„Schwerer Fehler“ Meininger stören sich an Südthüringer Oberzentrum

Das Südthüringer Oberzentrum mit vier Städten (Suhl, Zella-Mehlis, Oberhof und Schleusingen) sorgt für Unmut in der einstigen herzoglichen Residenzstadt – Meiningen ist nämlich nicht dabei. Die Historie mit ihrer ewigen Rivalität von Suhl und Meiningen ist aber nicht der Anlass für die Kritik aus der SPD-Kreistagsfraktion von Schmalkalden-Meiningen.

 
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Meiningen aus der Vogelperspektive. Links oben das herzogliche Schloss, von dem Südthüringen aus mehrere Jahrhunderte verwaltet wurde – bis auf die Region um Suhl. Foto: imago

Meiningen/Suhl - Suhl, Zella-Mehlis, Oberhof und Schleusingen wollen als Städteverbund ein gemeinsames Oberzentrum für Südthüringen bilden. In dieser Woche haben die vier Stadträte in einer gemeinsamen Sitzung ihre Zusammenarbeit vorbereitet. In Meiningen und Schmalkalden ist man davon weniger begeistert, wie die SPD-Kreistagsfraktion Schmalkalden-Meiningen am Freitagabend in einer Erklärung verlauten ließ.

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Der Versuch der Städte Suhl, Zella-Mehlis, Schleusingen und Oberhof ein Oberzentrum in Südthüringen durchzuboxen, ohne mit anderen betroffenen Gebietskörperschaften zu sprechen, sei „ein schwerer Fehler“ für die Entwicklung der gesamten Region Südthüringen, schreiben Fraktionsvorsitzender Rolf Baumann und Fraktionsmitglied Stephan Danz, der auch Vorsitzender des Kreisentwicklungsausschuss ist.

Der Fehler ergibt sich für Baumann vor allem daraus, dass der Städteverbund für sein Vorhaben bisher nicht einmal in der regionalen Planungsgemeinschaft ein positives Votum erhalten habe.

Es sei ein einmaliger Vorgang, dass die Planungsregion, für die dieser Städteverbund dann die oberzentrale Versorgungsfunktion wahrnehmen würde, davon gar nichts wisse und dem Vernehmen nach, das Ansinnen in dieser Form auch nicht teilt, so Danz.

Die Einschätzung, dass dieser Städteverbund alleine das Potenzial besitze, die Funktion eines Oberzentrums wahrzunehmen, „entbehre jeglicher Realität“. Dies beginne bei der Bevölkerungsgröße, die bei 100 000 Einwohner für ein Oberzentrum liegen müsse und gehe weiter bei der Tatsache, dass der gewerbliche Umsatz des Verbundes (Betriebe ab 20 Mitarbeiter im verarbeitenden Gewerbe Stand 2019) bei rund 713 Millionen Euro pro Jahr liege, während Meiningen und Schmalkalden jeweils für sich alleine schon auf rund 550 Millionen Euro kämen.

„Südthüringen ist dezentral aufgebaut und wichtige Funktionen vor allem im Bereich Kultur, Hochschulbildung werden in und für die Region auch von anderen Zentren erbracht“ so Baumann. Es sei zu hoffen, dass der Städteverbund mit dem Rest der Kommunen in Südthüringen in einen offenen Austausch treten wird, um eine Spaltung der Region zu vermeiden. Die Fokussierung auf ein unabgestimmtes Oberzentrum schwäche ganz Südthüringen.

Die Rivalität von Meiningen (Hauptstadt des Herzogtums Sachsen-Meiningen) und Suhl (preußische Waffenschmiede) reicht mehrere Jahrhunderte zurück, hat sich aber zu DDR-Zeiten verschärft. Meiningen hatte aus verschiedenen Gründen nicht den Sitz der Bezirkshauptstadt erhalten: Es war den SED-Führern einerseits zu bürgerlich, andererseits zu nah an der innerdeutschen Grenze gelegen.

Statt dessen bekam die proletarisch geprägte Industriestadt Suhl den Zuschlag, die allerdings auch deutlich zentraler in dem neuen Südthüringer Bezirksgebilde gelegen war. Entsprechend vernachlässigt wurde Meiningen mit Investitionen.

Nach der Wiedervereinigung kehrte sich das Verhältnis um: Meiningen blühte auf und wurde im Kulturbereich ebenso wie Oberhof beim Wintersport mit öffentlichen Geldern stark bedacht. In Schmalkalden nahm die Hochschule beachtlichen Aufschwung. Dazu kam die erfolgreiche Wirtschaftsförderung der Stadt- und Kreisverwaltungen, während Suhl auf diesem Gebiet weniger punkten konnte.