Schützenhilfe für ukrainische Sportler Sie hatten nur eine Tasche dabei

Michael Eisert
Eine vorübergehende Heimat haben ukrainischen paralympische Sportler, also Sportler mit einem körperlichen Handicap, im Schießsportzentrum auf dem Friedberg gefunden. Foto: /Gerhard König

Elf paralympische Sportschützen und Betreuer aus Odessa leben zurzeit im Schießsportzentrum auf dem Suhler Friedberg. Die Mitglieder des ukrainischen Nationalteams kamen Anfang April als Kriegsflüchtlinge. Die Hilfe in Thüringen ist überwältigend, aber mental sind die Sportler am Anschlag.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Seit April leben und trainieren elf Paralympische Sportschützen aus der Ukraine in Suhl. In ihrer Heimat konnten sie nach dem russischen Überfall nicht bleiben.

Der Wunsch nach Hilfe war im Thüringer Schützenbund (TSB) schon im März aufgekommen. Kerstin Hartung, Pistolentrainerin im TSB, fädelte den ersten Kontakt über ihren Kollegen im Niedersächsischen Sportschützenverband ein. Dabei stellte sich heraus, dass die ukrainischen Sportschützen mit Handicap Hilfe benötigten. Und das möglichst schnell.

Die ersten Sportler kamen bereits am 1. April in Suhl an. Per Zug via Warschau, organisierte danach das polnische Paralympische Komitee den Weitertransport der Flüchtlinge. Drei Tage später folgten die nächsten Sportler in zwei Fahrzeugen. Mittlerweile leben auf dem Friedberg sechs Sportler, vier Trainer und eine Betreuerin.

„Jeder hatte nur eine kleine Tasche dabei“, erinnert sich Michael Gohritz, Geschäftsführer des Thüringer Schützenbundes. Zudem kamen die Gäste aus der mehr als 20 Grad warmen Ukraine „in den Suhler Winter“. Es fehlte quasi neben allem auch an warmer Bekleidung. Auch hätten sich die Ukrainer nicht getraut, die Heizung hochzudrehen. Daheim hatte Präsident Selenskyj das Ende der Heizperiode ausgerufen.

Die Sportpension auf dem Friedberg musste wieder in Betrieb genommen werden, dafür hätten die Eigenmittel nicht gereicht. Inzwischen haben sich zahlreiche Unterstützer gefunden, freut sich Michael Gohritz. Hilfe kam von der Max Brose-Stiftung Coburg, vom Deutschen Olympischen Sportbund und vom Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport.

Bei der Absicherung des Trainingsbetriebes mit Munition und Ausrüstung halfen die Firmen Ruag, Anschütz und Feinwerkbau, sogar vom Schützenverband Berlin-Brandenburg gab es eine Spende. Auch die Einfuhr der Sportwaffen, immerhin über die EU-Außengrenze, gestaltete sich komplikationslos. Das habe man „sehr, sehr schnell mit dem Ordnungsamt regeln können“, sagt Michael Gohritz. Allerdings befindet sich nicht das komplette paralympische Nationalteam in Suhl, aus gesundheitlichen Gründen hätten nicht alle Mitglieder ausreisen können.

Die Gäste hier hatten mit einer Rückkehr in die Heimat für Ende Mai gerechnet. Wegen der unklaren Perspektive gibt es derzeit aber keinen Zeitplan. Auch deswegen sei „die mentale Lage nicht einfach“, schätzte Stephan Thon, Präsident des TSB, die aktuelle Situation ein. Man wolle erreichen, dass das Gros des Teams, das an der Olympischen Schießsportschule in Odessa seine sportliche Heimat hat, zusammenbleibt. „Wir können den Sportlern nicht die Heimat ersetzen, aber ein Gefühl von Sicherheit geben“, sagte der Chef des Landesverbandes. Und ergänzte: „Hier leisten wir Schützenhilfe, das ist uns eine Herzensangelegenheit.“

Bilder