Schrittmacherpatienten Suhl: Schon wieder eine Fehlentscheidung

red
Das SRH-Zentralklinikum Suhl. Foto: frankphoto.de/Bastian Frank

Mit Empörung haben die Freien Wähler und Bündnis90/Die Grünen im Suhler Stadtrat auf die Entscheidung reagiert, dass Herzschrittmacherpatienten nicht mehr ins Suhler SRH-Klinikum kommen dürfen und künftig nach Schmalkalden oder Meiningen wechseln sollen.

 
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„Wer fragt eigentlich noch nach dem Bürgerwohl? Fast jeden Tag ereilen neue Hiobsbotschaften die Menschen. Im Falle der Suhler Herzschrittmacherpatienten ist zwar nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung betroffen. Aber es ist kein Einzelfall“, beklagen Ingrid Ehrhardt und Bernhard Hofmeier, Fraktionsvorstand der Freien Wähler und Bündnis 90/Die Grünen im Suhler Stadtrat. Fakt ist: Eine Suhler Klinikärztin darf ihre Herzschrittmacher-Patienten nicht mehr betreuen, weil es die Bedarfsplanungsrichtlinie, ersonnen von einem Bundesausschuss, nicht mehr hergibt. Bislang durfte die qualifizierte und erfahrene Oberärztin das tun, weil es in der ärztlichen Planungsregion Südwestthüringen, zu der Suhl gehört, nicht ausreichend ambulant tätige Kardiologen gab. Deshalb war der Ärztin und dem SRH-Klinikum ausnahmsweise die Betreuung der Patienten gestattet. „Für viele Suhler und Bürger aus umliegenden Städten und Dörfern ein großes Glück. Ärztin und SRH-Klinikum sind gut und sogar mit dem ÖPNV zu erreichen. Nun aber Situationsänderung: In Meiningen und Schmalkalden haben sich ambulant tätige Spezialisten niedergelassen und ihnen steht laut Bedarfsplanungsrichtlinie des Bundes die Betreuung der Herzschrittmacher-Patienten zu. Also Ärzte-Anzahl erfüllt – im Planungsgebiet gibt es nunmehr genug ambulant tätige Kardiologen, sagt nachfolgend ebenso die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen. Doch die Zahl ist lediglich eine Zahl, eine Durchschnittszahl“, so Ehrhardt und Hofmeier. Sie berücksichtige in keiner Weise die Bevölkerungsdichte. Diese sei in Suhl-Zella-Mehlis-Oberhof natürlich ganz anders als in Meiningen oder Schmalkalden. Die Konsequenz sei , dass nun sehr viele Patienten aus dicht besiedeltem Gebiet nach Meiningen oder Schmalkalden fahren müssen.

„Das interessiert die ambulant tätigen Fachärzte natürlich nicht. Jeder Patient zählt und in diesem Verteilungskampf geht es um nichts weiter als ums Geld. Deshalb haben die ambulant tätigen Mediziner auch keiner Ausnahmegenehmigung für den Fortbestand der Betreuung der Herzschrittmacher-Patienten am Suhler SRH-Klinikum zugestimmt. Aber welche Folgen könnte das haben? Solche wie jene nach dem Wechsel eines ambulant tätigen Augenarztes von Suhl nach Meiningen? Auch damals war die Zahl der Augenärzte im Planungsgebiet Region Südwestthüringen noch insgesamt stimmig, nur eben nicht für die größte Stadt in Südthüringen. Der Hinweis, dass die Patienten aus Suhl ebenso nach Meinigen fahren könnten, erwies sich bereits nach einem Jahr als Irrsinn. Denn der gewechselte Augenarzt nahm wegen Überlastung überhaupt keine Suhler Patienten mehr auf. Dasselbe nach dem Weggang des Augenarztes aus dem MVZ Suhl, dessen Patienten vom MVZ in Ilmenau übernommen werden sollten“, erinnern die Stadträte an frühere Fehlentscheidungen.

Nun könne es durchaus passieren, dass auch die Zahl derer, die regelmäßig zur Herzschrittmacher-Untersuchung muss, so groß ist, dass sie in Meiningen oder Schmalkalden gar keine Termine mehr bekommen. „Wir alle wissen ja, wie nachgefragt die Termine beim einzigen in Suhl ambulant wirkenden Kardiologen sind. Und trotzdem wird etwas von der Politik zerschlagen, was sich in der Praxis bewährt hat, was den Menschen aus Suhl und Umgebung gutgetan hat. Die neuerliche Fehlentscheidung ist wieder ein Mosaikstein, der dazu beiträgt, dass die Stimmung der Menschen immer schlechter wird und in Thüringen jetzt sogar eine populistische undemokratische Partei das Umfrage-Monitoring anführt“, warnen Ehrhardt und Hofmeier.

Die Bedarfsplanungsrichtlinie sei nicht mehr hinnehmbar. Es gebe genug weitere aktuelle Beispiele – so das der seit 60 Jahren sehr gut funktionierenden Frühgeborenen-Station des Klinikums. „Auch die soll weg, was gleich noch die Abschaffung weiterer medizinischer Spezialbetreuung für Kinder nach sich ziehen würde“, kritisieren die Kommunalpolitiker. Ihrer Ansicht nach werden Protest-Unterschriftenlisten das Problem nicht lösen. „Die Politiker der demokratischen Parteien in Berlin sind gefragt, das System so zu richten, dass die Menschen die Nutznießer sind und das Geld aufhört, die Richtung der ärztlichen Versorgung vorzugeben. Wie wäre es, wenn unser SPD-Bundestagsabgeordneter Ullrich mal mit Gesundheitsminister Lauterbach joggen geht und Reales aus der Provinz erzählt?“

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