das Boot zum Wasser gebracht wurde. „So etwas geht aber nun mal nicht in zehn Sekunden“, sagt Meißler mit etwas Verärgerung. Derzeit seien wegen Corona ja kaum Feuerwehrübungen möglich, gewissermaßen gäbe es somit nur Ernstfälle ohne Generalprobe. „Viele Leute haben aber nur herumgestanden, kaum Platz gemacht und kluge Ratschläge gegeben, das muss man nicht haben“, sagte Meißler, dessen Leute mit drei Fahrzeugen angerückt waren. Schließlich musste ja das Fahrzeug der Heydaer Kameraden später noch mit einer Seilwinde aus dem Morast befreit werden. Und er schiebt die Aufforderung hinterher: „Wenn die Leute denken, sie können alles besser, dann können sie gerne einen Aufnahmeantrag stellen und in die Feuerwehr eintreten. Und wenn sie dann ausgebildet sind, dann können sie zeigen, ob sie wirklich alles besser können.“
Etwas entspannter sieht man das bei den Heydaer Kameraden: „Der Einsatz war für uns zumindest ein gutes Training“, meint Jörg Fleischhack. „Es hätte ja auch ein Mensch eingebrochen sein können. Man sieht ja derzeit zum Teil sogar noch Fußspuren auf dem Eis, das immer dünner wird“, sagt er; und meint, aus diesem Grund sei der Einsatz, aus Übungszwecken gesehen, gar nicht so schlecht gewesen. Etwa eine Stunde habe es vom Ausrücken gedauert, bis das Reh in Sicherheit war, und nach zwei Stunden waren die Kameraden wieder im Gerätehaus. Inklusive der Befreiung ihres Feuerwehrautos aus dem Morast durch die Ilmenauer Kameraden.